Liebe Kolleginnen und Kollegen,

überwiegend wird die Urologie sowohl in der Fach- als auch in der Laienpresse und somit im Konzert der ärztlichen Fachdisziplinen als onkologisch und seniumorientiert wahrgenommen. So wird auch die interdisziplinäre Inanspruchnahme urologischer Kompetenz von onkologischen und altersbedingten Erkrankungen dominiert. Dieses Bild gilt es, sowohl innerhalb der Fachgruppe als auch innerärztlich wie in der Öffentlichkeit, zu korrigieren, um klarzustellen, dass urologische Expertise in der gesamten Lebensspanne – natürlich nicht nur bei männlichen Wesen – notwendig ist.

Bereits pränatal werden urologische Funktionsstörungen wie z. B. Hydronephrosen als Folge von Ureterabgangsstenosen oder refluxiven Ureteren diagnostiziert, um durch sachgerechte Beurteilung und ggf. notwendige frühzeitige Therapien relevante Spätschäden zu vermeiden. Postnatal bilden pathologisch relevante Kranheitsbilder wie der Kryptorchismus, die persistente Enuresis mit Leidensdruck, behandlungsbedürftige Phimosen, die Hodentorsion, die Varikozele, Urethritiden und der Hodentumor die somatische wie psychische Brücke zur reinen „Erwachsenen-Urologie“.

Im Übergang vom Kind zum Mann sind viele Jugendliche über das, was mit ihrem Körper passiert, sehr verunsichert

Eine spürbare Lücke fällt um den Zeitraum der Pubertät besonders männlicher Heranwachsender auf: wenn der Pädiater nicht mehr, der Haus- bzw. Familienarzt aber noch nicht als persönliche „Favoriten“ unter den ärztlichen Beratern betrachtet werden, sollten wir insbesondere unseren männlichen Patienten im Adoleszentenstadium die Chance geben, sich einerseits bereits in der Pubertät von uns in den sie bewegenden Fragen kompetent beraten zu lassen und sie gleichzeitig als möglicherweise lebenslange Patienten zu gewinnen. Gerade im Übergang vom Kind zum Mann sind viele Jugendliche über das, was mit ihrem Körper passiert, sehr verunsichert. Um hier eine kompetente und professionelle „Jungensprechstunde“ anbieten zu können, benötigen wir neben dem Wissen um spezifische Krankheitsbilder in der Pubertät, auch spezifische Kenntnisse über die Entwicklungspsychologie und die Gesprächsführung mit Jugendlichen. Daneben sind auch rechtliche Aspekte sowie Fragen zum Praxismarketing einer „Jungensprechstunde“ zu bedenken.

Neben diesem von Frau Gille und Herrn Bühmann beleuchteten Fokus stellen Ihnen gebietsspezifische Experten für dieses Lebensalter exemplarische Pathologien vor:

Herr Hüppe und Frau Rübben aus Essen das „Adrenogenitale Syndrom beim Knaben/jungen Mann“, Herr Rehme und Frau Rübben ebenfalls aus der Essener Klinik „Sexualität bei Adoleszenten mit Spina bifida oder Querschnittlähmung“, Frau Krege aus Krefeld „TART – testikuläre adrenale Resttumoren im Hoden bei Adoleszenten“, Herr Sperling und Frau Kaminsky aus Mönchengladbach die „Varikozele des jungen Erwachsenen“ und Herr Scheer aus Graz „Sexualstörungen beim Adoleszenten“.

Wir hoffen, Ihnen mit der Auswahl der Beiträge – teilweise etwas abseits der urologischen Routine – ein interessantes Spektrum dieser Thematik anzubieten.

W. Bühmann

G. Lümmen