Die Behandlung kleiner Knochendefekte (< 1 cm) ist durch den technologischen Fortschritt bei vielen Patienten sehr gut zu realisieren. Große und segmentale Knochendefekte stellen trotz zahlreicher Innovation in der Chirurgie weiterhin eine große Herausforderung für Patienten und Behandler dar. Neben den Charakteristika der ossären Destruktion spielen die Weichteile (Periost, Gefäßversorgung, Muskulatur, Fasziengewebe und Haut) eine bedeutende Rolle. Critical-size-bone-Defekte sind definiert als Defekte mit einer segmentalen Ausdehnung vom 2‑ bis 3fachen Diaphysendurchmesser bzw. bei nichtsegmentalen Defekten mit Verlust von über 50 % Umfangverlust des Knochens. Je nach Lokalisation am Knochen können diese Defekte erheblich in der Größe variieren. Ursächlich für die Entstehung dieser großen/kritischen Knochendefekte sind hauptsächlich Verletzungen, Verletzungsfolgen, Infektionen oder Tumoren. Neben den Herausforderungen in der Behandlung für Patient*innen und Ärzt*innen stellen diese Fälle zusätzlich eine enorme sozioökonomische Belastung mit Kosten bis 300.000 € pro Fall dar.

Große und segmentale Knochendefekte stellen in der Chirurgie weiterhin eine große Herausforderung dar

Durch den technologischen Fortschritt stehen heute unterschiedliche Verfahren zur Rekonstruktion großer knöcherner Defekte zur Verfügung. Vor jeder erfolgreichen Therapie steht jedoch eine gründliche Diagnostik mit anschließender detaillierter Therapieplanung. Die Behandlung der knöchernen Defekte muss individuell im Einklang mit der Vaskularisierung, den Weichteilen sowie einer möglicherweise bestehenden bakteriellen Kontamination interdisziplinär und multiprofessionell geplant werden.

Die Behandlung knöcherner Defekte muss individuell geplant werden

Zusätzlich sollten bereits bei der Therapieplanung Aspekte der Rehabilitation besprochen werden. Hier wird die Etablierung von Extremitätenboards analog zu klinisch sehr erfolgreichen Tumorboards einen wesentlichen Beitrag bei der Behandlung dieser Patienten leisten. Gerade die interdisziplinäre Diskussion stellt einen Mehrwert für unsere Patient*innen dar.

Zur Therapie großer knöcherner Defekte verfügen wir über verschiedene Techniken. Für kritische Knochendefekte haben sich in der Vergangenheit das Masquelet-Verfahren sowie Techniken des Segmenttransports bewährt. Diese haben gerade in der modernen Unfallchirurgie eine zunehmende Bedeutung. Neben den klassischen und bewährten Techniken stellen die 3D-Planung, neue Materialien, Techniken des 3D-Drucks sowie die Verwendung individueller patientenspezifischer Implantate (PSI) wesentliche Innovationen in unserem Fach dar.

Die Artikel des Themenhefts sollen Ihnen in der klinischen Routine als wertvolle Unterstützung dienen. Zunächst stellen wir Ihnen die Erfahrungen bei der Etablierung eines interdisziplinären Extremitätenboards an einem Zentrum vor. Im Anschluss fokussieren wir auf die etablierten Verfahren zur Knochenrekonstruktion. Abschließend präsentieren wir in einem Fall den Einsatz neuer Techniken und Materialen (3D-Planung, neue Materialien und PSI) zur gelenkerhaltenden Extremitätenrekonstruktion. Ich hoffe, dass Ihnen die Artikel eine Unterstützung bei diesen herausfordernden Patienten sind, und wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen.

S. Sehmisch