Neue Medikamente erweitern unsere therapeutischen Möglichkeiten v. a. im Bereich der Uroonkologie. Diese Entwicklung hat beim Nierenzellkarzinom mit der Einführung der Angiogenesehemmstoffe 2005/2006 begonnen, gefolgt von der Einführung der Immun-Checkpoint-Inhibitoren 2016 und schließlich den ersten Kombinationstherapien in 2019. So ist aus einem früher gegen medikamentöse Therapien weitgehend resistenten Tumor eine Erkrankung geworden, bei der wir im metastasierten Stadium in ca. 60 % der Fälle eine Remission und bei nahezu 90 % der Patienten eine zumindest initiale Kontrolle erzielen.

Neue Medikamente erweitern unsere therapeutischen Möglichkeiten v. a. im Bereich der Uroonkologie

Auch beim metastasierten Prostatakarzinom haben wir in den vergangenen gut 15 Jahren zahlreiche Neuzulassungen gesehen, die die Behandlung dieses Krankheitsbildes komplexer, aber auch wesentlich erfolgreicher gemacht haben. Hier sind insbesondere die Taxan-basierte Chemotherapie und die neuen Hormonpräparate zu erwähnen, deren früher Einsatz heutzutage zu langen Überlebenszeiten bei einem großen Teil der Patienten führt.

Schließlich hat die Einführung der modernen Immunonkologie beim fortgeschrittenen und metastasierten Urothelkarzinom zu einer Verlängerung der Überlebenszeit und damit neuer Hoffnung für unsere Patienten geführt. Leider profitiert bei dieser aggressiven Tumorerkrankung nur ein kleiner Teil der Patienten, sodass hier ein besonderer Bedarf an einer Verbesserung der Therapie besteht.

Diese Ausgabe von Die Urologie beschäftigt sich mit den neuesten Entwicklungen in der medikamentösen Therapie und wirft einen Blick auf laufende Studien zu neuen, vielversprechenden Therapieprinzipien und Substanzen. Dazu gehören die Antibody-drug-Konjugate, ein neues Wirkprinzip, was bereits beim Urothelkarzinom mit Enfortumab-Vedotin Einzug in den klinischen Alltag genommen hat. Hier sind weitere vielversprechende Substanzen alleine und in Kombination in der klinischen Entwicklung.

Krebs et al. stellen die neuesten Entwicklungen bei den immuntherapeutischen Therapien in ihrem Beitrag dar. Dazu gehören z. B. die bispezifischen Antikörper und CAR (Chimeric Antigen Receptor)-T-Zell-basierte Ansätze, die bisher v. a. bei hämatologischen Tumorerkrankungen wie der akuten lymphatischen Leukämie und beim multiplen Myelom zum Einsatz kommen. Entsprechende Entwicklungen beim Prostatakarzinom und laufende Studien werden in dem Beitrag ebenso aufgezeigt wie die mit diesen Therapien einhergehenden neuen Nebenwirkungen wie das Zytokin-Freisetzungssyndrom und das Immuneffektorzell-assoziiertes Neurotoxizitätssyndrom.

Beim Prostatakarzinom ist im Dezember des vergangenen Jahres mit Pluvicto eine weitere nuklearmedizinische Therapie zugelassen worden. Tauber et al. stellen die zulassungsrelevanten Daten sowie neue Ansätze in der Radioligandentherapie dar. Diese betreffen die Verwendung anderer Isotope, modifizierter oder alternativer Liganden sowie neuer Zielstrukturen. Darüber hinaus zeigen die Autoren laufende klinische Studien zu Kombinationen mit Lutetium-PSMA und weiteren modernen Substanzen auf.

Mit etwas Verzögerung gegenüber anderen Bereichen der Onkologie hat aktuell die „Präzisionsonkologie“ bei den urologischen Tumoren Einzug gehalten. Wie Franz et al. sehr schön darstellen, betrifft dies bei den urologischen Tumoren v. a. die Antagonisten am Fibroblasten-Wachstumsfaktor-Rezeptor (FGFR-Antagonisten) beim Urothelkarzinom und die Poly(ADP-ribose)-Polymerasen (PARP)-Inhibitoren beim Prostatakarzinom. Mittlereile liegen zahlreiche klinische Studien vor, die diese Wirkprinzipien in verschiedenen Settings alleine oder in Kombination untersuchen. Die Autoren diskutieren kritisch die aktuellen Daten zu den Kombinationstherapien aus neuen Hormonpräparaten und PARP-Inhibitoren und zeigen auch neue potenzielle Targets beim Prostata- und Nierenzellkarzinom auf.

Neue, bessere Medikamente benötigen wir natürlich nicht nur im Bereich der Uroonkologie. Die zunehmende Resistenzentwicklung gegen Antibiotika stellt weltweit ein erhebliches Problem der modernen Medizin einschließlich der Urologie, dar. Wie F. Wagenlehner in seinem Übersichtsbeitrag zu neuen Antibiotika ausweist, wurden für 2019 knapp 5 Mio. Todesfälle auf Antibiotikaresistenzen zurückgeführt. In diesem Beitrag werden die neuesten Studien von (Reserve)antibiotika vorgestellt; dies umfasst einerseits Kombinationen mit neuen Betalaktamase-Hemmstoffen, andererseits weiterentwickelte Antibiotika bekannter Substanzklassen.

Wie hoffen, dass dieser Blick in die nahe Zukunft Ihr Interesse trifft und wünschen viel Spaß bei der Lektüre.

Marc-Oliver Grimm & Hubert Kübler