Liebe Leserinnen und Leser,

Das Lungenkarzinom ist der am häufigsten zum Tode führende maligne Tumor in Deutschland, in Europa und weltweit. Trotz aller therapeutischen Fortschritte in den letzten Jahrzehnten ist seine Prognose unverändert sehr schlecht. Frühe asymptomatische Stadien haben eine deutlich bessere Prognose – insbesondere bei den ganz überwiegenden nichtkleinzelligen histologischen Typen. Frühe Stadien liegen aber derzeit nur bei einem kleinen Anteil diagnostizierter Karzinome vor. Das Lungenkarzinom betrifft ganz überwiegend aktive oder ehemalige Zigarettenraucher und Passivraucher. Der effektivste Ansatz, den Tod am Lungenkarzinom zu verhindern, wäre der Verzicht auf das Zigarettenrauchen. Dies würde auch eine große Anzahl weiterer Todesfälle aufgrund anderer maligner Tumoren und kardiovaskulärer Erkrankungen verhindern. Leider führen politische, gesellschaftliche und vor allem ökonomische Rahmenbedingungen dazu, dass dieser Weg allenfalls halbherzig verfolgt wird. Daneben kommt dieser Ansatz für langjährige Raucher zu spät.

Daher bestehen schon lange Überlegungen, frühe Lungenkarzinome durch geeignete diagnostische Methoden bei asymptomatischen Rauchern zu finden. Bei symptomatischen Patienten etablierte Methoden wie die zytologische Sputumdiagnostik oder die Röntgenthoraxaufnahme wurden schon seit Jahrzehnten als Screeningverfahren evaluiert, es konnte aber keine Senkung der Lungenkrebssterblichkeit gezeigt werden. Moderne Methoden der Sputumdiagnostik, endoskopische Verfahren oder die Bestimmung molekularer Marker in Sputum, Blut oder Atemluft bieten teils vielversprechende Ansätze, jedoch ist keine der Methoden auch nur annähernd reif für einen routinemäßigen Einsatz.

Die einzige aktuell praxisreife diagnostische Methode ist die native Niedrigdosis-Computertomographie in Verbindung mit klar definierten diagnostischen Algorithmen zum Vorgehen bei auffälligen Befunden. Eine erste große, prospektive, randomisierte Studie aus den USA, der „National Lung Screening Trial“ (NLST) konnte eine Mortalitätsreduktion durch diesen Ansatz zeigen. Ob die Methode allerdings in der täglichen Praxis ebenfalls eine Reduktion der Sterblichkeit am Lungenkrebs bewirken würde, ist unklar, da viele Aspekte die Übertragbarkeit der amerikanischen Studienergebnisse in die klinische Routine in Deutschland beeinflussen können. Daneben ist die Niedrigdosis-CT asymptomatischer Raucher nach der aktuell noch geltenden Röntgenverordnung in Deutschland nicht zulässig.

Dieses Themenheft versucht, den Leser über alle relevanten Aspekte zu informieren, die im Zusammenhang mit Überlegungen zur Einführung einer Lungenkarzinomfrüherkennung mit Niedrigdosis-CT berücksichtigt werden müssen. Theegarten und Hager stellen zunächst die Pathologie des Lungenkarzinoms vor, um zu verdeutlichen, warum die Heilung durch Früherkennung vom histologischen und biologischen Typen des Lungenkarzinoms abhängig ist. Becker und Delorme erläutern die Voraussetzungen für ein erfolgreiches Screening, weil eben nicht „gut gemeint“ auch „gut gemacht“ bedeutet. Unkritischer Einsatz der Niedrigdosis-CT bei asymptomatischen Rauchern kann schnell mehr schaden als nutzen! Von Stackelberg und Kauczor fassen die bisherigen Ergebnisse der Studien zu Röntgenthorax und Niedrigdosis-CT zusammen – auch diejenigen, die keinen Vorteil durch Niedrigdosis-CT-Screening ergeben haben.

Ein wesentliches Thema bei allen Überlegungen zur Früherkennung von Lungenkrebs ist der Aspekt, die richtigen Risikopersonen zu untersuchen, also diejenigen, bei denen die Wahrscheinlichkeit einen Tumor zu finden und dann durch geeignete Therapie auch zu heilen, den großen Aufwand und die Strahlenexposition wiederholter CT-Untersuchungen rechtfertigt. Die Daten zu dieser Risikostratifizierung werden von Beer und Prosch dargelegt.

Da nicht jeder gefundene Rundherd ein frühes Karzinom darstellt, würde eine unkritische, z. B. histologische Klärung, jedes auffälligen Befundes mehr Schaden als Nutzen anrichten. Wormanns erläutert daher, welches weitere Vorgehen bei welchem Befund erforderlich ist, um einerseits maligne Tumoren möglichst früh zu erkennen und zu behandeln und andererseits Biopsien oder Operationen wegen gutartiger Veränderungen zu vermeiden.

Neben dem Zigarettenrauchen als ganz überwiegender Ursache von Lungenkrebs gibt es seltenere Ursachen. Bei Arbeitnehmern, die aufgrund einer beruflichen Asbestexposition ein großes Risiko für die Entwicklung von Lungenkarzinomen aufweisen, besteht aufgrund einer besonderen Fürsorgepflicht der Gesellschaft eine besondere Situation. Hofmann-Preiss und Rehbock erläutern die Besonderheiten der Bildgebung und die vorhandenen Früherkennungsprogramme bei diesen Personen.

Wir, die Herausgeber, hoffen, dass dieses Themenheft dazu beiträgt, die verschiedensten Aspekte im Zusammenhang mit der Früherkennung von Lungenkrebs durch Niedrigdosis-CT besser zu verstehen.

Ihre

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Prof. Dr. Stefan Diederich

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Prof. Dr. Helmut Prosch

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Prof. Dr. Christian Herold