Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

bei Besuchen in größeren radiologischen Forschungszentren im In- und Ausland wird man vermehrt mit der Aussage konfrontiert, dass das Labor X gerade seine kumulative Magnetfeldstärke auf 20 Tesla oder mehr erhöht hat. Hinter dieser launig gemeinten Summation der magnetischen Feldstärken (nein, man kann die Felder nicht so einfach addieren) steckt der Wunsch nach immer höheren Feldstärken, der aus der fundamentalen physikalischen Einsicht resultiert, dass mit steigender Feldstärke (eigentlich: magnetischer Induktion B 0) das alles entscheidende Signal-zu-Rausch-Verhältnis (SNR) ungefähr linear ansteigt. Die Magnetresonanztomographie ist aber grundsätzlich eine signalarme Bildgebungstechnik – man sieht dies schon daran, dass alle Bilder in einer abgeschirmten Kabine aufgenommen werden müssen, um unerwünschten Störsignale fernzuhalten. Die Erhöhung der Feldstärke ist also ein probates Mittel, um das SNR zu erhöhen und damit die Qualität der MR-Bilder zu verbessern.

Der Trend zu immer höheren Feldstärken hält schon längere Zeit an. War noch vor einer Dekade 1,5 Tesla die höchste Feldstärke im klinischen Einsatz, hat sich die Feldstärkeskala seit einigen Jahren mehr und mehr zu 3 Tesla verschoben. Der letzte Schritt in dieser Entwicklung sind experimentelle Ultrahochfeld(UHF)-MR-Systeme mit 7-Tesla-Magneten, von denen weltweit ungefähr 60 Geräte installiert sind. Allerdings stellen 7 Tesla keine prinzipielle Grenze der Magnetfeldgigantomanie dar – so existieren bereits mehrere 9,4-Tesla-Systeme, und MR-Systeme mit 10,5 (Minneapolis) und 11,7 Tesla (Paris) befinden sich im fortgeschrittenen Planungsstadium. Bei dieser Inflation der Feldstärkewerte stellt sich natürlicherweise die Frage, ob dieses mehr an technischem Aufwand auch mit einem entsprechenden Zugewinn an klinisch-diagnostischer Information verbunden ist.

In der Tat ist die physikalische Bilanz erst einmal ernüchternd. Da das SNR „nur“ linear mit B 0 ansteigt, lässt sich beispielsweise die räumliche Auflösung bei einer Steigerung der Feldstärke von 3 auf 7 T nur um 26% steigern (mathematisch: die Kantenlänge eines Voxels lässt sich um einen Faktor

(Equ1)

reduzieren). Betrachtet man den technischen und finanziellen Aufwand, der für die Installation und den Betrieb eines 7-Tesla-Tomographen notwendig ist, erscheint dieser Auflösungsgewinn marginal.

Allerdings ist es gerade die isotrope Verkleinerung des Bildelements, die Strukturen im Submillimeterbereich erst sichtbar macht. Bei der räumlichen Auflösung ist die MR-Bildgebung selten ehrlich: in der Bildebene werden zwar Auflösungen von 300–500 μm erzielt, allerdings beträgt die Schichtdicke oft 3–5 mm, also genau eine Größenordnung mehr. Die „hochaufgelösten“ MR-Bilder bei 1,5 oder 3 T sind dann in Wirklichkeit einer extremen Verlängerung des Voxels in der dritten Dimension zu verdanken. Die dicken Bildschichten maskieren aber kleine Strukturen oft, und eine Betrachtung der Daten aus anderen Richtungen ist kaum möglich. Bei hohen Feldstärken ist es hingegen möglich, isotrope Voxel zu realisieren. Das mehr an räumlicher Information will aber auch kodiert sein, was typischerweise in der MRT eine Verlängerung der Messzeit bedeutet. Möchte man hier sparen, bieten sich Beschleunigungsverfahren wie die parallele Bildgebung an, bei denen man zwar weniger Aufnahmezeit benötigt, aber auch an SNR einbüßt. Dieses scheinbar simple Beispiel zeigt eindrucksvoll, wie komplex die Optimierung von Bildgebungsprotokollen für die Hochfeld-MRT sein kann.

Neben der Auflösungsverbesserung bietet die UHF-MRT aber noch viele andere Vorteile, die beispielsweise aus den veränderten Kontrasten oder der stärker werdenden Magnetfeldverzerrung resultieren. Den Vorteilen stehen erhebliche technische Herausforderungen gegenüber, die eine einfache Übertragung der momentan verwendeten klinischen MR-Verfahren in den Hochfeldbereich erschweren. Die Artikel in diesem Ultrahochfeld-MRT-Themenheft sollen Ihnen helfen, sich in diesem komplexen Themengebiet der UHF-MRT zurechtzufinden. Das Heft bietet eine Übersicht über die technischen Entwicklungen der UHF-MRT, die technologischen Möglichkeiten und Herausforderungen sowie die möglichen klinischen Anwendungsfelder im Bereich der Onkologie, der Kardiologie und bei neurofunktionellen Untersuchungen. Wir möchten uns ganz herzlich bei allen Autoren für ihre hervorragenden Artikel bedanken.

Wir hoffen, dass Sie durch die Beiträge in diesem Heft angeregt werden, die Diskussion um die UHF-MRT kritisch mit zu verfolgen, und selber eine Antwort auf die wohl sehr individuell zu beantwortende Frage zu finden: Hilft viel B 0 wirklich viel?

Ihre

Prof. Dr. Stefan Delorme

Prof. Dr. Michael Bock