Das vorliegende Heft von Der Urologe beinhaltet Beiträge zu allen Aspekten des Peniskarzinoms und vermittelt dem interessierten Leser einen umfassenden Überblick über die Genese und Behandlung dieses vergleichsweise seltenen, aber sehr bösartigen Tumorleidens.

Das Peniskarzinom ist eine „orphan disease“ in mehr als nur einer Hinsicht. Da es bei uns selten ist, können die meisten Urologen nur sehr begrenzt persönliche Erfahrungen mit diesem Tumor sammeln. Die Literatur zum Peniskarzinom hat in den letzten Jahren zwar erheblich zugenommen, beruht aber naturgemäß meist auf vergleichsweise kleinen Kohortenstudien. Damit ist der Evidenzgrad von Schlussfolgerungen und Empfehlungen nach den offiziellen Kriterien beim Peniskarzinom gering. Randomisierte Studien sind mangels Fallzahlen kaum durchzuführen. Auch sind die Fortschritte bei der systemischen Behandlung des fortgeschrittenen oder metastasierten Peniskarzinoms spärlich. Für Therapiestudien zum Peniskarzinom mit neuen Substanzen gibt es keine interessierten Sponsoren, auch der Zugriff auf „Compassionate-use-Programme“ wird von den Firmen für Patienten mit Peniskarzinom verweigert.

Für den Patienten hat das Peniskarzinom enorme Bedeutung. Die operative Therapie kann verstümmelnd sein, die lymphogene Metastasierung zum Krebstod führen. Deshalb sind Organerhalt und das richtige Lymphknotenmanagement so überaus wichtig. Deren Bedeutung ist noch nicht allgemein erkannt, teilweise werden noch überkommene Dogmen gepflegt.

Heute gilt beim Peniskarzinom: soviel Organerhalt wie möglich, soviel Radikalität wie nötig. Dies bedeutet, dass die Schnittränder sehr knapp sein können, da das Lokalrezidiv erneut behandelt werden kann, ohne das Leben des Patienten zu gefährden.

In diesem Heft werden in 4 Beiträgen die Grundlagen dargestellt; besonders dazu hat sich das Wissen in den letzten Jahren erheblich vermehrt. Die Pathologie (Erbersdobler, Rostock) mit der großen Vielzahl der histologischen Varianten des penilen Plattenepithelkarzinoms und der neuen TNM-Klassifikation werden dargestellt. May et al. stellen in einer Übersicht die derzeitigen Erkenntnisse zur molekularen Biologie des Peniskarzinoms dar. Colberg et al. von der Kieler Arbeitsgruppe haben die Epidemiologie aufgearbeitet und Schneede und Schlenker den Zusammenhang des Peniskarzinoms mit der HPV-infektion.

Sievert et al. fassen zusammen, was zur Diagnostik bedeutsam ist, und Protzel et al. sowie Sohn et al. beschreiben in 2 Beiträgen die lokale Therapie, die heute Standard ist. Das schwierige Problem der Vorgehensweise beim klinisch lymphknotennegativen Befund wird von Wawroschek und Winter (Oldenburg) dargestellt, die Therapie des lymphknotenpositiven Karzinoms inklusive der Chemotherapie von Aziz et al. Schließlich geben Dräger et al. einen Überblick über die vorhandenen Daten zur psychosozialen Situation von Patienten mit Peniskarzinom.

Damit liegt ein umfassender Überblick zum aktuellen Stand beim Peniskarzinom vor. Auch wenn dies in der eigenen täglichen Arbeit selten vorkommt, ist es hilfreich, auf dem neuesten Stand zu sein.

figure a

Oliver W. Hakenberg

Klinik und Poliklinik für Urologie

Universitätsmedizin Rostock