Einleitung

Solide Nierentumoren stellen aufgrund ihrer oftmals überlappenden bildgebenden Charakteristika eine große diagnostische Herausforderung dar. Zusätzlich ist im Rahmen der personalisierten Medizin eine detaillierte Tumorcharakterisierung nötig, da für unterschiedliche Tumor-Subtypen verschiedene Therapieoptionen vorliegen [5, 24].

Neben der bislang verwendeten bioptischen Abklärung ist eine nichtinvasive Phänotypisierung mittels Bildgebung wünschenswert, da dieser weniger Komplikationsrisiken anhaften. Dieser Artikel soll einen Überblick über den aktuellen Stand der nichtinvasiven Phänotypisierung der häufigsten adulten Nierentumoren bieten.

Nierenzellkarzinom

Das Nierenzellkarzinom (RCC) ist der häufigste solide Tumor der Niere; es macht ca. 90 % aller soliden Nierentumoren bei Erwachsenen aus. Die häufigsten Subtypen, welche wiederum gemeinsam ca. 90 % aller RCC ausmachen, sind das klarzellige (ca. 75 %), das papilläre (10 %) und das chromophobe (5 %) RCC [7, 28]. Daneben existieren seltene (jeweils <1 % der RCC) Subtypen wie das Sammelrohrkarzinom, das medulläre Karzinom, das muzinös-tubuläre und Spindelzellkarzinom [33]. Die wichtigsten bildgebenden Charakteristika der malignen und benignen Nierentumoren sind in Tab. 1 dargestellt.

Tab. 1 Wichtige bildgebende Charakteristika der häufigsten Nierentumoren

Klarzelliges RCC

Das klarzellige RCC ist der häufigste und prognostisch ungünstigste der RCC-Typen [7], wobei die Prognose vom Fuhrman-Grad [11] und Tumorausbreitung abhängt. Es neigt zu frühzeitiger Gefäßinvasion. Es entsteht aus dem Epithel der proximalen Sammelrohre, es finden sich Lipide und Cholesterol im Zytoplasma.

In der Magnetresonanztomographie (MRT; Abb. 1) zeigt sich das klarzellige RCC inhomogen hyperintens in T2-gewichteten Sequenzen (T2w), hypointens in T1-gewichteten Sequenzen (T1w), mit kräftiger, inhomogener Kontrastmittelaufnahme (KM), nekrotischen Arealen und zystischer Degeneration [25]. Mittels Chemical-Shift(CSI)-Sequenzen lässt sich mikroskopisches Fett nachweisen [30]. Der „apparent diffusion coefficient“ (ADC) des klarzelligen RCC ist gemeinhin höher als in anderen RCC-Subtypen [15]. Ein inverser Zusammenhang zwischen dem ADC und dem Fuhrman-Grad wurde berichtet [8]. Zum Potenzial der MRT-Spektroskopie zur Differenzierung sowohl benigner und maligner Nierentumoren als auch unterschiedlicher Tumorgrade des RCC gibt es erste Ergebnisse, wobei maligne und höhergradige Tumoren höhere Cholinkonzentrationen aufweisen dürften [36].

Abb. 1
figure 1

Teils multilokulär zystisches, teils solides klarzelliges Nierenzellkarzinom, Grad 2, pT1a, in der linken Niere eines 58-jährigen Mannes. Der Tumor (weißer Pfeil) ist in der T2-gewichteten Sequenz (a) inhomogen, mit hyperintensen (zystischen) Anteilen. Im Vergleich zur „in-phase“ akquirierten Aufnahme (b) zeigt sich kein relevanter Signalabfall in der Opposed-Phase-Aufnahme (c), d. h. im Tumor findet sich kein magnetresonanztomographisch (MRT) nachweisbares Fett. In der arteriellen (d) und venösen (e) Phase nach Kontrastmittel(KM)-Applikation (T1-gewichtete Sequenz mit Fettsättigung) zeigt sich ein inhomogenes Enhancement. In der ADC(apparent diffusion coefficient)-Karte (f) zeigen sich diffusionseingeschränkte (dunkel) und liquide Tumoranteile (hell). In der korrespondierenden Post-Kontrast-Computertomografie (g arterielle Phase, h venöse Phase) zeigt sich eine der MRT vergleichbare, inhomogene KM-Anreicherung

In der Computertomographie (CT) erscheint das klarzellige RCC je nach Größe und Vorliegen von Nekrosen sowohl nativ als auch nach KM-Applikation homogen oder inhomogen. Es nimmt früh und meist kräftig Kontrastmittel auf, jedoch geringer als der Nierenkortex [20].

Zusammenhänge zwischen CT-Features wie Nekrosen oder Verkalkungen mit genetischen Faktoren konnten nachgewiesen werden, bedürfen allerdings noch weiterer Erforschung [19]. Ein besonders ausgeprägtes arterielles Enhancement kann das klarzellige RCC von anderen Subtypen unterscheiden [6, 46], wobei höhergradige Tumoren in der kortikomedullären Phase ein geringeres Enhancement zeigen, als niedriggradigere [45]. Besonders die Kombination verschiedener Kriterien im Mehrphasen-CT verspricht eine adäquaten Unterscheidung zwischen dem klarzelligen und anderen RCC-Subtypen [23].

Im nativen B‑mode-Ultraschall zeigt sich ein variables Bild, es kann sich homogen oder inhomogen, hypo-, iso- oder hyperechogen zum Nierengewebe darstellen. Im Kontrastmittel-Ultraschall findet sich je nach Tumorgröße ein eher homogenes (<3 cm) oder heterogenes, schnelles Enhancement [17].

Papilläres RCC

Das papilläre RCC hat generell eine bessere Prognose als das klarzellige RCC. Es entspringt ebenfalls dem Epithel der proximalen Sammelrohre, zeigt oftmals Verkalkungen und Einblutungen, eine fibröse Kapsel sowie bei größeren Tumoren auch Nekroseareale und zystische Degeneration. In seltenen Fällen können papilläre RCC auch Fett enthalten [25].

In der MRT zeigen die soliden Anteile des papillären RCC eine geringe Signalintensität in T1w und T2w und eine im Vergleich zu klarzelligen RCC geringe, eher kontinuierliche KM-Aufnahme. Auch im Vergleich zu anderen RCC-Subtypen und benignen Nierentumoren wurde ein signifikant geringeres KM-Enhancement beschrieben [37]. Hämosiderinablagerungen zeigen sich als Signalauslöschungen (Suszeptibilitätsartefakte) in T2w und „in-phase“ T1w [30]. Zystisch degenerierte papilläre RCC können papillär oder knotenförmig wachsende Weichteilanteile und einen hämorrhagischen Zysteninhalt aufweisen. Im Vergleich zum klarzelligen und chromophoben RCC wurden geringere ADC-Werte beschrieben [21, 35], wenngleich Überschneidungen vorliegen [42].

In der CT zeigt das papilläre RCC analog der MRT eine geringere KM-Affinität als der klarzellige Subtyp [2]. Bis zu ein Drittel der papillären RCC nehmen kein Kontrastmittel auf, so dass eine Unterscheidung zu proteinreichen Zysten schwierig sein kann [9]. Eine Jod-Quantifizierung mittels Dual-Energy-CT wurde als mögliche Methode beschrieben, mit welcher sowohl zwischen dem papillären und klarzelligen RCC als auch zwischen den unterschiedlichen Graden dieser Tumoren differenziert werden könnte, wobei jeweils klarzellige und höhergradige RCC höhere Jod-Konzentrationen aufwiesen [27].

Chromophobes RCC

Das chromophobe RCC hat ebenfalls eine bessere Prognose als das klarzellige RCC; 85 % der Tumoren befinden sich zum Zeitpunkt der Diagnose in Stadium T1 oder T2 [41]. Es entspringt den Zwischenzellen der Sammelrohre. Nekrosen und zystische Degeneration kommen selten vor [25].

In der MRT zeigt sich das chromophobe RCC umschrieben und mit homogener Binnenstruktur, meist mit einer intermediären bis niedrigen Signalintensität in der T2-gewichteten Bildgebung. Nach KM-Applikation nimmt das chromophobe RCC KM auf, die Anfärbung liegt zwischen dem papillären und dem klarzelligen RCC, diese kann innerhalb des Tumors auch heterogen sein. Wie beim Onkozytom kann auch eine zentrale, radspeichenartige Narbe vorkommen [13, 32]. Chromophobe RCC zeigen niedrigere ADC-Werte als klarzellige [42], bezüglich des Unterschiedes zwischen dem chromophoben und dem papillären RCC sind die veröffentlichen Ergebnisse jedoch widersprüchlich [43].

In der nativen CT konnte mittels Texturanalyse in einer kleinen Gruppe von chromophoben RCC ein Zusammenhang zwischen der Röntgendichte und Tumorheterogenität mit dem Grad des Tumors nachgewiesen werden [34].

Andere maligne Nierentumoren

Primäre maligne Nierentumoren, die nicht der Gruppe der RCC zuzuordnen sind, werden äußerst selten beobachtet. Am häufigsten ist hier das Lymphom, dessen häufigsten extranodalen abdominellen Manifestationsort die Nieren darstellen. Daneben kommen Metastasen extrarenaler Tumoren und direkt infiltrierende Tumoren benachbarter Strukturen, z. B. Urothelkarzinome des Nierenbeckens oder Nebennierenrindenkarzinome, vor.

Renales Lymphom

Renale Lymphome kommen meist als Manifestationen im Rahmen eines B‑Zell-Non-Hodgkin-Lymphoms vor, wobei das primäre renale Lymphom sehr selten ist, weshalb nur eingeschränkte Daten zu dessen bildgebenden Charakteristika vorliegen. Es kann sowohl ein fokaler als auch ein diffuser Befall des gesamten Organs bestehen.

In der MRT zeigt das renale Lymphom ein iso- bis gering hypointenses Signal in T1w, ein iso- bis gering hyperintenses Signal in T2w und eine eingeschränkte Diffusion [44]. Nach KM-Applikation zeigt es eine geringe, homogene KM-Aufnahme [29]. Bei diffusem Befall des Organs zeigen sich eine verminderte Markrindendifferenzierung und diffuse Auftreibung des Organs, ansonsten decken sich die Bildcharakteristika mit dem fokalen Befall [3].

In der CT zeigt sich das renale Lymphom nativ hypodens zu Nierencortex und Medulla, die Kontrastmittelaufnahme ist homogen und im Vergleich zum gesunden Nierengewebe deutlich geringer [44]. Im Ultraschall zeigt sich das renale Lymphom als homogen echoarme umschriebene oder diffus infiltrierende Raumforderung. Nach Kontrastmittelapplikation zeigt sich zumeist ein zum Nierenparenchym hin iso- oder hypoechogenes Enhancement in der arteriellen, sowie ein hypoechogenes Enhancement in der Parenchymphase [40].

Benigne primäre Nierentumoren

Angiomyolipom (AML)

Das AML ist der häufigste benigne Nierentumor. Es stellt eine heterogene Gruppe von Tumoren dar, die aus unterschiedlichen Anteilen von Blutgefäßen, glatter Muskulatur und Fettzellen bestehen. Neben dem typischen intrakortikalen Wachstum können diese auch exophytisch wachsen [18]. AML können im Rahmen einer tuberösen Sklerose vorkommen, in diesem Falle wachsen sie meist multipel.

Bildgebend wird zwischen klassischen (95 % der Fälle), makroskopisch Fett enthaltenden und fettarmen AML (unter 25 % Anteil an Fettzellen, 5 % der Fälle) unterschieden, welche sich jeweils unterschiedlich darstellen [25]. In der MRT zeigt das klassische AML (Abb. 2) ein hohes Signal in der T1w und T2w sowie einen Signalverlust in fettunterdrückten Sequenzen. In CSI-Sequenzen findet sich das charakteristische „indian ink“-Artefakt an der Grenze zum normalen Nierenparenchym [16]. Das fettarme AML ist homogen signalarm in der T2w und signalreich in der T1w. Signalverluste in fettunterdrückten und „opposed phase“ CSI-Sequenzen entstehen je nach Fettanteil. Nach KM-Applikation zeigen insbesondere fettarme AML ein starkes initiales Enhancement mit anschließendem Wash-out [18]. AML sind diffusionseingeschränkt.

Abb. 2
figure 2

Klassisches (fettreiches) Angiomyolipom (weißer Pfeil) in der linken Niere einer 48-jährigen Frau. In der axialen T2-gewichteten Sequenz mit Fettsättigung (a) zeigt sich der solide Tumoranteil leicht hypointens, der fettige Anteil ist unterdrückt, was für makroskopisches Fett im Tumor spricht. In der „in-phase“ T1-gewichteten Sequenz (T1w) (b) ist die Läsion hyperintens, in der „opposed phase“ (c) zeigt sich kein Signalanfall. In der diffusionsgewichteten Sequenz (d, b = 600) zeigt der solide Anteil eine geringe Diffusionseinschränkung, der fettige Anteil ist wiederum unterdrückt. Nach Kontrastmittel(KM)-Applikation (e, koronare T1w mit Fettsättigung) zeigt sich der solide Anteil kontrastmittelaffin, während der fettige Anteil signalsupprimiert ist. In der korrespondierenden KM-verstärkten Computertomografie (f arterielle Phase, g venöse Phase) zeigt der solide Anteil eine kräftige initiale Anreicherung mit Wash-out, der fettige Anteil ist annähernd isodens zum umgebenden Fettgewebe

In der CT zeigt das klassische AML Dichtewerte im Bereich von Fett (<20 Hounsfieldeinheiten). Bei größeren oder fettarmen AML können weichteildichte Tumoranteile mit deutlichem KM-Enhancement abgegrenzt werden. Im Ultraschall zeigt sich das AML als umschriebene, kortikale echoreiche Läsion mit dorsalem Schallschatten. Nach KM-Applikation zeigt sich oft ein peripheres Enhancement [26]. Problematisch sind die bildgebenden Überschneidungen zwischen dem fettarmen AML und insbesondere dem klarzelligen RCC, wodurch eine nichtinvasive Unterscheidung dieser beiden Entitäten nicht sicher möglich ist. Ein möglicher Ansatz hierfür könnten computergestützte Texturanalysen und „deep feature classifications“ sein [22].

Onkozytom

Das Onkozytom entspringt wie das chromophobe RCC den Zwischenzellen der Sammelrohre. Eine bildgebende Unterscheidung zwischen dem Onkozytom und insbesondere dem chromophoben RCC gestaltet sich aufgrund überlappender Eigenschaften schwierig [32]. In der MRT erscheint das Onkozytom als umschriebene, oftmals umkapselte, kortikale Raumforderung, welche in T1w hypointens, in T2w hyperintens zur Darstellung kommt. In über 50 % der Fälle zeigt es eine zentrale, radspeichenartige Narbe, welche ebenfalls hypointens in der T1w und hyperintens in der T2w ist und Kontrastmittel aufnimmt. Die KM-Affinität des Onkozytoms ist kräftig, die KM-Dynamik variabel: Es können Areale mit initial starker und solche mit verzögerter KM-Aufnahme im selben Tumor vorkommen[1, 12]. Die DWI ist zur Unterscheidung zwischen dem Onkozytom und dem RCC aufgrund starker Überschneidungen insbesondere zum klarzelligen RCC nur eingeschränkt hilfreich, beide Entitäten weisen eher höhere ADC-Werte auf [15, 39].

In der CT zeigen kleine Onkozytome nativ und nach KM-Applikation oft ein homogenes Binnenmuster, während größere Tumoren inhomogen zur Darstellung kommen. Auch eine zentrale Narbe kann sichtbar sein [31].

Ein möglicher Ansatz zur Unterscheidung zum RCC könnte die Kontrastmitteldynamik sein, in der Literatur sind ein im Vergleich zum RCC besonders starkes arterielles Enhancement und Wash-out beschrieben [4]. Im nativen Ultraschall zeigt sich meist eine zum Nierenparenchym isoechogene Raumforderung, manchmal mit abgrenzbarer zentraler Narbe. Zu den Charakteristika des Onkozytoms im KM-verstärkten Ultraschall gibt es nur vereinzelte Daten, eine verlässliche Unterscheidung zum RCC gelang laut diesen nicht [10, 14, 38].

Fazit für die Praxis

Mithilfe multimodaler und multiparametrischer Bildgebung können viele Typen benigner und maligner Nierentumoren bereits jetzt nichtinvasiv unterschieden werden. Problematisch bleibt die Unterscheidung zwischen dem klarzelligen RCC und dem Onkozytom oder dem chromophoben RCC und dem fettarmen AML, ebenso die genauere nichtinvasive Charakterisierung von Nierentumoren (Tumorgrad, genetische Faktoren). Hier werden zahlreiche vielversprechende Ansätze mittels neuerer oder in diesem Bereich noch wenig erforschter Techniken wie der Texturanalyse, „machine learning deep feature classifications“, Jodquantifizierung oder MR-Spektroskopie verfolgt.