Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

das Konzept der personalisierten Medizin ist in aller Munde. Individuelle, speziell auf den Patienten und seinen Tumor zugeschnittene Therapiekonzepte sollen effektivere Therapien mit weniger Nebenwirkungen ermöglichen. Auf dem Weg dahin gilt es, neue diagnostische Verfahren zu entwickeln, um den Tumor des einzelnen Patienten näher zu charakterisieren. Ziele sind eine genauere Abschätzung der Aggressivität des Tumors und der damit verbundenen Prognose sowie eine Prädiktion des Ansprechens auf Systemtherapien. Des Weiteren ist es notwendig neue Stagingverfahren zu etablieren, die eine exakte Beschreibung von Lokalisation, Ausdehnung und Metastasierung des Tumors ermöglichen.

Das Leitthema in der Aprilausgabe von Der Urologe liefert einen Überblick aktueller Entwicklungen auf dem Gebiet der molekularen Diagnostik und des molekularen Stagings bei urologischen Tumoren. Es werden neue bildgebende Verfahren als Staginguntersuchungen beim Prostata- und Harnblasenkarzinom beschrieben und u. a. auf die PSMA-PET-Diagnostik (prostataspezifisches Membranantigen) beim Prostatakarzinom eingegangen.

Bei den molekularen Diagnoseverfahren werden aktuelle Entwicklungen zur Charakterisierung urologischer Primärtumore beschrieben, die durch Untersuchungen auf genetischer, epigenetischer, transkriptionaler und translationaler Ebene eine genauere Abschätzung der Prognose anstreben oder zur Prädiktion eines Ansprechens auf Systemtherapien eingesetzt werden könnten. Im weiteren Verlauf wird auf die molekulare Lymphknotenuntersuchung näher eingegangen, die im Vergleich zur histopathologischen Routineuntersuchung eine höhere Sensitivität bei der Detektion von Lymphknotenmetastasen bietet. Sie findet in Mapping-Studien zur Beschreibung der anatomischen Topographie von Lymphknotenmetastasen Verwendung und könnte zur besseren postoperativen Prognoseabschätzung genutzt werden.

Einige Übersichtsartikel beschäftigen sich mit der molekularen Detektion disseminierter Tumorzellen im Knochenmark und zirkulierender Tumorzellen im peripheren Blut beim Prostata- und Harnblasenkarzinom. Sie stellen potentielle Vorstufen für solide Metastasen dar und ermöglichen eine prognostische Einschätzung unabhängig von gängigen klinischen und histopathologischen Prognosefaktoren. Des Weiteren könnte die Charakterisierung zirkulierender Tumorzellen als leicht zugängliches Tumormaterial aus peripherem Blut einen Ersatz für invasive Tumorbiopsien im Sinne einer „liquid biopsy“ darstellen. Durch Untersuchung auf Resistenzmechanismen gegenüber Systemtherapien könnten zirkulierende Tumorzellen damit als prädiktiver Biomarker für die Bestimmung des Therapieansprechens genutzt werden.

Wir hoffen Ihnen mit diesem Leitthema einen guten Überblick über aktuelle Entwicklungen der molekularen Diagnostik und des molekularen Stagings geben zu können und wünschen gute Unterhaltung beim Lesen der Artikel.

M.M. Heck

J.E. Gschwend