Risikofaktoren für Lungenkarzinome

Lungenkarzinome gehören noch immer zu den prognostisch ungünstigsten Malignomen. Als Hauptrisikofaktor für die Entwicklung von Lungenkrebs ist bereits seit Mitte des letzten Jahrhunderts der aktive und auch passive Tabakrauchkonsum bekannt. Als weitere Risikofaktoren sind „chronic obstructive pulmonary disease“ (COPD), die idiopathische pulmonale Fibrose (IPF) [3] bzw. andere Lungenfibrosen, Lungenkrebs in der Familienanamnese sowie beruflich bzw. durch andere Ursachen bedingte Expositionen gegenüber Asbestfaserstaub, Quarzstaub, ionisierende Strahlung, Arsenverbindungen, Dichlordimethyether, Zinkchromat, Dichlordiethylsulfid, Nickel und seine Verbindungen sowie Pyrolyseprodukte aus organischem Material, Beryllium und Kadmiumverbindungen [12] gesichert. Doll und Peto [8] schätzten bereits 1981, dass ca. 4 % aller Krebstodesfälle und ca. 15 % der Lungenkrebstodesfälle von Männern auf berufliche Expositionen zurückzuführen sind. Aktuell geht man davon aus [23], dass 5–7 % aller neu diagnostizierten Lungenkrebsfälle durch Asbest verursacht sind.

Asbestexposition und Lungenkarzinome

Selikoff et al. [27] haben erstmals 1964 an einer Gruppe von Isolierern, die beruflich bis zu 20 Jahre asbestfaserexponiert waren, eindrucksvoll gezeigt, dass die Exposition gegenüber Asbest eine bedeutende Rolle bei der Entstehung von Lungenkarzinomen spielt. Es wurde nachgewiesen, dass die Zahl der in der Gruppe der Isolierer aufgetretenen Todesfälle durch Lungenkarzinome unabhängig vom Rauchverhalten 6,8-mal höher lag, als in der Allgemeinbevölkerung zu erwarten war. Daraus folgerten die Autoren zu diesem Zeitpunkt, dass ein multiplikatives Risiko für die Entstehung eines Lungenkarzinoms bei Exposition gegenüber Asbest besteht. In dieser Studie konnten keine vollständigen Daten zum Rauchverhalten erhoben werden. Selikoff et al. kamen jedoch zu dem Schluss, dass die erhöhte Mortalität an Lungenkarzinomen nicht alleine durch das Rauchverhalten des Kollektivs bedingt sein konnte. Diese Ergebnisse wurden von Markowitz et al. [20] bestätigt, die einen Teil dieses Kollektivs weiter beobachteten.

In der Gruppe der Nichtraucher war im weiteren Verlauf nach 28 Jahren bei asbestexponierten Arbeitnehmern eine 3,6-fach erhöhte Mortalität an Lungenkrebs gegenüber der nicht asbestexponierten Kontrollgruppe zu beobachten. In der Gruppe der Raucher lag die Mortalitätsrate bei asbestexponierten Arbeitnehmern bei 14,4 % gegenüber 10,3 % in der nicht asbestexponierten Vergleichsgruppe. Das Vorliegen einer Asbestose erhöhte das Risiko sowohl bei Rauchern als auch bei Nichtrauchern. Markowitz et al. gehen für Raucher aufgrund ihrer Daten von einem überadditiven Risiko aus, durch Asbestfaserexposition an Lungenkrebs zu erkranken.

Berufskrankheitendokumentation

In der seit 1975 durch die gewerblichen Berufsgenossenschaften geführten Berufskrankheitendokumentation (BK-DOK), wird jede Anzeige auf Verdacht einer Berufskrankheit – unabhängig, von welcher Stelle diese Meldung erstattet wird – mit der gesamten weiteren Entwicklung des Falls festgehalten. Ab dem Berichtsjahr 1978 wurden diese Daten ausgewertet. Bestandteil der Dokumentation sind auch Angaben zur medizinischen Manifestation der Erkrankung. Dadurch wurde eine gezielte Auswertung der Krebserkrankungen möglich [4]. Hierbei zeigte sich, dass von allen in den Jahren 1978–2010 in Deutschland als Berufskrankheit anerkannten Krebserkrankungen 49,5 % Lunge und Bronchien betrafen (Tab. 1).

Tab. 1 Berufskrankheiten mit Entwicklung von Lungenkrebs im Berichtszeitraum 1978–2010. (Modifiziert nach Butz [4])

Insgesamt wurden 20.067 Lungenkrebserkrankungen als Berufskrankheit anerkannt. Als auslösendes Agens überwiegt die Exposition gegenüber Asbest und ionisierender Strahlung bei Weitem: 70 % der beruflich verursachten Lungenkrebserkrankungen wurden durch Asbest, knapp 20 % durch ionisierende Strahlung verursacht. Die mittlere Expositionsdauer gegenüber Asbest betrug 20 Jahre, gegenüber ionisierender Strahlung 13 Jahre. Die mittlere Latenzzeit vom Expositionsbeginn bis zur Diagnose der Tumorerkrankung betrug bei asbestfaserbedingtem Lungen- oder Kehlkopfkrebs (BK 4104) 37 Jahre, bei malignen Mesotheliomen (BK 4105) 38,4 Jahre und bei ionisierender Strahlung (BK 2402) 43 Jahre.

Asbestfaserbedingte Erkrankungen

Die von Coenen und Schenk [6] getroffene Annahme zum zeitlichen Verlauf des Auftretens asbestfaserbedingter Erkrankungen, die einen Anstieg der Erkrankung an malignen Mesotheliomen und asbestfaserbedingten Lungen- und Larynxkarzinomen bis zum Jahr 2014 bei einem Plateau bis ca. 2020 prognostizierten, hat sich grundsätzlich bestätigt, bzgl. der tatsächlich auftretenden Zahl der Erkrankungen wurde sie nach der deutschen Wiedervereinigung sogar übertroffen. Zum Zeitpunkt der Diagnose des Lungenkarzinoms waren ehemals asbestexponierte Arbeitnehmer mit knapp 67 Jahren jünger verglichen mit 71,5 Jahren bei Arbeitnehmern, die gegenüber ionisierender Strahlung exponiert waren. Über 80 % der gegenüber Asbest bzw. ionisierender Strahlung exponierten Arbeitnehmer verstarben im Berichtszeitraum an ihrem Tumorleiden. Im Mittel starben die Erkrankten 2 Jahre nach Diagnosestellung (Tab. 1). Bei Lungenkrebserkrankungen ergaben sich bzgl. Altersverteilung und Mortalität in diesem Kollektiv im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung keine signifikanten Unterschiede. Dieses legt nahe, dass die Tumorerkrankung bei asbestexponierten Arbeitnehmern, wie auch in der Allgemeinbevölkerung, überwiegend erst im symptomatischen Stadium erkannt wurde. Aus der BK-DOK [4] ist nicht ersichtlich, wie hoch der Prozentsatz der Arbeitnehmer war, der an der Vorsorge teilgenommen hat, auch liegen keine Angaben zur Expositionshöhe und zu den Rauchgewohnheiten vor.

In der Allgemeinbevölkerung ist seit Ende der 1990er Jahre in Deutschland wie auch in USA bei Männern ein Rückgang der Erkrankungsrate an Lungenkarzinomen um ca. 20 % zu beobachten, gleichzeitig besteht im Gegensatz zu den USA in Deutschland ein Anstieg der Lungenkrebserkrankungen um ca. 30 % bei Frauen. Im Gegensatz zur Allgemeinbevölkerung hat aber der Anteil berufsbedingter Lungenkrebserkrankungen, die weit überwiegend bei Männern auftreten, nicht in gleicher Weise abgenommen. Bei asbestfaserbedingten Lungenkarzinomen sind seit Mitte der 1980er Jahre zunächst ansteigende, im Verlauf nach der deutschen Wiedervereinigung auf gleichem Niveau stagnierende Erkrankungsraten zu verzeichnen (Abb. 1). Auch die Anzahl der Todesfälle, die durch asbestbedingte Malignome verursacht wurden, bleibt konstant.

Abb. 1
figure 1

Anerkannte Berufskrankheiten (BK) 4104 und 4105, Verlauf in den Jahren 1978–2013. BK 4104: Lungen- oder Kehlkopfkrebs in Verbindung mit Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose), in Verbindung mit durch Asbeststaub verursachten Erkrankungen der Pleura oder bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Asbestfaserstaubdosis am Arbeitsplatz von mindestens 25 Faserjahren (25 × 106 ([Fasern/m3] × Jahre)). BK 4105: durch Asbest verursachtes Mesotheliom des Rippen-, Bauchfells oder des Perikards. Datenbasis: Bericht Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit 2010 – 2012 – 2013 (Bundesministerium für Arbeit und Soziales)

Lungenkrebsfrüherkennung

Randomisierte Studien zur Lungenkrebsfrüherkennung in asbestexponierten Kollektiven gibt es bis heute nicht. Nach einer kritischen Sichtung der Literatur im Rahmen der Aktualisierung der Helsinki-Kriterien 2014 [23] wurden insgesamt 12 Publikationen zur Lungenkrebsfrüherkennung bei asbestexponierten Kollektiven aus den Jahren 1988–2009 aufgenommen. Die Studien differieren hinsichtlich der Einschlusskriterien deutlich, dies betrifft nicht nur das Alter der Probanden und die Rauchgewohnheiten, auch die Beschreibung der Asbestexposition ist meist vage und zwischen den Studien nicht konsistent. Lediglich in einer Studie wurde eine Untergrenze der Asbestexposition als Ausschlusskriterium benannt [5]. Ebenfalls nur in einer Studie wurde eine Faserjahrkalkulation vorgenommen [21]. Bezogen auf die Anzahl der Probanden wurden in den Studien zwischen 0,7 und 4,2 % Lungenkarzinome gefunden (Tab. 2). Neben den unterschiedlichen Einschlusskriterien ist dies wohl auch durch differente Definitionen positiver Befunde und deutlich unterschiedliche gerätetechnische Voraussetzungen der eingesetzten Computertomographen und damit unterschiedliche Untersuchungsprotokolle zu erklären.

Tab. 2 Früherkennung von Lungenkarzinomen mit CT in asbestexponierten Kollektiven [15]. (Modifiziert nach Oksa et al. [23])

Die Anzahl der Probanden ist nicht groß, es gibt in den Studien keine Kontrollgruppen und nur limitierte Daten zur Mortalität im Follow-up. Aus den vorliegenden Daten ist aufgrund dieser Tatsachen nur eine schwache Evidenz für die Effektivität eines Lungenkarzinomscreenings in asbestexponierten Kollektiven abzuleiten. Oksa et al. [23] kommen aber, wie auch Ollier et al. [24], zu der Aussage, dass nach heutiger Evidenzlage durch das überadditive Risiko von Asbestexposition und Rauchen in asbestexponierten Kollektiven mit Tabakrauchkonsum durch Screeninguntersuchungen mit LDCT Lungenkarzinome in frühen und damit potenziell kurablen Stadien in zumindest gleichem Umfang wie bei starken Rauchern alleine erkannt werden. Die Autoren empfehlen, derzeit als Einschlusskriterium zu Screeninguntersuchungen bei asbestexponierten Arbeitnehmer die Kriterien der NLST-Studie (National Lung Screening Trial) anzuwenden. Sie weisen jedoch drauf hin, dass auch eine hohe Asbestfaserexposition alleine gegebenenfalls als Einschlusskriterium herangezogen werden sollte. Ausdrücklich weisen die Autoren drauf hin, dass der gesamte Prozess des Screenings sowohl hinsichtlich der Durchführung als auch der Datenauswertung und Qualitätskontrolle zentral gesteuert werden und die durchführenden Einheiten einheitlich geschult werden sollten.

Arbeitsmedizinische Vorsorge bei ehemals asbestexponierten Arbeitnehmern

In den 1970er Jahren wurden unter Federführung der DGUV (damals HVBG) und unter Mitwirkung aller relevanten arbeitsmedizinischen Organisationen erstmals einheitliche Grundsätze (sog. G‑Grundsätze; ehemalige Asbestexposition G1.2) zur qualitätsgesicherten Durchführung von Vorsorgeuntersuchungen formuliert. Die Diagnostik umfasste eine Anamnese einschließlich Arbeitsanamnese, eine körperliche Untersuchung, eine Spirometrie sowie eine konventionelle Thoraxröntgenuntersuchung (p. a.), die nach der International-Labour-Organization(ILO)-Staublungenklassifikation kodiert wurde. Dieses Konzept wurde primär entwickelt, um klinisch relevante Berufskrankheiten frühzeitig zu diagnostizieren, ggf. die betroffenen Personen „aus dem Staub“ zu nehmen und staubmindernde Präventivmaßnahmen an den Arbeitsplätzen durchzuführen. Es war primär nicht das Ziel dieser Präventionsmaßnahme, bei asbestexponierten Arbeitnehmern Lungenkarzinome oder Pleuramesotheliome früh zu erkennen.

In Deutschland bestanden aufgrund erster Ergebnisse bereits 1998 für asbestexponierte Kollektive Konzepte, die Computertomographie in der Vorsorge einzusetzen. Es gab Vorschläge für eine stärkere Ausrichtung der Vorsorgestrategie am Erkrankungsrisiko [16]. Kritiker bemängelten aber, dass wegen des Fehlens randomisierter Studien der Nachweis einer Mortalitätsreduktion nicht erbracht war.

Eine prospektive Kohortenstudie zur Früherkennung asbestbedingter Erkrankungen (Asbestos Surveillance Program Aachen, ASPA) wird seit 2002 in Deutschland durchgeführt. Dabei wurden 8632 ehemals asbestexponierte Probanden aus der energieversorgenden Industrie (durchschnittlich 58,8 Faserjahre) mit einem differenzierten Vorsorgeprogramm untersucht [10]. In einer kleinen Subgruppe mit hohem Lungenkrebsrisiko wird in jährlichen Abständen u. a. ein LDCT durchgeführt. Die Prävalenz für Lungenkrebs lag in dieser hochselektierten Gruppe bei 4,28 %. Fünf von 8 Fällen befanden sich bei Erstdiagnose im Stadium I [7]. Die intermittierende Bestimmung der Biomarker Mesothelin und Osteopontin erbrachte keinen zusätzlichen Gewinn bzgl. der Früherkennung für ein Mesotheliom oder Lungenkrebs [11]. Auch der Einsatz der Analyse von Zellen im induzierten Sputum erbrachte keinen eindeutigen zusätzlichen Nutzen in dieser Gruppe.

Angebot in der erweiterten nachgehenden Vorsorge

Basierend auf den Ergebnissen der NLST-Studie und der Empfehlungen großer medizinischer Fachgesellschaften und Organisationen hat die DGUV 2013 beschlossen, für ehemals asbestexponierte Versicherte mit einem besonders hohen Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken, das bisherige Angebot der nachgehenden Vorsorge um das Angebot einer LDCT-Untersuchung zu erweitern. Gestützt wurde diese Entscheidung durch die Aussagen des Helsinki-Reports 2014 [23].

Die DGUV hat 2013 eine Umsetzungsgruppe eingerichtet, die mit Vertretern aus Medizin und Wissenschaft sowie der Unfallversicherungsträger besetzt ist. Ihre Aufträge sind die Ausarbeitung und Vorbereitung der notwendigen Rahmenbedingungen des Verfahrens einschließlich eines Case-Managements sowie die wissenschaftliche Begleitung dieses Angebots.

Als Einschlusskriterien in die erweiterte nachgehende Vorsorge wurden übereinstimmend mit den Empfehlungen internationaler Fachgesellschaften ein Alter ≥55 Jahre, Rauchgewohnheiten ≥30 Packyears sowie eine Expositionsdauer von mindestens 10 Jahren und ein Expositionsbeginn vor 1985 gewählt [31]. Maßgebend waren zunächst bewusst die Kriterien der NLST-Studie, da hier erstmals eine Mortalitätsreduktion gezeigt wurde und zu erwarten ist, dass aufgrund der mindestens überadditiven Wirkung von Rauchgewohnheiten und Asbestexposition [20] die Ergebnisse positiver als in der NLST-Studie [1] sein werden. Die betroffenen Arbeitnehmer werden einmal jährlich über die Gesundheitsvorsorge der Unfallversicherungsträger (GVS) oder den zuständigen Unfallversicherungsträger eine Einladung zu einem ärztlichen Beratungsgespräch erhalten. Der betreuende Arbeitsmediziner wird in diesem Gespräch mit dem Arbeitnehmer Vor- und Nachteile der LDCT-Untersuchung in seinem individuellen Fall eingehend erörtern. Der Arbeitnehmer entscheidet auf Basis des Beratungsgesprächs, ob er das erweiterte Vorsorgeangebot mit der LDCT-Untersuchung annehmen möchte, bei der„klassischen“ Vorsorgeuntersuchung nach G 1.2 bleiben möchte oder ggf. auch auf eine Vorsorgeuntersuchung ganz verzichtet. Geplant ist, diese erweiterte Vorsorgeuntersuchung nach der Pilotphase flächendeckend und wohnortnahe für die dem Hochrisikokollektiv angehörenden Arbeitnehmer in Deutschland anzubieten. Das bedeutet, dass die LDCT-Untersuchungen nach Ende der Pilotphase auch in Institutionen der allgemeinen Krankenversorgung durchgeführt werden könnten.

Für Radiologen notwendige Kenntnisse

Um dem nach Artikel 3 des Grundgesetzes für die Verwaltungen verpflichtenden Gleichbehandlungsgrundsatz zu genügen und damit für alle Arbeitnehmer eine gleichbleibende Versorgung zu gewährleisten, sind mehrere Voraussetzungen zu erfüllen.

Einheitliches Untersuchungsprotokoll

Die LDCT-Untersuchungen müssen auch bei unterschiedlichsten durchführenden Institutionen eine gleichbleibende und reproduzierbare Qualität aufweisen. Dazu ist erforderlich, dass alle untersuchenden Institutionen ein bzgl. der dokumentierten Bildrekonstruktionen einheitliches CT-Protokoll anwenden. Dieses Protokoll wird nach dem Body Mass Index (BMI) individuell auf den einzelnen Probanden angepasst und muss für jeden Scanner individuell implementiert werden. Für normalgewichtige Probanden (BMI ≤25 kg/m2 nach WHO 2000) liegt die effektive Dosis nach der International Commission on Radiological Protection (ICRP) 103 unter 1 mSv. Um das Protokoll anwenden zu können, sind Mehrzeilen-CT-Geräte ≥16 Zeilen erforderlich (aktuelles Untersuchungsprotokoll s. www.ag-draue.drg.de).

Flächendeckende Qualitätssicherung

Damit auch bei flächendeckendem Einsatz der LDCT eine zeitnahe Qualitätssicherung zumindest bzgl. der applizierten Dosis und der Bildrekonstruktionen gewährleistet ist, wurde vereinbart, die technischen Daten der Untersuchungen unmittelbar nach ihrer Durchführung online in eine gemeinsame Datenbank einzugeben, die diese auf ihre Plausibilität überprüft. Im Falle des Nichteinhaltens, insbesondere bei erkennbaren Dosisüberschreitungen (bezogen auf den BMI), wird der Ersteller unmittelbar in Kenntnis gesetzt.

Strukturierte Befundung

Die invasive Abklärung muss soweit wie möglich auf hochwahrscheinlich maligne Befunde beschränkt und die Strahlenexposition des Einzelnen dabei so niedrig wie möglich gehalten werden. Dazu sollen ein einheitliches (zentrales) Computer-aided-diagnosis(CAD)-System und zur Größenbestimmung ein einheitliches Volumetriesystem eingesetzt werden. Die Dignitätsbestimmung erfolgt strukturiert mithilfe eines Rundherdbogens in Anlehnung an das Lung-RADS-System (Lung Reporting and Data System des ACR [2]). Im Gegensatz zu Früherkennungsuntersuchungen bei Rauchern sind aus versicherungsrechtlichen Gründen auch benigne asbestverursachte Lungen- oder Pleuraveränderungen zu dokumentieren, um unabhängig vom Nachweis oder Ausschluss eines Lungenkarzinoms ggf. eine ärztliche Verdachtsanzeige auf das Vorliegen einer Berufskrankheit erstatten zu können. Auf Grundlage der DGUV-Grundsätze werden die Untersuchungen deshalb mithilfe der international eingesetzten ICOERD-Klassifikation (International Classification for Occupational and Environmental Respiratory Diseases [14]) befundet.

Umgang mit auffälligen Befunden

Suspekte Befunde, die nicht unmittelbar einer Intervention bedürfen, sollen nach einem gleichbleibenden Workflow aufgearbeitet werden. Maßgeblich hierfür ist die jeweils aktuelle Version der National-Comprehensive-Cancer-Network(NCCN)-Leitlinie „Lung Cancer Screening“ (derzeit NCCN Guideline Version 01.2016 [22]). Die invasive Abklärung von Befunden erfolgt, wie auch die weitere Therapie, in hierfür zertifizierten Zentren.

LDCT-Untersuchungen in Österreich und der Schweiz

In Österreich wird eine erweiterte Vorsorgeuntersuchung mit LDCT bei ehemals asbestexponierten Arbeitnehmern schon seit 2004 angeboten [19]. Auch in der Schweiz hat die Unfallversicherung (SUVA) ein Früherkennungsprogramm verabschiedet, da mit der Anwendung des LDCT das Sterblichkeitsrisiko gesenkt werden kann und der Nutzen einer solchen Früherkennungsmaßnahme in den nächsten 10 bis 15 Jahren aufgrund der bekannten Latenzzeit am höchsten ist. Begründet wurde die Einführung auch damit, dass das Risiko bei Exposition gegenüber Asbest im Gegensatz zum Rauchen nicht selbst gewählt ist [28]. In beiden Ländern werden vergleichbare Vorgehensweisen bzgl. Diagnostik und Workup angewendet.

Fazit für die Praxis

  • Nach heutiger Evidenzlage besteht für Arbeitnehmer mit hoher Asbestfaserexposition und Tabakrauchkonsum ein überadditives Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken.

  • Die DGUV hat die radiologischen Untersuchungen der nachgehenden Vorsorge für diese Arbeitnehmer um die Möglichkeit einer LDCT erweitert. Im Unterschied zu bisherigen Screeningstudien wird die CT-Untersuchung flächendeckend angeboten werden.

  • Um trotzdem eine gleichbleibende Qualität zu gewährleisten, wurde für die erweiterte nachgehende Vorsorge ein bundesweit einheitlich anzuwendendes Niedrigdosis-CT-Protokoll entwickelt und ein Qualitätssicherungsprogramm implementiert, das neben einer strukturierten Befundung nach ICOERD zum Nachweis oder Ausschluss einer Berufskrankheit und einem einheitlichen Umgang mit auffälligen Befunden u. a. die Onlineeingabe der dosisrelevanten Parameter erfordert.

  • Sollten bzgl. der Dosis Unregelmäßigkeiten auftreten, wird die betreffende Institution umgehend benachrichtigt.