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Ärztliche Schweigepflicht

Medical confidentiality

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Zusammenfassung

Die ärztliche Schweigepflicht ist eine der Grundvoraussetzungen für die auf Vertrauen basierende Arzt-Patient-Beziehung und geht auf den Eid des Hippokrates zurück. Sie ist im Grundgesetz ebenso wie in der Berufsordnung für Ärzte verankert. Bei Verletzung der Schweigepflicht drohen straf- und berufsrechtliche Konsequenzen sowie zivilrechtliche Ansprüche des Betroffenen auf Schadensersatz und Schmerzensgeld. Im klinischen Alltag entstehen immer wieder Situationen, in denen es zu Unsicherheiten bezüglich der Grenzen der Schweigepflicht, des Schweigerechts und der Verpflichtung zur Offenbarung kommt. Der vorliegende Beitrag erläutert die rechtlichen Grundlagen der ärztlichen Schweigepflicht, des Schweigerechts und der Offenbarungsbefugnis und gibt Hilfestellungen bei kritischen Fragen im klinischen Alltag.

Abstract

Medical confidentiality is a fundamental prerequisite in the patient-physician relationship based on trust and goes back to the Hippocratic oath. It is clearly defined in the German Constitution as well as the medical professional code of conduct. A breach of confidentiality can result in criminal sanctions and professional consequences as well as civil claims for damages and compensation by the affected patients. In routine clinical practice situations repeatedly occur which lead to uncertainty regarding the limits of confidentiality, the right to silence and the obligation to disclosure. The purpose of this article is to explain the legal foundations of medical confidentiality, the right to silence and the obligation to disclosure and to provide practical support for critical questions in routine clinical practice.

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Interessenkonflikt

Gemäß den Richtlinien des Springer Medizin Verlags werden Autoren und Wissenschaftliche Leitung im Rahmen der Manuskripterstellung und Manuskriptfreigabe aufgefordert, eine vollständige Erklärung zu ihren finanziellen und nichtfinanziellen Interessen abzugeben.

Autoren

E.C. Müller: Finanzielle Interessen: forschungsfreie Zeit, finanziert durch Proresearch der Asklepios GmbH. Nichtfinanzielle Interessen: Chirurgisch-Traumatologisches Zentrum, Asklepios Klinik St. Georg, Hamburg. J. Zimmermann: Finanzielle Interessen: Keine. Nichtfinanzielle Interessen: Syndikusrechtsanwalt, Asklepios Kliniken Hamburg GmbH, Rübenkamp 226, 22307 Hamburg. L. Menzdorf gibt an, dass kein finanzieller Interessenkonflikt besteht. Nichtfinanzielle Interessen: angestellter Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Chirurgisch-Traumatologisches Zentrum, Asklepios Klinik St. Georg, Hamburg | Mitgliedschaften: Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU), Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU), Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthesefragen (AO Foundation), EUROSPINE Foundation, Arbeitsgemeinschaft für Arthroskopie (AGA). C.A. Kühne: Finanzielle Interessen: Asklepios Proresearch – Berufsverband Deutscher Chirurgen (Facharztkurse), Medtronic (Workshop Wirbelsäule). Nichtfinanzielle Interessen: Anstellung: Chefarzt Chirurgisch-Traumatologisches Zentrum, Asklepios Klinik St. Georg, Hamburg.

Wissenschaftliche Leitung

Die vollständige Erklärung zum Interessenkonflikt der Wissenschaftlichen Leitung finden Sie am Kurs der zertifizierten Fortbildung auf www.springermedizin.de/cme.

Der Verlag

erklärt, dass für die Publikation dieser CME-Fortbildung keine Sponsorengelder an den Verlag fließen.

Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.

Additional information

Wissenschaftliche Leitung

P. Biberthaler, München

T. Gösling, Braunschweig

T. Mittlmeier, Rostock

CME-Fragebogen

CME-Fragebogen

Wie ist die ärztliche Schweigepflicht gesetzlich geregelt?

Die ärztliche Schweigepflicht ist im Verfassungsrecht, im Strafrecht, im Zivilrecht, in der Berufsordnung und im Arbeitsrecht verankert.

Die ärztliche Schweigepflicht ist durch die Ärztekammern geregelt.

Die ärztliche Schweigepflicht ist nur in der Berufsordnung verankert.

Die ärztliche Schweigepflicht ist nur im Sozialgesetzbuch geregelt.

Die ärztliche Schweigepflicht ist nicht gesetzlich geregelt.

Welche der folgenden Berufsgruppen unterliegt nicht der Schweigepflicht?

Medizinischer Fachangestellte

Heilpraktiker

Studenten (z. B. Famulanten und Studenten im praktischen Jahr)

Rettungskräfte

An der ärztlichen Tätigkeit extern mitwirkende Personen (z. B. EDV-Administratoren)

Wer kann den Arzt von seiner Schweigepflicht entbinden?

Die Polizei

Ein Rechtsanwalt

Die Angehörigen eines Patienten

Nur der Patient selbst oder sein gesetzlicher Betreuer

Die Eltern eines geschäftsfähigen minderjährigen Patienten

Sie behandeln eine 17-Jährige aufgrund eines Pronationstraumas des rechten oberen Sprunggelenks (OSG). Sie halten eine Röntgenaufnahme für indiziert. Die Patientin gibt an, schwanger zu sein, und verweigert die Bildgebung. Dürfen Sie den Eltern (Erziehungsberechtigten) der Patientin von Ihrer Behandlung und der Schwangerschaft berichten?

Der Arzt ist verpflichtet, die Eltern zu informieren (Offenbarungspflicht).

Der Arzt darf die Eltern nur informieren, wenn diese aktiv nachfragen.

Bei Minderjährigen gilt generell keine Schweigepflicht gegenüber den Eltern.

Die Patientin ist geschäftsfähig, und somit gilt gegenüber den Eltern die Schweigepflicht.

Bei Schwangerschaft einer Minderjährigen entfällt die ärztliche Schweigepflicht.

Ein Hepatitis-C-Virus(HCV)-positiver Patient berichtet Ihnen von seiner Infektionskrankheit. Weiter berichtet der Patient, regelmäßig ungeschützten Geschlechtsverkehr mit seiner Partnerin zu haben. Der Patient wünscht nicht, dass seine Partnerin von der Infektion erfährt. Dürfen Sie die Partnerin dennoch informieren?

Sie können Ihre Schweigepflicht unter Berufung auf § 34 StGB bei einer vorliegenden Konfliktkonstellation brechen.

Sie dürfen die Partnerin des Patienten in keinem Fall benachrichtigen.

Sie müssen die Partnerin des Patienten benachrichtigen (Offenbarungspflicht).

Sie dürfen die Partnerin erst benachrichtigen, wenn Ihr Patient verstorben ist.

Sie müssen ihren Patienten polizeilich anzeigen.

Sie behandeln einen geschäftsfähigen 16-Jährigen, der nach einem Fahrradsturz ein bretthartes Abdomen und Bauchschmerzen hat. Der Patient wünscht nicht, dass Sie die Eltern informieren. Als in der Abdomensonographie freie Flüssigkeit nachgewiesen wird und Sie mit dem Patienten eine Laparotomie zur Versorgung der Milzruptur besprechen, lehnt der Patient die Operation ab. Wie gehen Sie vor?

Sie akzeptieren den Patientenwillen, da der Patient geschäftsfähig ist.

Sie lassen den Patienten zwangseinweisen.

Sie kommen ihrer Offenbarungspflicht nach und informieren die Eltern.

Sie informieren das Jugendamt.

Sie operieren den Patienten umgehend auch gegen seinen Willen.

Welche Angaben dürfen Sie ermittelnden Polizeibeamten auch ohne Einwilligung Ihres Patienten machen?

Gegenüber ermittelnden Polizeibeamten besteht keine Schweigepflicht.

An ermittelnde Polizeibeamte dürfen nach § 32 des Bundesmeldegesetzes zur Verfolgung von Straftaten oder zur Aufklärung des Schicksals von Vermissten oder Unfallopfern die Stammdaten weitergegeben werden.

Auch ermittelnden Polizeibeamten gegenüber dürfen keinerlei Auskünfte erteilt werden.

Die Polizeibeamten benötigen einen richterlichen Beschluss, um die Personendaten erfragen zu dürfen.

Sie dürfen ermittelnden Polizeibeamten Angaben zu Person, Verletzungsmuster, Behandlung und voraussichtlichem Entlassungsdatum machen.

Sie erhalten von einem Patienten Hinweise auf eine bereits verübte schwere Körperverletzung. Wie reagieren Sie im Hinblick auf Ihre Schweigepflicht?

Die Kenntnis über eine bereits verübte Straftat entbindet Sie nicht von Ihrer Schweigepflicht.

Sie müssen Ihren Patienten sofort polizeilich anzeigen.

Sie müssen sich zunächst informieren, ob die Tat juristisch verjährt ist. Wenn nicht, ist eine umgehende Anzeige verpflichtend.

Eine Straftat entbindet immer von der Schweigepflicht.

Nur verübte Kapitalverbrechen sind anzeigepflichtig.

Sie behandeln in der Notaufnahme ein Kind mit einem Verletzungsmuster, das auf eine Kindesmisshandlung hindeutet. Was tun Sie?

Die Verletzungen und die Behandlung unterliegen der Schweigepflicht. Sie dürfen keine weiteren Maßnahmen ergreifen.

Nur aus dem Verdacht einer Kindesmisshandlung ergibt sich zunächst kein weiterer Handlungsbedarf.

Bei Kindswohlgefährdung müssen Sie das Gespräch mit den Eltern suchen oder können ggf. das Jugendamt informieren.

Sie müssen bei dem geringsten Verdacht auf eine Kindesmisshandlung umgehend das Jugendamt informieren.

Sie müssen umgehend die Polizei hinzuziehen.

Die Angehörigen eines verstorbenen Patienten wünschen von Ihnen Details der Krankengeschichte und der erfolgten Behandlung. Zu Lebzeiten hat Ihr Patient jedoch eine Auskunftssperre gegenüber seinen Angehörigen ausgesprochen. Was tun Sie?

Nach dem Tod des Patienten können Sie den Angehörigen vollumfänglich Auskunft geben.

Sie dürfen den Angehörigen lediglich Angaben zur Todesursache machen.

Sie dürfen lediglich Angaben zu den Stammdaten machen.

Sie dürfen nur dem Ehepartner oder den leiblichen Kindern Auskunft erteilen.

Sie dürfen weiterhin keine Angaben machen.

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Müller, E.C., Zimmermann, J., Menzdorf, L. et al. Ärztliche Schweigepflicht. Unfallchirurg 122, 719–729 (2019). https://doi.org/10.1007/s00113-019-0702-0

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