Liebe Leserinnen und Leser,

Der Begriff „integrative Medizin“ impliziert bereits, dass hier mehrere therapeutische Ansätze zusammenkommen. Dabei stellt die Schulmedizin die Basis dar und wird um komplementäre Methoden ergänzt. Letztere resultieren aus einer ganzheitlichen Betrachtung des Patienten, im Gegensatz zu einer alleinigen Fokussierung auf die Erkrankung. Komplementäre Maßnahmen ergänzen somit die schulmedizinische Behandlung und wurden/werden auch auf ihren Zusatznutzen im Vergleich zur alleinigen schulmedizinischen Therapie in Studien überprüft. Abzugrenzen davon sind alternative Behandlungsmethoden, die begleitend zur schulmedizinischen Behandlung oder auch alleinig von Patienten gewählt werden, wobei es sich hier meist um nicht evidenzbasierte, also nicht in Studien geprüfte Methoden handelt. In vielen Fällen besteht ein negatives Risiko-Nutzen-Profil, das zu einer Verschlechterung der Prognose führen kann.

Gerade, wenn es um Tumorerkrankungen geht, spielt die integrative Medizin eine große Rolle

Gerade, wenn es um Tumorerkrankungen geht, spielt die integrative Medizin eine große Rolle. Unbestritten steht bei der Behandlung von bösartigen Tumoren die Schulmedizin im Vordergrund. Aber gerade Tumorpatienten möchten ihre Behandlung durch organismusstärkende Maßnahmen unterstützen. Hier spielen besonders Ernährung und Bewegung eine Rolle. Gleichzeitig stehen Tumorpatienten unter starker psychischer Belastung, so dass auch angstsenkende Maßnahmen und Entspannungsverfahren von großer Bedeutung sind. All diese Themen werden in dieser Ausgabe aufgegriffen.

Bauer-Büntzel et al. widmen ihren Artikel der Phytotherapie in der Uroonkologie. Es werden 9 Pflanzen betrachtet, darunter Ingwer, Granatapfel, Ginseng und Mistel somit breit in der Bevölkerung konsumierte Substanzen. Die Autoren führen andererseits eine Analyse zur Evidenzbewertung durch, welche z. B. zeigt, dass es für den Einsatz von Granatapfel und Mistel in der Tumorbehandlung keine Evidenz gibt. Weitere wichtige Substanzgruppen sind Spurenelemente, Vitamine und ausgewählte Elektrolyte. Hierzu prüfen Büntzel und Mücke die Studienlage. Auch hier ergeben sich Unterschiede in der Bewertung der einzelnen Substanzen. Fazit ist, dass Mikronährstoffe bei Mangel substituiert werden sollen. Von einer generellen Substitution wird aber abgeraten. Eine dritte Arbeit widmet sich dem Thema Ernährung im weiteren Sinne. Neben der Empfehlung zu einer ausgewogenen Ernährung und zu einem Verzicht auf Alkohol, zu viel Zucker und Salz geht es bei Schmidt et al. auch um den Nutzen von Nahrungsergänzungsmitteln, der Bedeutung eines gesunden Körpergewichts und körperlicher Aktivität. Sport und Bewegungstherapie, speziell beim Prostatakarzinom, ist Thema bei Schmidt und Rudolf. Während lange Zeit davon ausgegangen wurde, dass körperliche Schonung, gerade vielleicht wegen dem möglichen Vorhandensein von Knochenmetastasen beim Prostatakarzinom, empfohlen wurde, zeigen neue Studien, dass körperliche Aktivität begleitend zur onkologischen Therapie einen positiven Einfluss auf Leistungsfähigkeit, Fatigue und Inkontinenz hat sowie zudem präventiv im Hinblick auf Langzeitkomplikationen ist. Zuletzt berichten Klose et al. über die Studienlage und Einsatzgebiete der Mind-body-Medizin, welche verhaltens- und lebensstilmodifizierende Ansätze verfolgt. Im Mittelpunkt steht eine achtsamkeitsbasierte Stressreduktion, die mittels Yoga, Tai Ji Quan, Qigong und anderen Entspannungsverfahren bis hin zur Hypnose erreicht werden kann. Hier gilt es, das Verfahren entsprechend den Bedürfnissen des Patienten auszuwählen. Der Artikel von Hübner et al. zur Alternativmedizin stellt abschließend einen Kontrapunkt zu den Artikeln zur integrativen Medizin dar. Mit klaren Worten stellen die Autoren die durch zahlreiche alternative Verfahren verursachten Schäden und deren Unwirksamkeit dar.

Die vorliegenden Artikel spiegeln wider, welchen Beitrag komplementäre Maßnahmen in der Behandlung uroonkologischer Patienten leisten können. Dabei trennt das wissenschaftliche Herangehen in Form einer evidenzbasierten Bewertung die Spreu vom Weizen.

Wir hoffen, Ihr Interesse für die integrative Medizin geweckt zu haben und wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen.

Prof. Dr. med. Susanne Krege

Professur für Urologie

Prof. Dr. med Jutta Hübner

Professur für Integrative Onkologie