Eine besondere Aufgabe in der gynäkologischen Praxis ist die Erkennung von Malignomen der Mamma und des weiblichen Genitale. Im allgemeinen Sprachgebrauch werden die Krebsfrüherkennungsuntersuchungen als Vorsorgeuntersuchungen bezeichnet. Dies macht deutlich, dass ein gewisses Missverständnis bzw. eine Begriffsunsicherheit bei Ärzten und Patientinnen besteht.

Die Erwartungen der Patientinnen an die „Vorsorge“ sind heterogen

Patientinnen haben insbesondere die Erwartung, dass die Untersuchung einen präventiven Effekt hat. Dies ist im Hinblick auf Krebsfrüherkennungsuntersuchungen selbstverständlich nicht der Fall. Andererseits wird klar, dass die üblicherweise jährlich stattfindenden Krebsfrüherkennungsuntersuchungen weit über diese Funktion hinausgehen. Frauen erwarten gesundheitliche Beratung, eine Auskunft über den gynäkologischen Untersuchungsbefund und Informationen, die über die eigentliche Krebsfrüherkennung hinausgehen. Dies betrifft auch Erwartungen im Hinblick auf wirkliche Vorsorge, also die Prävention von Erkrankungen. Präventive Maßnahmen sind nicht Bestandteil dieses Themenheftes. Es geht vielmehr darum, die Möglichkeiten der Krebsfrüherkennung und die derzeitigen Probleme, auch vor dem oben skizzierten Hintergrund darzustellen.

Nach wie vor wird das Mammographiescreening international kontrovers diskutiert. Das in Deutschland implementierte nationale Mammographiescreening hat immer noch zu geringe Teilnahmeraten, auch wenn sind Fortschritte zu verzeichnen sind. A. Scharl gibt in seinem Beitrag eine ausgewogene Nutzen-Risiko-Abwägung und betont, dass das Mammographiescreening nur nach individueller Aufklärung der Patientin durchgeführt werden sollte. Im Krebsfrüherkennungs- und -registergesetz ist die Einführung eines Zervixkarzinomscreenings vorgesehen. Eine eindeutige Vorgehensweise ist derzeit noch nicht festgelegt. Es existieren auch inhaltlich erhebliche Kontroversen über die exakte Form des Screenings, deren Inhalte und Einladungssysteme. Diese müssen insbesondere vor dem Hintergrund einer bereits seit vielen Jahren implementierten Zervixkarzinomfrüherkennung differenziert betrachtet werden. P. Hillemanns et al. stellen den derzeitigen Kenntnisstand dar und diskutieren verschiedene Szenarien. Das Endometriumkarzinom wird häufig in Frühstadien diagnostiziert. Dazu trägt insbesondere das Frühsymptom Postmenopausenblutung bei. Im Rahmen der derzeit etablierten Krebsfrüherkennungsuntersuchungen ist somit die Frage nach diesem Symptom von essenzieller Bedeutung. Für ein organisiertes Screening liegt selbst bei Hochrisikopopulationen keine ausreichende Evidenz vor. P. Mallmann stellt in seinem Beitrag die aktuelle Datenlage zu der Problematik vor. Seit vielen Jahren wird versucht, verschiedene Strategien zur Früherkennung des Ovarialkarzinoms zu erarbeiten. Geeignete Methoden zur Erreichung dieses Ziels wären gerade bei diesem Malignom von hohem Wert, da es nach wie vor überwiegend in fortgeschrittenen Stadien mit ungünstiger Prognose diagnostiziert wird. Leider haben prospektiv randomisierte Studien zum Ovarialkarzinomscreening bisher keine Verbesserung der krankheitsbedingten Mortalität nachweisen können. Die eingesetzten Methoden waren die Transvaginalsonographie und/oder CA125-Bestimmungen. U. Wagner und K. Baumann kommen nach Darstellung des Kenntnisstandes zu dem Schluss, dass bei fehlendem Effekt der überprüften Methoden auf die Mortalität ein generelles Screening derzeit nicht empfohlen werden kann.

Nach behandeltem Mammakarzinom bzw. gynäkologischen Malignomen werden derzeit strukturierte Nachsorgeuntersuchungen vorgeschlagen. Diese beinhalten in den ersten drei Jahren relativ hochfrequente Untersuchungsintervalle von 3 Monaten, die tumoradaptiert apparative Untersuchungen einbeziehen. In erster Linie ist die Erkennung von Lokalrezidiven Ziel der Nachsorge. Für alle gynäkologischen Malignome und das Mammakarzinom hat sich bisher kein Nutzen für die Suche nach Fernmetastasen beweisen lassen. Daher sind umfangreiche apparative Untersuchungen oder Tumormarkerbestimmungen, die dieses Ziel verfolgen, nicht zu empfehlen. Sie sollten nur bei Vorhandensein von Symptomen zielgerichtet eingesetzt werden.

Apparative und Labordiagnostik sollten in der Nachsorge gezielt eingesetzt werden

Von besonderer Bedeutung ist die Überprüfung der Lebensqualität der Patientinnen, die psychosoziale Beratung sowie Empfehlungen allgemeiner gesundheitsfördernder Maßnahmen. Gerade bei den Genitalmalignomen spielt auch die Sexualberatung eine wichtige Rolle. Für die Zukunft ist zu fordern, dass im Rahmen der Nachsorgeuntersuchung und der damit verbundenen Beratung oben angegebene Aspekte neben der Rezidivdiagnostik besondere Beachtung finden. In den Beiträgen von S. Buchholz und O. Ortmann sowie M. Bossart und A. Hasenburg wird die heute als sinnvoll angesehene Vorgehensweise umfassend erläutert. Wir wünschen den Lesern bei der Lektüre dieser Kapitel viel Freude und hoffen, dass die Informationen für die tägliche Praxis von Nutzen sind.

Prof. Dr. Olaf Ortmann

Prof. Dr. Rolf Kreienberg