Liebe Kolleginnen und Kollegen,

unsere tägliche Arbeit in Klinik und Praxis ist von vielen internen und externen Anforderungen gekennzeichnet. Leitlinien sind dabei Leitplanken der medizinischen Entscheidungsfindung und Vorgehensweise, DRG-Erlöse und Punktwerte bestimmen den ökonomischen Rahmen unseres Handelns. Trotz immer schnellerer Taktung der ärztlichen Tätigkeit und den ökonomischen Anforderungen an ärztliches Handeln müssen weiter die Behandlungsqualität und die Sicherheit des einzelnen Patienten im Zentrum unseres Vorgehens stehen. Verschiedene Systeme der Fehleranalyse und Fehlervermeidung können dazu beitragen, medizinische Katastrophen zu verhindern. Die Patientensicherheit in der Medizin hat sich historisch aus dem ethischen und persönlichen Anspruch der in der Medizin Handelnden und Lehrenden entwickelt. Dieser Anspruch wurde an Schüler weitergegeben und innerhalb des eigenen Handlungsraums durch Vorleben und Anordnungen geprägt. Trotz dieser ärztlich-ethischen Grundhaltung hat der moderne Medizinbetrieb Mechanismen entwickelt, die Patienten auch gefährden können.

Was bis heute in vielen medizinischen Einrichtungen und Institutionen fehlt, ist eine definierte Sicherheitsarchitektur, wie sie in der Luftfahrt existiert. Das kommunikative Klima und die Hierarchie medizinischer Strukturen in Deutschland waren bisher nicht dazu angetan, über Berufsgruppengrenzen und Hierarchiestufen hinweg eine Atmosphäre der ergebnisoffenen Kritikfähigkeit mit der Zielsetzung zu schaffen, die Sicherheit der uns anvertrauten Patienten systematisch zu verbessern.

Das hier vorgelegte Heft möchte einen Schritt in diese Richtung tun.

Josef Hannappel ist seit seinem Abschied aus der klinischen Medizin prägendes Mitglied der Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfragen der KV Nordrhein. Alle 17 KV unterhalten seit längerem Kommissionen, die ärztliche Behandlungen auf Antrag begutachten und sich darum bemühen, strittige Sachverhalte zu beurteilen und einvernehmliche Lösungen zum Wohle des Patienten herbeizuführen.

Marcus Rall hat an der Universität Tübingen ein Institut für Patientensicherheit und zur Simulation von Notfallsituationen errichtet. Er ist zudem Mit-Autor des Fernseh-Films „Die Totschweiger“, der Fehler ärztlichen Handelns und v. a. die fatalen Folgen des Nichterkennens dieser Fehler provokant thematisiert.

Kai-Jörg Sommer ist Checkpilot der Lufthansa und Dozent am Health Care Management Institute der European Business School in Oestrich-Winkel. Er vertritt die Ansicht, dass die Sicherheitskultur in der Luftfahrt Vorbild sein kann für eine moderne Sicherheitsarchitektur der klinischen Medizin.

Die Arbeitsgruppe um die Professoren Busemann und Heidecke geht der Frage nach, welche Maßnahmen innerhalb einer operativen Klinik dazu geeignet sein könnten, die Patientensicherheit weiter zu verbessern.

Prof. Seegenschmiedt und Mitarbeiter befassen sich anhand des Beispieles der Hamburger Radioonkologie mit Fragen der Patientensicherheit in der Strahlentherapie.

Volkmar Lent und Kollegen diskutieren die in der Urologie immer aktuelle Frage der Fehleranalyse in der PSA-Diagnostik und deren Folgemöglichkeiten.

Zusammengefasst möchte diese Ausgabe von Der Urologe einen Beitrag leisten zur Diskussion um aktuell notwendige Maßnahmen in Krankenhaus und Praxis, die Sicherheit unserer Patienten zu standardisieren und so zu verbessern. Wir sollten als wissenschaftliche Berufsgemeinschaft in der Lage sein, diese Maßnahmen und die dazu notwendigen Änderungen in der medizinischen (Kommunikations-)Hierarchie selbst zu implementieren und nicht auf gesetzgeberische Initiativen warten. Ein CIRS-System gehört heute in jedes Krankenhaus!

Abschied von der Schriftleitung

Gestatten Sie mir abschließend eine Mitteilung in eigener Sache. Nach mehr als 8 Jahren als federführender Schriftleiter dieses Wissenschafts- und Fortbildungsorgans der Deutschen Urologen, die ich in der Nachfolge von Prof. Dr. Jürgen Sökeland mitgestalten durfte, werde ich zum Jahresende 2012 das Amt des chefärztlichen „Federführers“ in andere Hände weitergeben. Ich habe in der zurückliegenden Zeit immer gern und mit großem Engagement an dieser Zeitschrift mitgearbeitet und das eine oder andere Thema auch abseits von „Niere-Blase-Prostata“ angeregt.

Ich danke Ihnen für Ihre kritische Treue zu Der Urologe und die vielen konstruktiven Kommentare, die mich in dieser Zeit erreicht haben. Der Urologe soll auch in Zukunft ein Organ für alle deutschsprachigen Urologinnen und Urologen bleiben, das die wissenschaftlichen Seiten der urologisch-universitären Medizin ebenso wie die alltäglichen Probleme in der Flächenversorgung darstellt und diskutiert und gleichzeitig der Deutschen Gesellschaft für Urologie und dem Bund der Deutschen Urologen als Mitteilungsorgan dient.

Bitte bleiben Sie auch zukünftig unserer Fachzeitschrift gewogen!

Prof. Dr. M. Goepel