Kinder sind keine kleinen Erwachsenen und Frauen keine Männer.

In vielen klinischen Studien werden geschlechtsspezifische Aspekte gar nicht oder nur unzureichend adressiert, obwohl spätestens die jüngste Vergangenheit der breiten Öffentlichkeit deutlich gemacht hat, dass es relevante medizinische Unterschiede zwischen Frauen und Männern gibt. So zeigte die Covidpandemie, dass Männer nach einer Infektion mit dem neuartigen Coronavirus häufiger einen schweren Verlauf haben als Frauen. Maßgeblich scheinen das weibliche Immunsystem, welches durch das weibliche Sexualhormon Östrogen aktiviert wird, sowie das Geschlechtschromosom selbst dafür verantwortlich zu sein.

Die Gendermedizin konzentriert sich auf geschlechtsspezifische Erforschung und Behandlung von Krankheiten

Zahlreiche weitere Beispiele belegen, dass das Geschlecht eines Menschen eine Rolle dabei spielt, wie und mit welcher Wahrscheinlichkeit eine bestimmte Krankheit entsteht oder auftritt, mit welcher Symptomatik sie sich äußerst und welche Behandlung möglich bzw. erfolgreich ist. Die Gendermedizin konzentriert sich auf die geschlechtsspezifische Erforschung und Behandlung von Krankheiten und berücksichtigt dabei sowohl biologische wie auch soziokulturelle Einflüsse. Sie ist damit ein wichtiger Baustein der individualisierten Medizin und hilft zukünftig allen Geschlechtern die für sie beste medizinische Versorgung zu erhalten.

Wie relevant diese Thematik bereits im Forschungskontext ist, zeigt beispielsweise die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die bei Antragsstellung aktiv erfragt, ob und wie Forschende Geschlechterfragen in ihrer Studie berücksichtigen.

Die Autoren dieses Themenheftes adressieren geschlechtsspezifische Aspekte in der Urologie am Beispiel des Urothel- und Prostatakarzinoms sowie der Urolithiasis und weisen auf mögliche Evidenzlücken und die damit verbundene Notwendigkeit zur Durchführung weiterer Studien hin. Ein Beitrag zum Einfluss der zunehmenden Feminisierung im Gesundheitswesen auf die Urologie rundet dieses spannende Themenheft ab.

In diesem Sinne wünschen wir Ihnen viel Spaß bei der Lektüre.