Zusammenfassung
Eine Querschnittlähmung ist ein den Patienten dauerhaft beeinträchtigendes und gefährdendes Krankheitsbild. Die Rehabilitation ist sehr komplex und muss sich am Einzelfall orientieren, sie benötigt ein darauf spezialisiertes interdisziplinäres Team. Die Erstbehandlung des Querschnittgelähmten hat die Wiedereingliederung in den häuslichen Bereich oder die Ermöglichung einer Pflegeversorgung außerhalb des Krankenhauses zum Ziel. Dazu ist es notwendig, dass die Vitalfunktionen des Patienten stabilisiert werden, dass die Kontinenz bezüglich Urin- und Stuhlausscheidung gesichert ist, die Kommunikationsfähigkeit wiederhergestellt ist, das Trauma psychisch adäquat verarbeitet wurde und der Patient im Rahmen seiner Möglichkeiten mobil ist. Die Einleitung von berufsrehabilitativen Maßnahmen gehört auch hierzu. Ein weiterer wichtiger Baustein in der Rehabilitation Querschnittgelähmter ist die lebenslange Nachsorge.
Abstract
Paraplegia permanently impairs the lives of patients and puts them at risk for other medical complications. Rehabilitation is very complex and has to be adjusted to the specific needs of the patient; it requires an interdisciplinary team with special training. Initial treatment of paraplegic patients aims to enable life at home whenever feasible or a nursing institution that can accommodate the patient's needs. For this, it is necessary that the patient is in stable condition, urinary and bowel continence has been established, ability to communicate is restored, and the patient is mobile within his/her means. Occupational rehabilitation should also have been started or at least offered. Another important element in the comprehensive care of paraplegic patients is lifelong follow-up.
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Interessenkonflikt
M. Saur und R. Abel geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.
Alle Patienten, die über Bildmaterial oder anderweitige Angaben innerhalb des Manuskripts zu identifizieren sind, haben hierzu ihre schriftliche Einwilligung gegeben. Im Falle von nicht mündigen Patienten liegt die Einwilligung eines Erziehungsberechtigten oder des gesetzlich bestellten Betreuers vor.
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Redaktion
C. Chiari, Wien
H. Gollwitzer, München
R. Gradinger, München
J. Grifka, Bad Abbach
A. Meurer, Friedrichsheim
CME-Fragebogen
CME-Fragebogen
Welcher Muskel ist bei einem tetraplegischen Patienten mit der Lähmungshöhe C5 vollständig innerviert?
M. triceps brachii
M. extensor carpi radialis
M. biceps brachii
M. flexor digitorum superficialis
M. flexor digitorum profundus
Zu Ihnen wird ein Patient mit einer Paraplegie aufgrund einer LWK-2-Fraktur durch Sturz vom Kirschbaum gebracht. Bei der Eingangsuntersuchung ist der Sphinktertonus schlaff, die perianale Sensibilität vorhanden, vollständige Plegie beider Beine. Welcher ASIA-Impairment-Score ergibt sich daraus?
AIS A
AIS B
AIS C
AIS D
AIS E
Wodurch kommt es bei zervikalen und hochthorakalen Lähmungen zu einer Beatmungspflichtigkeit?
Durch obstruktive Ventilationsstörungen
Durch den spinalen Schock
Durch verminderten „peak cough flow“
Durch neurogenes Versagen der Atempumpe
Durch Perfusions- und Diffusionsstörungen
Im Rahmen der paraplegiologischen Erstbehandlung liegt ein Patient mit einer Lähmungshöhe Th4 plötzlich mit hochrotem Kopf schwitzend im Bett. Die Blutdruckmessung ergibt einen Wert von 180/90 mmHg. Was ist die wahrscheinlichste Ursache?
Autonome Dysreflexie
Akuter Infekt
Akute Belastungsreaktion
Apoplex
Medikamentöse Nebenwirkungen
An welche Ursache sollten Sie bei rezidivierenden Pneumonien eines akut halsmarkgelähmten Patienten denken?
Zu rasche Mobilisation in den Rollstuhl
Besiedelung mit multiresistenten Keimen
Schleichende Aspiration durch Dysphagie
Immunschwäche im Rahmen des spinalen Schocks
Fehlender Impfschutz gegen Pneumokokken
Ein Paraplegiker entleert seine Blase durch intermittierenden Einmalkatheterismus. Er kommt in die Ambulanz und berichtet, dass er sich seit einigen Tagen häufiger katheterisieren müsse und zwischen den Katheterintervallen nass werde. Was ist die wahrscheinlichste Ursache?
Diabetes insipidus
Verändertes Trinkregime
Akuter Harnwegsinfekt
Veränderte Spastik
Resistenzentwicklung gegen Anticholinerika
Welches Assessment wird genutzt, um den Rehabilitationsverlauf der Erstbehandlung Querschnittgelähmter abzubilden?
FIM
SCIM
SF 36
SF 12
BDI
Therapiemaßnahmen zur Anpassung des Kreislaufes im Frühstadium der Lähmung bei hyposympathikotoner Blutdruckdysregulation sind:
Gabe von nieder dosierten Katecholaminen
Regelmäßige therapeutische Mobilisation, zunächst im Bett
Regelmäßige NaCl-Infusionen
Implantation eines Herzschrittmachers
Kälteanwendungen zur Tonisierung des Gefäßsystems
Der Dekubitus ist eine häufige Komplikation nach Querschnittlähmung. Welche Aussage trifft nicht zu?
Der Dekubitus tritt bei nicht fachgerechter Lagerung bereits in der Akutbehandlung auf.
Die Therapie des Dekubitus erfolgt primär operativ.
Falsche Positionierung im Rollstuhl und falsche Transfertechnik können zu einem Dekubitus führen.
Regelmäßige Hautkontrollen gehören zur Prophylaxe eines Dekubitus.
Durch eine elektronische Sitzdruckmessung und entsprechende Sitzkissen können Druckspitzen beim Sitzen vermindert werden.
Die persönliche Mobilität ist eine wichtige Voraussetzung zur sozialen und beruflichen Reintegration. Welche Aussage trifft nicht zu?
Grundsätzlich wird durch die QSL die Verkehrstauglichkeit nicht eingeschränkt.
In einem ärztlichen Gutachten wird die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bescheinigt.
Zur genauen Feststellung der notwendigen technischen Hilfsmittel ist zusätzlich im Sinne des § 11 FeV Abs. 4 ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen für den Kraftfahrzeugverkehr notwendig.
Fahrerprobungen in einem je nach Lähmungshöhe adaptierten Fahrzeug werden während der Rehabilitation angeboten.
Tetraplegiker benötigen immer eine Begleitperson beim Führen von Kraftfahrzeugen.
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Saur, M., Abel, R. Rehabilitation nach Querschnittlähmung. Orthopäde 44, 477–488 (2015). https://doi.org/10.1007/s00132-015-3125-9
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00132-015-3125-9