Die moderne Senologie zeichnet sich im Moment durch einen rasanten Wandel und Wissenszuwachs aller zugehörigen Fachdisziplinen aus. Gerade die Behandlung von frühem Brustkrebs, die das Ziel hat, Metastasen und damit eine inkurable Situation dauerhaft zu vermeiden, macht enorme Fortschritte. Die zunehmende Individualisierung der Therapie ist hierbei wesentlicher Motor, indem sie Übertherapien vermeidet und Patientinnen identifiziert, die von maßgeschneiderten Therapien profitieren.

Personalisierte Medizin beginnt nicht erst bei der Therapie

Personalisierte Medizin beginnt aber nicht erst bei der Therapie. Durch eine individualisierte Vorsorge können Patientinnen mit hohem Risiko von intensivierter Bildgebung besonders profitieren. In ihrem Artikel „Bildgebung in der Mammadiagnostik – Ein Ausblick“ gewähren Rüdiger Schulz-Wendtland und Karin Bock einen umfassenden Überblick zu Effektivität und Effizienz moderner Verfahren zu Früherkennung, symptombezogener Diagnostik, Therapiemonitoring und Nachsorge.

Zur Festlegung der optimalen Behandlungsstrategie sind therapierelevante Marker wesentlich. Derartige Marker helfen uns abzuschätzen, wer überhaupt einem klinisch relevanten Rezidivrisiko unterliegt (prognostische Marker) und welche Therapien besonders gut wirken (prädiktive Marker). Annette Lebeau schildert in ihrem Artikel „Molekularpathologie des Mammakarzinoms: Herausforderungen und derzeitiger Stand“, wie moderne Methoden ein zunehmend tieferes Verständnis der molekularen Heterogenität der Tumoren und mögliche Ansatzpunkte einer personalisierten Behandlung eröffnen.

Aber nicht nur der einmalig pathologische „Schnappschuss“ vor Beginn einer Therapie liefert Informationen über die Biologie und das klinische Verhalten von Brustkrebs. Auch die Veränderungen des Tumors in situ im Rahmen einer Systemtherapie sind relevant für Prognose und weitere Behandlungsoptionen. Prominentes Beispiel ist die histopathologische Komplettremission (pCR) nach einer neoadjuvanten Systemtherapie. Andreas Hartkopf und Eva-Maria Grischke schildern in ihrem Beitrag „Postneoadjuvante Therapie – Zukünftige Konzepte“, inwieweit das Ansprechen auf eine primär systemische Therapie prädiktiv für postneoadjuvante Behandlungsoptionen ist.

Die individualisierte operative Therapie beleuchten Markus Hahn und Bernd Gerber in ihrem Artikel „Wohin entwickelt sich die operative Senologie?“. Markierungstechniken, intraoperative Zielsetzung, Präparatebildgebung, rekonstruktive Techniken und Lymphknotenchirurgie in Abhängigkeit von individuellen Gegebenheiten, wie Anatomie, spezifischem Risiko, Ansprechen auf eine neoadjuvante Systemtherapie und persönlichen Wünschen, ermöglichen eine zunehmende Reduktion des operativen Traumas bei hoher onkologischer Sicherheit.

All die genannten Maßnahmen führen zu einer zunehmend besseren Prognose. Auch Patientinnen in der Metastasierung profitieren von einer Individualisierung und haben inzwischen oft lange eine „stable disease“ bei relativ moderaten Nebenwirkungen der dazugehörigen Therapie. Immer mehr Frauen werden zu Langzeitüberlebenden, und gerade deshalb müssen wir uns um diese kümmern. Mehr denn je gilt in der modernen Senologie: „Von Cure zu Care“. In ihrem Artikel „Long-term survivorhip – Chancen und Probleme nach Langzeitüberleben“ fokussieren Jessica Salmen et al. auf physische und psychische Beeinträchtigungen durch Diagnose und Therapie und zeigen uns individuelle Maßnahmen auf, wie diese reduziert und behandelt werden können.

Die Zusammenstellung der Themen macht deutlich, dass individualisierte Onkologie im Allgemeinen und moderne Senologie im Besonderen eine sektorenübergreifende, abgestimmte Zusammenarbeit verschiedener Fachdisziplinen und Berufsgruppen erfordern, deren Basis die S3-Leitlinie, aber auch neueste Studienergebnisse sind. Gleichzeitig besteht die Notwendigkeit qualitätssichernder Instrumente, um flächendeckend eine hohe Versorgungsqualität zu gewährleisten. Simone Wesselmann et al. informieren im Beitrag „Qualitätsoffensive in der Senologie“ über die lange und beispielhafte Tradition der zertifizierten Brustzentren in Deutschland, aber auch über Maßnahmen, mit denen Patientensicherheit und Versorgungsqualität zukünftig und vor dem Hintergrund des rasanten Wissenszuwachses und der zunehmenden Behandlungskomplexität weiter verbessert werden können.

Wir wünschen Ihnen eine interessante Lektüre dieser hochwertig aufbereiteten Artikel zu einem sich stets aktualisierendem Thema.

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Sara Y. Brucker

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Achim Wöckel