Zusammenfassung
Fast 3 % aller in Deutschland lebend geborenen Kinder des Jahres 2016 sind aus einer Befruchtung außerhalb des Körpers entstanden. Der Bedarf an Kinderwunschtherapien steigt stetig. Für die Paare bedeutet dies nach endlich erfolgter Indikationsstellung erneut einen langen Weg – beginnend mit dem Erstgespräch, über Diagnostik und Zyklusmonitoring, bis dann letztendlich die geeignete Therapiemaßnahme gefunden ist: intrauterine Insemination, In-vitro-Fertilisation oder intrazytoplasmatische Spermieninjektion. Während der Therapie müssen sich die Patientenpaare mit weiteren Hürden beschäftigen: Das Risiko des Überstimulationssyndroms und die als gering empfundene Schwangerschaftsrate mit ggf. frustranen Therapiezyklen belasten die Paare zusätzlich. Hier lohnt es sich als betreuende/r Ärztin/Arzt, die tatsächlichen Chancen und Risiken im Auge zu behalten, um dem Paar realistische Erfolgsangaben zu vermitteln.
Abstract
In 2016, around 3% of all live births in Germany resulted from extracorporeal fertilization. The demand for fertility treatment is rising steadily. After finally attaining the indication for treatment, couples still have a long way to go: starting with the initial consultation, continuing via measures to find the underlying diagnosis and cycle monitoring, until the appropriate therapeutic measure is finally found: intrauterine insemination, in vitro fertilization, or intracytoplasmic sperm injection—which measure is the right one for the patients? Couples have to deal with further obstacles during treatment: the risk of ovarian overstimulation syndrome and the low perceived pregnancy rate with possibly recurring failures burden the couples. Therefore, as a supervising physician, it is worthwhile keeping an eye on the actual chances and risks of these treatments, in order to give the couple a realistic assessment.
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V.K. Hepp: Finanzielle Interessen: Reisekostenerstattung durch Gedeon Richter bei ESHRE Kongress 2018. Nichtfinanzielle Interessen: Vorstandsmitglied der DGGG e. V. | Mitgliedschaft in der DGGG, AG Kinder- und Jugendgynäkologie, Junges Forum. DGRM. J. S. Krüssel: Finanzielle Interessen: Merck, MSD, Ferring | Advisory Board Firmen (2015–2019), Merck, MSD, Ferring, TEVA, Finox, Gedeon-Richter, Basics, Accord health care. Nichtfinanzielle Interessen: Deutsches IVF-Register (Vorstand) | Deutsche Gesellschaft für Reproduktionsmedizin (Beirat) | DGGG, BRZ, DGGEF, Fortuna Düsseldorf, ESHRE, ASROM (Mitglied) | IVF-Kommission in der ÄK-Nordrhein (berufenes Mitglied) | wiss. Beirat der Bundesärztekammer (berufenes Mitglied).
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W. Janni, Ulm
R. Kreienberg, Landshut
N. Maass, Kiel
O. Ortmann, Regensburg
B. Sonntag, Hamburg
K. Vetter, Berlin
R. Zimmermann, Zürich
CME-Fragebogen
CME-Fragebogen
Bei welcher Konstellation liegt definitionsgemäß eine sekundäre Sterilität vor?
Die Patientin hatte früher schon einmal einen Kinderwunsch, ist aber auch damals nicht schwanger geworden.
Die Patientin war bereits einmal schwanger und versucht nun seit über einem Jahr erfolglos, erneut schwanger zu werden.
Im letzten halben Jahr hatte das Paar 2 Fehlgeburten, es ist aber noch kein lebendes Kind entstanden.
Der Mann ist aufgrund eines OAT-Syndroms als Verursacher einzustufen. Somit liegt bei der Patientin eine sekundäre Sterilität vor.
Die Patientin versucht seit über einem Jahr beim regelmäßigem Geschlechtsverkehr und regelmäßigem Zyklus schwanger zu werden. Bisher ist keine Schwangerschaft eingetreten.
Eine 37-jährige Patientin und ihr 32-jähriger unverheirateter Partner versuchen seit 7 Monaten schwanger zu werden. Sie stellt sich bei ihrer Frauenärztin vor. Welches Vorgehen ist richtig?
Die Patientin wird sofort in ein Operationszentrum geschickt zur diagnostischen Hysteroskopie, Laparoskopie und Chromopertubation.
Die Patientin hat die Sterilitätskriterien noch nicht erfüllt. Sie sollte bis zu einem Jahr mit ihrem Partner weiter versuchen schwanger zu werden und erst dann wiederkommen.
Bei der Patientin sollten mögliche Sterilitätsursachen abgeklärt werden. Zeitgleich lautet die Empfehlung an den Mann, ein Spermiogramm „nach WHO 2010“ anfertigen zu lassen.
Vor Beginn der Kinderwunschtherapie muss das Paar heiraten.
Die Gynäkologin nimmt sofort selbst eine homologe Insemination vor.
Eine Patientin, Sportlehrerin, wird im Antagonistenprotokoll stimuliert. Sie klagt beim letzten Kontrolltermin vor der Follikelpunktion über „etwas“ Bauchschmerzen. Keine Luftnot. Wasserlassen problemlos möglich. Im Ultraschall sehen Sie beidseits deutlich vergrößerte Eierstöcke („kissing ovaries“) und im Douglas-Raum befindet sich mäßig viel freie Flüssigkeit. Welches Vorgehen ist richtig?
Die Patientin muss notfällig auf die gynäkologische Station eingewiesen werden.
Die Stimulation sollte sofort abgebrochen werden. Eine Follikelpunktion ist nicht möglich.
Stimulation möglichst mit einem GnRH-Agonisten zur Ovulationsinduktion beenden, Follikelpunktion planen. Hämatokritwert bestimmen und bis dahin 2–3 l Flüssigkeitsaufnahme empfehlen.
Verständlicherweise fühlt die Patientin gerade sehr genau in sich hinein. Dies gilt es nicht überzubewerten. Abwartendes Verhalten.
Sofort niedermolekulares Heparin verschreiben und bis zum Beginn der nächsten Monatsblutung abwarten, damit sich die Patientin erholen kann.
Ein 33-jähriges Paar stellt sich in der Kinderwunschsprechstunde vor. Der Kinderwunsch besteht seit 2 Monaten. Er hatte eine Ablatio testis und Chemotherapie im Zustand nach Hodenkarzinom vor 10 Jahren. Regelmäßig durchgeführte Spermiogramme zeigen ein OAT-Syndrom. Was ist zu tun?
Der Kinderwunsch wird erst seit 2 Monaten intensiv verfolgt. Das Paar sollte demnach zu Hause mit Geschlechtsverkehr weiter versuchen schwanger zu werden.
Es ist aussichtslos. Das Paar wird über Adoption aufgeklärt.
Hier besteht eine klare ICSI-Indikation. Das Paar wird intensiv über den Ablauf, die Chance und Risiken der Behandlung aufgeklärt.
Das Paar ist noch jung. Zunächst sollten Inseminationsversuche erfolgen.
Das Paar ist noch jung. Zunächst sollten IVF-Behandlungen erfolgen.
Im Rahmen des Zyklusmonitorings kommt eine Patientin in die Sprechstunde. Sie ist heute am 45. Zyklustag. Ein PCO-Syndrom ist bekannt. Im Ultraschall sehen Sie einen Follikel von 19 mm Durchmesser auf der rechten Seite sowie eine 9 mm hoch aufgebaute Schleimhaut mit Dreischichtigkeit. Wie gehen Sie vor?
Sie empfehlen Abstinenz und geben ein Progesteronpräparat mit, sodass in 10–14 Tagen die Blutung kommt.
Sie rezeptieren ein HCG-Präparat zur Ovulationsinduktion und empfehlen, zeitnah Verkehr zu haben.
Sie rezeptieren Metformin zur Zyklusregulation.
Sie rezeptieren Clomifen zur Förderung der Eizellreifung.
Sie rezeptieren Letrozol zur Förderung der Eizellreifung.
Welche Aussage zu Schwangerschaftsraten bei einer ICSI-Behandlung trifft nach den Daten des DIR zu?
Sie ist altersunabhängig.
Sie ist im Alter von 35 Jahren gleich wie bei Frauen im Alter von 40 Jahren.
Sie liegt bei Frauen im Alter von 40 Jahren bei etwa 38 %.
Sie liegt bei Frauen im Alter von 40 Jahren bei etwa 25 %.
Sie liegt bei Frauen im Alter von 40 Jahren bei etwa 12 %.
Eine 30-jährige Patientin kommt in Ihre Sprechstunde. Sie überlegt, die Pille abzusetzen, um schwanger werden. Welche Aussage ist richtig?
Falls innerhalb eines Jahres keine Schwangerschaft eintritt, sollte sich die Patientin in einem Kinderwunschzentrum vorstellen.
Nach Absetzen der Pille sollte alsbald ein Hormonstatus in der ersten Zyklushälfte durchgeführt werden, um sicherzugehen, dass alles in Ordnung ist.
Wenn nach 3 Monaten keine Schwangerschaft eingetreten ist, sollte der Patientin ein Zyklusmonitoring angeboten werden.
Die Patientin kann sich noch Zeit lassen. Die Fekundabilität wird in den nächsten Jahren nicht sinken.
Nach Absetzen der Pille Zuweisung zum Ausschluss Tubenfaktor in die Kooperationsklinik.
Wie viele Punkte vergeben Sie im Insler-Score: Muttermund klaffend, reichlich klares Zervikalsekret, Spinnbarkeit über 8 cm, komplettes Farnkrautphänomen vorhanden.
15 Punkte
12 Punkte
2 Punkte
6 Punkte
10 Punkte
Welche Diagnose liegt in diesem Fall vor? Spermiendichte: 17 Mio./ml; Motilität: 1 % a‑motil, 17 % b‑motil, 23 % c‑motil, 59 % d‑motil; Morphologie: 3 % Normalformen.
Oligoasthenoteratozoospermie
Kryptozoospermie
Normozoospermie
Azoospermie
Asthenoteratozoospermie
In welcher Zyklusphase sollten am sinnvollsten die Gonadotropine LH und FSH bestimmt werden?
In der frühen Follikelphase
In der periovulatorischen Phase
Diese Hormone sind zyklusunabhängig. Somit ist der Zeitpunkt gleichgültig.
In der frühen Lutealphase
In der späten Lutealphase
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Hepp, V.K., Krüssel, J.S. Assistierte Reproduktion. Gynäkologe 52, 369–379 (2019). https://doi.org/10.1007/s00129-019-4431-9
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00129-019-4431-9
Schlüsselwörter
- Schwangerschaftsrate
- Intrazytoplasmatische Spermieninjektion
- In-vitro-Fertilisation
- Fertilität
- Insemination