figure a

Seit der Verabschiedung von Harald Tscherne und Leonhard Schweiberer als Schriftleiter der Zeitschrift vor der Jahrtausendwende hat Wolf Mutschler 22 Jahre lang als Schriftleiter die Inhalte der Zeitschrift „Der Unfallchirurg“ wesentlich mitgeprägt. Im Team mit Dieter Nast-Kolb und Christian Krettek wurde das Format der Zeitschrift ohne Bruch mit dem, was die Vorgänger erreicht hatten, weiterentwickelt, sodass „Der Unfallchirurg“ heute unverändert als das führende Organ der deutschsprachigen Unfallchirurgie gelten kann. Wolf Mutschlers Visionen haben nicht allein in der Weiterentwicklung der modernen Unfallchirurgie, sondern auch in der Nachwuchspflege Niederschlag gefunden. Die Begeisterung der jungen Generation von Orthopäden und Unfallchirurgen für eine evidenzbasierte und am Patienten orientierte Medizin wird an der kürzlich publizierten Serie von 82 Fallberichten, dem „Facharzt-Training Orthopädie & Unfallchirurgie“, ablesbar, die entscheidend von Wolf Mutschler mitgestaltet wurde.

Prof. Dr. med. Wolf Mutschler hatte nach dem Studium an der Universität Mainz seine Facharztausbildung an der Chirurgischen Klinik der Universität Ulm aufgenommen, bei Prof. Dr. Caius Burri 1984 habilitiert und die Venia legendi für das Fach Unfallchirurgie erhalten. 1986 wurde er Oberarzt an der Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, 1990 außerplanmäßiger Professor. 1992 wurde er als Lehrstuhlinhaber und Direktor der Abteilung für Unfallchirurgie, Universitätsklinik des Saarlandes, nach Homburg berufen und 1999 schließlich als Ärztlicher Direktor der Chirurgischen Klinik und Poliklinik am Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), Standort Innenstadt, als Nachfolger von Prof. Dr. Leonhard Schweiberer und wirkte dort bis zu seiner Emeritierung 2014. Wolf Mutschlers wissenschaftliches Interesse galt innovativen Themenfeldern wie der Pathophysiologie und den klinischen Algorithmen beim Polytrauma, der Molekularbiologie des Knochen- und Weichteilgewebes mit Fokus auf der Wundheilung und dem Tissueengineering, dem computerunterstützten Operieren, der Osteoporose und der Alterstraumatologie. Mehr als 420 PubMed-gelistete Veröffentlichungen und zahlreiche Preise, Ehrungen und Auszeichnungen, angefangen vom Forumspreis der DGU in 1995 und 1996 bis zum Innovationspreis der DGU und der Verleihung der Dieffenbach-Büste der DGU 2008, die Ehrenmitgliedschaften in der Vereinigung der Bayerischen Chirurgen, der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie und die Berufung als Mitglied der Leopoldina, Halle, charakterisieren den Erfolg von Wolf Mutschler nur unvollständig.

Zeitgleich mit der strategisch wegweisenden Zusammenführung der Fächer Orthopädie und Unfallchirurgie richtete Wolf Mutschler zusammen mit Reiner Gradinger und Hermann Locher 2005 den 1. gemeinsamen Kongress von DGOOC, DGU und BVOU aus. Wolf Mutschler war Gründungsmitglied und von 2002 bis 2009 Vorstand des Instituts für Notfallmedizin und Medizinmanagement an der LMU München und von 2013 bis 2014 Sprecher der gemeinsamen Konferenz der Lehrstuhlinhaber von Orthopädie und Unfallchirurgie und von 1994 bis 2008 Präsident der Indo German Orthopedic Foundation.

Die Lehre im Fach und die Qualität der Weiterbildung lagen Wolf Mutschler besonders am Herzen

Die Lehre im Fach und die Qualität der Weiterbildung lagen Wolf Mutschler besonders am Herzen. Wolf Mutschler war Mitherausgeber einer Reihe von Lehrbüchern, Fragensammlungen für die Facharztvorbereitung und in die Entwicklung der ersten Lehrformate der Akademie für Unfallchirurgie eingebunden; die Inhalte der 8‑teiligen berufsbegleitenden Weiterbildung „Fit after eight“ als Vorbereitung auf die Facharztprüfung hat er wesentlich geprägt und das über 15 Jahre erfolgreiche Format „Von der Idee zur Publikation“ zusammen mit Lutz Claes und Edmund Neugebauer entwickelt.

Wolf Mutschlers Engagement für eine moderne Unfallchirurgie und Orthopädie spiegelt sich in zahlreichen Auslandsaufenthalten seit den 1980er-Jahren in Indien, Nepal, Äthiopien, Kenia und Somaliland wider, wobei er stets neben dem rein operativen Fokus die systematische Lehre und Weiterbildung vor Ort pflegte. Nach seiner Emeritierung 2014 hat sich Wolf Mutschler kontinuierlich und intensiv in Myanmar für fachüberschreitende Themen wie eine strukturierte medizinische Betreuung und Versorgung der Bevölkerung mit sauberem Trinkwasser eingesetzt. Dass er dabei bisweilen gänzlich ohne Telefonnetz und E‑Mail-Anbindung war, hat seinem Engagement als Schriftleiter von Der Unfallchirurg keinen Abbruch getan. Vielmehr hat er die Erfahrungen für die Leser*innen in die Zeitschrift einfließen lassen, z. B. im anschaulichen Leitthema „Unfallchirurgie in Ländern der Dritten Welt“ in Ausgabe 10/2017.

Die langen Jahre der Herausgeberschaft waren geprägt durch einen stetigen inhaltlichen und äußeren Wandel der Zeitschrift, den Wolf Mutschler mit Umsicht und Tatkraft begleitet hat. Sein großes Engagement für zahlreiche spannende Leitthemen und Rubriken wie die Originalien, Kasuistiken, Medizinrecht und den Journal Club hat enorm zur Relevanz der Zeitschrift beigetragen, sodass auch der jüngeren Generation Der Unfallchirurg in einer sich wandelnden Publikationslandschaft ein etablierter Begriff ist. Er war immer präsent, wenn wichtige Entscheidungen anstanden, und sein kluger Rat war uns stets wertvoll. Seinen „Rückzug“ als Schriftleiter hat Wolf Mutschler gut vorbereitet; er hinterlässt ein wohl bestelltes Feld.

Was uns bleibt, ist eine langjährig gewachsene Freundschaft mit einem gänzlich uneitlen Kollegen, dem wir weiterhin verbunden bleiben werden.

Christian Krettek, Thomas Mittlmeier, Anna Sittig