FormalPara Erwiderung

Zum Leserbrief von Buschmann C, Tsokos M, Kleber C (2015) Schuss- und Stichverletzungen – Blick über den Tellerrand. Unfallchirurg. doi:10.1007/s00113-015-0036-5

FormalPara Originalbeitrag

Bieler D, Franke AF, Hentsch S et al (2014) Schuss- und Stichverletzungen in Deutschland – Epidemiologie und Outcome. Unfallchirurg 117:995–1004. doi: 10.1007/s00113-014-2647-7

Sehr geehrte Kollegen,

vielen Dank für Ihren Leserbrief. Gerne hätten wir neben der polizeilichen Kriminalstatistik (PKS), die uns nach wie vor geeignet erscheint, einen annähernden Überblick über die deutschlandweite Verwendung von Schusswaffen mit resultierender Körperverletzung mit oder ohne Todesfolge zu gewinnen, weitere Referenzen angeführt. Insbesondere Ihre Arbeit „Schusstodesfälle im Land Berlin von 2000–2009 – eine retrospektive rechtsmedizinische Studie“ ist in diesem Zusammenhang sicherlich mehr als nur erwähnenswert, da sie ähnlich unserer Analyse den suizidalen Kopfschuss als Todesursache herausstellt. Leider war diese Arbeit zum Zeitpunkt der Erstellung unseres Artikels noch nicht publiziert und zeigt sich auch heute nicht Pubmed-gelistet. Weitere rechtsmedizinische Referenzen, die einen Überblick über die deutschlandweite Epidemiologie von Schussverletzungen geben, haben wir auch nach erneuter Pubmed-Recherche nicht gefunden. Wir bitten daher, den zugegeben wissenschaftlich angreifbaren Weg über die polizeiliche Kriminalstatistik zu akzeptieren.

Wir bedanken uns für die Unterstreichung der von uns diskutierten Tatsache, dass aufgrund der Einschlusskriterien für das TraumaRegister DGU® die dargestellten Daten hinsichtlich der absoluten Vollständigkeit eingeschränkt verwertbar sind.

Die Schlussfolgerung, dass „der Großteil dieser Fälle entweder mit kleineren Verletzungen einhergeht oder aber zumindest keine primär vital bedrohlichen Zustände für den Geschädigten bedingt und diese daher nicht die Einschlusskriterien des TraumaRegister DGU® erfüllen“ als rein spekulativ zu betrachten, ist unserer Ansicht nach diskutabel. Zeigen sich in der PKS 2011, über die letzten Jahre in der Tendenz abnehmend, 132 Schusswaffendelikte mit Todesfolge und 1032 mit Körperverletzung deutschlandweit, wurden im Traumaregister DGU® im Untersuchungszeitraum von 2009–2001jährlich etwa 100 Schussverletzungen mit einer Letalität von etwa 40 % erfasst. In Berlin zeigen sich in Ihrer Arbeit von 2000–2009 332 Schusstodesfälle in 75 % mit suizidaler Absicht. Diese Zahlen zugrunde legend, wurden 2011 über 900 Patienten mit Schusswaffenverletzungen nicht erfasst. Dass diese nicht in einer der zu diesem Zeitpunkt über 570 am Traumaregister DGU® teilnehmenden Kliniken behandelt worden bzw. präklinisch verstorben sind, ist mehr als nur unwahrscheinlich.

Die Aussage „Bei den Schuss- und Stichverletzungen der Körperhöhlen und Extremitäten war der präklinische hämorrhagische Schock (systolischer RR ≤ 90 mmHg) mit einer Inzidenz von 28 bzw. 24,2 % aller Fälle das führende klinische Problem“ ist eine Tatsache in dieser Stichprobe. Die Feststellung, dass der hämorrhagische Schock in unserer Arbeit als führendes präklinisches Problem beschrieben wird, ist nicht richtig, da in unserem Gesamtkollektiv „Führend und als vital bedrohend […] eine eingeschränkte Bewusstseinslage, vornehmlich bei Verletzten mit mutmaßlich in suizidaler Absicht beigebrachter Kopfschussverletzung, dokumentiert“ wird.

Wir unterstützen daher vorbehaltlos Ihre Feststellung, dass die Verknüpfung klinischer und rechtsmedizinischer Daten viele Vorteile insbesondere im Rahmen der wissenschaftlichen Aufarbeitung gewisser Verletzungsmuster bietet.

Wir freuen uns in diesem Zusammenhang auf zukünftige Analysen und hoffen, dass wir die lebhafte Diskussion aufgrund der aktuell noch bestehenden Wissensdefizite, gerade in der präklinischen Traumversorgung insbesondere bei dem in Deutschland seltenen penetrierenden Trauma um einen Teilaspekt bereichern konnten.