Sehr geehrte Frau Kollegin, sehr geehrter Herr Kollege,

mit diesem Heft von Der Gynäkologe stellen wir die Plazenta wieder in den klinischen, aber auch in den wissenschaftlichen Mittelpunkt. Grund dafür ist, dass die Plazentaforschung, aber auch die Bedeutung der Plazenta in den vergangenen Jahren doch ein „Randdasein“ geführt hat. Inzwischen hat sie, vor allem durch die Zunahme der Kaiserschnittrate mit zunehmend klinisch teils dramatischen Verläufen, an Bedeutung gewonnen. Andererseits hat sich auch im deutschsprachigen Raum eine verstärkte Forschung zur Physiologie und zum wissenschaftlichen Modellcharakter der Plazenta entwickelt. Dies wird insbesondere in den Beiträgen der Forschergruppen um Cervar-Zivkovic und Desoye sowie von Jeschke klar dargestellt.

Die Plazenta hat wissenschaftlichen Modellcharakter

In den beiden Beiträgen der Kollegen Kainer und Henrich werden das zum Teil manchmal dramatische klinische Bild bei plazentaren Blutungen, Plazentalösungen oder auch bei Placenta-praevia-Problemen aufgezeigt und Therapiemöglichkeiten genannt. Die Pathologie der Plazenta ist eins der Hauptprobleme der mütterlichen Sterblichkeit, im deutschsprachigen Raum, aber viel mehr noch in Ländern der Dritten Welt, insbesondere in Afrika. Dort kann in aller Regel keine ausreichende pränatale Diagnostik erfolgen, und das Risiko einer Fehlanlage oder Problematik der Plazenta wird vor der Geburt nicht erkannt.

Heute ist die Prognose bei trophoblastbedingten Neoplasien deutlich besser

Aus dem Organ Plazenta kann sich sehr wohl auch eine trophoblastbedingte Neoplasie mit allen Risiken entwickeln. Erfreulicherweise hat gerade in diesem Bereich selbst bei Metastasierung eine chemotherapeutische Behandlung dazu geführt, dass die Prognose der daran erkrankten Frauen − wenn auch leider nicht in allen Fällen − relativ gut ist. Kompetent wird dieses Thema von der Ulmer Arbeitsgruppe um Janni bearbeitet.

Mit dieser Ausgabe der Zeitschrift Der Gynäkologe, die bewusst zum Zeitpunkt des Perinatalogiekongresses in Berlin aufgelegt worden ist, möchten wir eben auch jüngere Kolleginnen und Kollegen ansprechen, die sich mit dieser Thematik vertraut machen möchten, andererseits auch „gestandenen“ Geburtshelferinnen und Geburtshelfern das Thema Plazenta wissenschaftlich und klinisch in besonderem Maße ans Herz legen.

In diesem Sinne wünschen wir Ihnen einen Zugewinn an Wissen bei dieser Lektüre.

Mit kollegialen Grüßen

Prof. Dr. Klaus Friese

Prof. Dr. Franz Kainer