Liebe Leserinnen und Leser,

Ultraschallkontrastmittel haben einen langen Weg hinter sich, voller Überraschungen. Bereits in den frühen Jahren des Ultraschalls fiel auf, dass Kochsalzlösung, wenn man sie zunächst kräftig schüttelt, nach Injektion Echos in den ableitenden Venen und im rechten Vorhof erzeugte. Dies führte dann zur Entwicklung des ersten kommerziellen Ultraschallkontrastmittels, dass vor allem zur Diagnostik angeborener Herzfehler mit Rechts-links-Shunts geeignet war. Das Prinzip ist einfach: Viele kleine Bläschen erzeugen aufgrund des Impedanzsprungs zwischen Flüssigkeit und Gas starke Reflexe, die mit Ultraschall detektiert werden können. Aufgrund ihrer Beschaffenheit gingen die Bläschen der Ultraschallkontrastmittel der ersten Generation aufgrund der hohen Druckamplituden und der Passage durch die Kapillaren des Lungengewebes unter, sodass sie unter normalen Bedingungen im großen Kreislauf nicht sichtbar wurden – eine klare, wenn auch nur sehr begrenzte Indikation. Die weiteren Entwicklungen gingen dahin, Kontrastmittel zu entwickeln, die die Lungenpassage überlebten, vornehmlich mit dem Ziel, die Signale in der Dopplersonographie zu verstärken. Gewebediagnostik hatte damals niemand im Sinn. Nun, der Zulassungsprozess zog sich über Jahre hin, und als endlich das Produkt auf den Markt kam, waren die Farbdopplersysteme inzwischen so weit entwickelt worden, dass es eines Kontrastmittels kaum noch bedurfte – von einigen Spezialanwendungen wie z. B. dem transkraniellen Doppler einmal abgesehen. Immerhin gab es zaghafte Versuche, mithilfe dieser Substanz auch die Durchblutung im Gewebe zu erfassen, aber insgesamt blieb die Abnahme auf dem Markt weit hinter den Erwartungen zurück. Kurz gesagt: Das Produkt floppte und verschwand in der Folge vom Markt. Da half es auch nicht, dass mehr oder weniger zufällig aufgefallen war, dass die Substanz eine leberspezifische Spätphase hatte: Wenn man etwa 10 oder 20 min nach Injektion mit dem Farbdoppler die Leber darstellte, leuchtete das Gewebe mit wirren Farbsignalen hell auf, wenn auch nur für einen Augenblick. Wie man inzwischen weiß, wurden die Bläschen in Kupfferschen Sternzellen gespeichert, und durch den relativ intensiven Sendepuls des Farbdoppler zerplatzten sie und gaben somit ein finales akustisches Signal von sich, das somit registriert wurde. Leberfremdes Gewebe, das naturgemäß kein Kontrastmittel gespeichert hatte, blieb ausgespart, sodass z.B. Metastasen ausgezeichnet sichtbar waren. Da der Effekt nur sehr kurzlebig war, blieb dem Untersucher allerdings nur, die Leber durchzuschwenken und die Bilder als Film zu speichern, um sie im Nachhinein zu befunden.

Eine weitere Form der Interaktion zwischen Ultraschall und Mikrobläschen war bereits seit Längerem bekannt, wurde aber diagnostisch nicht genutzt: die Erzeugung resonanter Schwingungen mit höherfrequenten Anteilen, sprich: Obertönen. Um dies zu nutzen, bedurfte es zweier Entwicklungen: schwingungsfähiger Mikrobläschen und dedizierter Techniken der Ultraschallsignalverarbeitung, welche die Signale von Gewebe und Mikrobläschen anhand der Differenzierung zwischen Grundfrequenz und Obertönen voneinander zu trennen imstande sind. Beides ist heute verfügbar: ein extrem nebenwirkungsarmes, im großen Kreislauf ankommendes Kontrastmittel mit schwingungsfähigen Mikrobläschen und das sog. Harmonic Imaging. Mehr noch: Die entsprechenden kontrastmittelspezifischen Ultraschalltechniken arbeiten mit so niedriger Sendeintensität, dass die Zerstörungsrate der Mikrobläschen vergleichsweise gering und somit eine Untersuchung in Echtzeit möglich ist. Was die Leber betrifft, hat dies, zumindest soweit es den Ultraschall betrifft, die Diagnostik revolutioniert. Inzwischen sind insbesondere bei der Leber Kontrastmitteluntersuchungen möglich, die denen der Computertomographie oder Magnetresonanztomographie in keiner Weise nachstehen [1, 2] – zumindest, soweit ein sonografischer Zugang möglich ist. Aber das Feld ist durchaus weiter und erstreckt sich auf Niere [3, 4], Milz, hautnahe Organe [5] oder gar Skelettmuskeln [6], um nur einige zu nennen. Die Resonanzfrequenz der Mikrobläschen hängt von ihrem Durchmesser ab; die Größenverteilung der Bläschen bei den im Handel befindlichen Ultraschallkontrastmitteln ist im Wesentlichen auf die Verwendung im Abdomen mit den dort üblichen Frequenzen zugeschnitten. Der Anteil sehr kleiner Bläschen, die auch bei höheren Frequenzen resonant sind, ist vergleichsweise gering. Aus diesem Grund muss bei der Verwendung hochauflösender Sonden eine größere Kontrastmittelmenge verabreicht werden. Tut man dies jedoch, sind z. B. bei der Beurteilung von unklaren Lymphknoten erstaunlich genaue Aussagen möglich [7]. Die Kontrastmittelsonographie ist die aktuell sensitivste Methode zur Detektion auch sehr schwacher Durchblutung, wesentlich sensitiver als beispielsweise CT oder MRT. Aus diesem Grunde eignet sich die Methode hervorragend zur Beurteilung der Vitalität von Geweben. Relevant ist dies z. B. bei der Planung einer Biopsie, wo es gilt, valides Material zu gewinnen, aber auch zur Detektion verbliebenen vitalen Gewebes nach interventionellen Tumorablationen [8]. Gemeinsam mit den modernen Verfahren der Physik, Signalverarbeitung und Informationstechnologie gelingt es mittlerweile sogar, den Pfad einzelner Bläschen während ihrer Passage durch das Gewebe zu tracken und eine Karte der Mikrogefäßarchitektur weit unterhalb der eigentlichen Auflösungsgrenze des Ultraschalls zu erzeugen – nicht nur im Tiermodell, sondern im Prinzip auch klinisch [9].

Der kontrastverstärkte Ultraschall wird heute von Ärzten jeglicher Fachrichtung eingesetzt, aber erstaunlich selten von Radiologen, die möglicherweise noch zu sehr ihren vertrauten Modalitäten nachhängen. Zum einen könnten erforderliche diagnostische Informationen schneller und einfacher gewonnen werden, zum anderen haben gerade Radiologen mehr als alle anderen Disziplinen die einzigartige Gelegenheit, das Potenzial und die Schwächen der einzelnen Methoden im Vergleich kritisch zu evaluieren. Kostenaspekte, so naheliegend dies wäre, lassen sich in diesem Zusammenhang leider nicht zugunsten der Kontrastmittelsonographie anführen, da die Einzeldosis vergleichsweise teuer ist, insbesondere, wenn man die teilweise lächerlichen Preise für CT- und MRT-Kontrastmittel bedenkt, die Großeinkäufer von Klinikverbünden den Herstellern abzuringen imstande sind. Das vorliegende Heft nun soll allen Interessierten einen Überblick über die wichtigsten aktuellen Anwendungen liefern und allen noch nicht Interessierten Appetit machen, sich mit dieser grandiosen Methode vertraut zu machen.

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Prof. Dr. Stefan Delorme

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Prof. Dr. Dirk-André Clevert