Die Corona-Pandemie bestimmt das medizinische und gesellschaftliche Leben in den letzten Monaten, und ein Ende ist aktuell noch nicht abzusehen. Während in der ersten Welle im März 2020 die operative urologische Versorgung, vom BMG angeordnet, vielerorts auf dringliche Eingriffe heruntergefahren wurde und Betten und OP-Säle leer standen, zeigte sich, dass im Ergebnis tatsächlich nur einige Hotspotregionen durch COVID-Patienten in den Kliniken belastet waren. In der zweiten Welle ist die gesamte medizinische Standardversorgung beeinträchtigt. Die urologische Notfallversorgung findet statt, aber intensivpflichtige Eingriffe oder größere Interventionen müssen in den meisten Kliniken täglich mit den Koordinatoren vor Ort individuell besprochen werden.

Welche Auswirkungen die Verschiebung von größeren uroonkologischen Eingriffen hat, wissen wir nicht wirklich. Genauso wenig kann eingeschätzt werden, ob es eine Abnahme der Präventionsbereitschaft oder eine relevante Symptomverschleppung aufgrund von Ansteckungsängsten gibt.

Zudem belastet die extrem angespannte Personalsituation in den Kliniken und Praxen aufgrund von Infektionen und Quarantäne. Eine Art von Depression und Fatalismus ist häufig spürbar. Nicht vergessen werden darf die Mehrbelastung von Mitarbeiter/innen mit schulpflichtigen Kindern in der Lockdown-Situation. Einzelne Beiträge in diesem Heft greifen die Situation in Teilen analytisch auf.

Ein weiterer unfairer Tiefschlag, dessen Bedeutung in der Corona-Pandemie fast untergegangen ist, war die Ablehnung des PSA-Screenings als GKV-Leistung durch den gemeinsamen Bundesausschuss (GBa). Unfair deshalb, weil diese Ablehnung entgegen der ausdrücklichen Empfehlung unserer wissenschaftlichen Fachgesellschaft und entgegen einer breiten wissenschaftlichen Evidenz zu Gunsten eines risikoadaptierten Einsatzes des PSA-Tests erfolgte. Auf der einen Seite Evidenz energisch fordern und sich dann entgegen der Evidenz entscheiden – dieses Handeln bestimmt nicht zum ersten Mal die Gesundheitspolitik. Es wäre eine Unterstellung zu denken, dass die vermeintliche zusätzliche ökonomische Belastung des Gesundheitswesens in Post-Pandemiezeiten ein Grund für die Ablehnung sein könnte. Dies wäre ja auch zu kurzfristig gedacht und in den Auswirkungen gerade von Seiten einer ökonomischen Betrachtungsweise peinlich kurzsichtig.

Momentan, in Zeiten der Coronavirus-Pandemie, steht die Urologie nicht primär im Fokus der medizinischen Aufmerksamkeit, wenn man von der Basis- und Notfallversorgung absieht. Aber für uns spricht die Zeit!

Die Impfung wird hoffentlich im Laufe des Jahres 2021 epidemiologisch wirksam – und selbst wenn die Virulenz des Virus in seinen Mutationen aktuell höher zu sein scheint, zeigt sich eine eher geringere Morbidität bei besseren spezifischen Therapiemöglichkeiten. Auch hierzu finden Sie einen Beitrag in diesem Heft.

Patienten mit urologischen Problemen werden trotz Pandemie mehr, und dies gilt für alle Bereiche unseres Fachs. Vielleicht haben wir sogar das Glück, dass im Nachgang der Pandemie endlich das DRG-System reformiert wird und die Unternehmensberatungen sich mit ihren Laptops aus den Kliniken zurückziehen.

Wir sind zuversichtlich für die Urologie als Fach und für alle unsere Mitarbeiter/innen, denn unsere Patienten brauchen uns. Wir bieten hochmoderne engagierte Medizin nahe am Menschen und haben im medizinischen Fächerkanon seit Jahren mit die höchste Innovationsdichte. Ein Schwergewichtskampf geht über 12 Runden – die Urologie und damit wir alle, werden gewinnen!

T. Klotz und M. S. Michel