Sehr verehrte Kolleginnen,

sehr verehrte Kollegen,

Fortschritte in der Medizin vollzogen sich im letzten Jahrhundert in etwa logarithmischer Dimension, heute ist die Dynamik der wissenschaftlichen Erkenntnisse eher mit einer nach oben offenen Hyperbel zu vergleichen. Von immer weniger immer mehr zu wissen ist zur treffenden Kennzeichnung zunehmender Spezialisierung geworden. Auf der anderen Seite ist es heute das Anliegen vieler Naturwissenschaftler, über die Wände des eigenen Laboratoriums hinaus auch das Ganze zu sehen, ähnlich dem Drang vieler Ärzte, hinter den spezialisierten Methoden den kranken Menschen zu erkennen. Denn die Grundlagen der normalen und pathologischen Lebensvorgänge kristallisieren sich für den praktisch tätigen Arzt und den wissenschaftlichen Theoretiker in der Molekularbiologie.

Zunehmend treten Ärzte und Naturwissenschaftler in einen Dialog

Die Molekularbiologie hat unser Verständnis von der Pathogenese vieler Krankheiten, insbesondere der Tumorerkrankungen, revolutioniert. Wir wissen heute mehr über die Molekularmechanismen und genetische Prozesse, die Wachstum und Proliferation der Körperzelle fördern oder hemmen. Zunehmend treten Ärzte und Naturwissenschaftler in einen Dialog, um die Diagnostik, Behandlung und Prävention, insbesondere von Krebserkrankungen, gemeinsam zu diskutieren. Es ist schon jetzt klar, dass in den nächsten 10 Jahren buchstäblich hunderte neuer biologischer und/oder pharmakologischer Substanzen gegen spezifische, molekulare Intermediärprodukte der Krebszelle erprobt und dann auch mit therapeutischem Ansatz eingesetzt werden. Dabei sollte der verantwortungsvolle Kliniker immer einerseits wissen, welche molekularen Mechanismen das Leiden verursachen, und andererseits, welche molekularbiologischen Therapeutika mit einem Minimum an Nebenwirkung zum Einsatz kommen können.

Erprobt werden buchstäblich hunderte neuer Substanzen gegen Intermediärprodukte der Krebszelle

Das vorliegende Themenheft von „Der Gynäkologe“ möchte den klinisch tätigen Ärzten einige Bereiche der „biotechnologischen Revolution“ näherbringen und damit helfen, die Neugierde auf neue diagnostische und therapeutische Ansätze zu wecken. In knapper Form sagen die angloamerikanischen Kollegen „from the bench to the bed“, also „von der Werkbank zum Krankenbett“, und meinen damit die Verknüpfung von Wissenschaft und Klinik.

Prof. Dr. W. Distler

Prof. Dr. G. Emons

Prof. Dr. N. Maass