Zusammenfassung
Die genauere Bestimmung von Leitfunktionen soll das früher zum strukturdynamischen Ansatz Gesagte ergänzen, korrigieren und zum Abschluss bringen. Auf vormenschlichen Entwicklungsstufen geht es um die autopraktischen Antriebe der Lebensbewegung und ihre instinktive Hemmung und Aktivierung. Auf der menschlichen Ebene hat sich die Richtung der Antriebe differenziert. Ihre Autopraxis als das bewegende Prinzip ist geblieben. Hemmung und Aktivierung sind in die Entwicklung einer Innenwelt und ihres strukturellen Hintergrundes einbezogen worden und haben sich aus der instinktiven Abhängigkeit gelöst. An der Funktion der Aktivierung hat sich wenig geändert. Hemmung hat sich in die komplexe Funktion der Desaktualisierung ausgeweitet; sie greift als steuerndes Prinzip in das autopraktische Geschehen ein. Abschließend werden mit einem Exkurs in die Willensthematik die Funktionen von Autopraxis, Desaktualisierung und Aktivierung in ihrem Zusammenwirken erläutert.
Summary
A more precise definition of control functions should serve to supplement, correct, and complete what has previously been written about the structural dynamic approach. Prehuman stages of development involve autopractical drives and their instinctive inhibition and activation. The human stage involves a differentiation in the direction of drives. A human being’s own autopractice remains the moving force, the moving principle. Inhibition and activation have become incorporated in the development of interiority and its structural basis and have freed themselves from instinctual dependency. Little has changed regarding the function of activation. Inhibition has made its way into the realm of the function of derealization; it intervenes as a regulatory principle in human autopractice. The paper concludes with a look at the topic of the will in which it discusses the interplay among the functions of human autopractice, derealization, and activation.
Notes
R. Erkwoh in einem kommentierenden Brief vom 26.11.2003
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Janzarik, W. Autopraxis, Desaktualisierung, Aktivierung und die Willensthematik . Nervenarzt 75, 1053–1060 (2004). https://doi.org/10.1007/s00115-004-1760-1
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