Zusammenfassung
Die alltägliche Versorgung von osteoporotischen Frakturen des Beckenrings verlangt einen gut strukturierten Behandlungsalgorithmus, um ohne Zeitverlust eine stadiengerechte Therapie zu beginnen. Den Goldstandard stellen heutzutage die minimal-invasiven Behandlungsmethoden dar. Zu den minimal-invasiven Techniken von dorsal gehören in erster Linie die perkutane iliosakrale Schraubenosteosynthese und die spinopelvine Fixateur-interne-Versorgung. Für die minimal-invasive Versorgung von ventral ist die subkutane Fixateur-interne-Versorgung die Methode der ersten Wahl. Das oberste Ziel aller Therapieformen, egal ob konservativ oder operativ, stellen die möglichst schnelle schmerzarme Mobilisation und Überführung in die gewohnte Umgebung dar.
Abstract
The routine care of osteoporotic fractures of the pelvic ring requires a well-structured treatment algorithm in order to start a stage-appropriate treatment without delay. Nowadays, minimally invasive treatment methods are the gold standard. The minimally invasive dorsal techniques primarily include percutaneous sacroiliac screw osteosynthesis and internal spinopelvic fixation. For minimally invasive treatment from an anterior approach the subcutaneous internal fixator is the method of choice. The primary goal of all forms of treatment, whether conservative or surgical, is the quickest possible painless mobilization and transfer to the familiar environment.
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Danksagung
Abbildungen mit freundlicher Unterstützung durch Klaus Bahringer (Medienabteilung der Orthopädischen Klinik, Universität Regensburg, Bad Abbach, Klinische Bedeutung der Bildgebung mit freundlicher Unterstützung durch PD. Dr. med. Patrick Hoffstetter).
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Autoren
F. Faber: A. Finanzielle Interessen: gibt an, dass kein finanzieller Interessenkonflikt besteht. – B. Nichtfinanzielle Interessen: Facharzt für Neurochirurgie, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Sektionsleiter Wirbelsäule, Orthopädische Universitätsklinik Regensburg, Asklepios Klinikum Bad Abbach | Mitgliedschaften: DWG, BVOU.
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C. Chiari, Wien
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D. Pape, Luxemburg
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CME-Fragebogen
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Warum ist die FFP(„fragility fractures of the pelvis“)-Klassifikation gut geeignet, die osteoporotischen Frakturen des Beckenrings einzuteilen?
Die FFP-Klassifikation ist die neuste Klassifikation und daher immer besser als die alten Klassifikationen.
Die FFP-Klassifikation beschreibt die vorkommenden Frakturmuster des Beckenrings unter Osteoporose beim älteren Menschen besonders praxisnah.
Die FFP-Klassifikation wird schon seit über 10 Jahren im angelsächsischen Raum angewendet und ist daher sehr gut erforscht.
Die FFP-Klassifikation klassifiziert auch gleichzeitig die Acetabulumfrakturen und ist daher besonders aussagekräftig.
Die FFP-Klassifikation unterteilt in vordere und hintere Pfeilerfrakturen.
Wie wird eine nicht dislozierte osteoporotische Fraktur des Beckenrings mit Frakturlinien durch die Massa lateralis des Sakrums und durch den Ramus superior ossis pubis sowie durch den Ramus inferior ossis pubis nach der FFP(„fragility fractures of the pelvis“)-Klassifikation bezeichnet?
FFP Typ Ia
FFP Typ IIa
FFP Typ IIc
FFP Typ IIIc
FFP Typ IVa
Wie wird eine sog. U‑förmige Fraktur durch das Sakrum nach der FFP(„fragility fractures of the pelvis“)-Klassifikation bezeichnet?
FFP Typ Ib
FFP Typ IIIa
FFP Typ IIIc
FFP Typ IVa
FFP Typ IVb
Welche Bildgebung ist sehr gut geeignet und erste Wahl zur sicheren Diagnostik einer osteoporotischen Fraktur des Beckenrings?
Röntgen Beckenübersicht
Röntgen in Inlet-View und Outlet-View
Computertomographie (CT) des Beckens mit Kontrastmittel
Magnetresonanztomographie (MRT) des Beckens mit Kontrastmittel
Computertomographie (CT) des Beckens nativ mit Rekonstruktion in allen 3 Ebenen
Welche MRT(Magnetresonanztomographie)-Sequenzen sind zur Diagnostik einer okkulten osteoporotischen Fraktur des Beckenrings am besten geeignet?
T1
T2 und PDW (protonengewichtete Sequenzen) mit Fettsättigung
T2*
FLAIR
fMRT(funktionelle Magnetresonanztomographie)-Sequenzen
Welches ist ein operationstechnisch wichtiger Aspekt für die Versorgung von osteoporotischen Frakturen des Beckenrings?
Wenn möglich, sollte ein minimal-invasives Verfahren gewählt werden.
Ohne technische Hilfsmittel wie der Navigation entspricht das operative Vorgehen nicht dem Goldstandard.
Die dorsalen Operationen sollten möglichst immer mit einer 360°-Fusion der lumbalen Wirbelsäule durchgeführt werden.
Zementaugmentation ist in der Alterstraumatologie obsolet.
Pininfekte sind im Allgemeinen kein Problem bei dem ventralen Fixateur externe.
Welche operativen Techniken eignen sich besonders gut im Sinne der Alterstraumatologie für die Versorgung von dorsalen dislozierten osteoporotischen Frakturen des Beckenrings?
Offene langstreckige Fusion (bis LWK [Lendenwirbelkörper] 1) der lumbalen Wirbelsäule mit Abstützung des Os ilium
Die Pedikelschrauben sollten nicht zementaugmentiert werden. Auf eine Zementaugmentierung der Pedikelschrauben sollte verzichtet werden.
Die Stäbe sollten immer als Fixateur externe verlegt werden.
Minimal-invasive dorsale spinopelvine Fixateur-interne-Versorgung von LWK (Lendenwirbelkörper) 4 auf Os ilium
Minimal-invasive dorsale spinopelvine Fixateur-interne-Versorgung von LWK (Lendenwirbelkörper) 5 auf Os ilium
Welche Aussage ist in Bezug auf den Behandlungsalgorithmus von osteoporotischen Frakturen des Beckenrings richtig?
Die MRT(Magnetresonanztomographie)-Diagnostik ist als teures Verfahren kein Bestandteil der Algorithmus.
Die Evaluation der Mobilisation nach 5 bis 7 Tagen ist ein zentraler Pfeiler des Algorithmus.
Eine Osteoporoseabklärung ist nicht vorgesehen.
Die ambulante Weiterbetreuung von Patienten mit nach FFP („fragility fractures of the pelvis“) klassifizierten Frakturen ist in keinem Fall zu empfehlen.
Eine Mobilisation sollte erst nach vollständiger knöcherner Durchbauung der Fraktur erfolgen.
Welche Aussage trifft in Bezug auf die schmerzarme Mobilität eines Patienten mit stattgehabter osteoporotischer Fraktur des Beckenrings zu?
Schmerzen VAS (visuelle Analogskala) < 5 sollten immer stationär behandelt werden.
Die individuelle Schmerzwahrnehmung des Patienten spielt keine Rolle.
Die schmerzarme Mobilisation ist kein relevantes Behandlungsziel.
Die schmerzarme Mobilität wird bei nahezu 80 % aller Patienten nach retrospektiven Untersuchungen wieder erreicht.
Die schmerzarme Mobilität kann durch minimal-invasive Operationstechniken erreicht werden.
Welche Aussage zum Outcome ist richtig?
Fast alle Patienten erreichen das Selbstständigkeitsniveau und Mobilitätsniveau wie vor einer osteoporotischen Fraktur des Beckenrings.
Die Patienten, die an einer schwerwiegenderen Frakturform (FFP [„fragility fractures of the pelvis“] III und FFP IV) leiden, haben auch mit Operation eine infauste Prognose.
Eine signifikante Schmerzreduktion nach perkutaner iliosakraler Schraubenosteosynthese kann laut Studienlage erreicht werden.
Es liegt bereits eine ausreichende Anzahl von prospektiven Studien zur Versorgung von osteoporotischen Frakturen des Beckenrings vor.
Pseudoarthrosen sind keine relevante Komplikation bei osteoporotischen Frakturen des Beckenrings.
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Faber, F. Osteoporotische Frakturen des Beckenrings und deren minimal-invasive Behandlungsoptionen. Orthopäde 50, 871–882 (2021). https://doi.org/10.1007/s00132-021-04158-w
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00132-021-04158-w
Schlüsselwörter
- „Fragility fractures of the pelvis“-Klassifikation (FFP)
- Iliosakrale Schraube
- Spinopelviner Fixateur interne
- Perkutaner ventraler Fixateur interne
- Mobilisation