Zusammenfassung
Hintergrund
Häusliche Gewalt ist eine Unterform vorkommender Gewaltformen. Die soziologischen Aspekte häuslicher Gewalt sind gut erforscht und publiziert. Im Hinblick auf körperliche Verletzungsfolgen von häuslicher Gewalt lassen sich nur wenige Daten finden.
Patienten und Methode
Aus dem Patientengut einer unfallchirugischen Notaufnahme eines Hauses der Maximalversorgung wurden Opfer häuslicher Gewalt identifiziert. Es wurden persönliche und soziodemographische Daten sowie Daten zum Verletzungsmuster erfasst.
Ergebnisse
Opfer häuslicher Gewalt waren 1,4 % der in der Notaufnahme vorstelligen Patienten; 70 % waren Frauen, die überwiegend (68 %) durch den (Ex-)Lebenspartner Gewalt erfuhren; 30 % waren Männer, welche überwiegend (46 %) von Bekannten Gewalt erfuhren. Ein Migrationshintergrund lag bei 45 % der Frauen und 38 % der Männer vor. Am häufigsten wurden der Kopf und Hals (88 %) verletzt. Zu 94 % lag eine stumpfe Gewalteinwirkung vor. Männer wurden tendentiell häufiger mit Gegenständen angegriffen.
Schlussfolgerung
Es sind Muster erkennbar: Betroffene sind überwiegend Frauen und häufiger Menschen mit Migrationshintergrund. Die (überwiegend stumpfe) Gewalt wird innerhalb einer Partnerschaftsbeziehung, seltener in direkter Verwandtschaftslinie verübt. Die Richtung der Gewalt zielt auf den Kopf. Exzessive Gewalt mit lebensgefährlichen Verletzungen wurde nicht beobachtet.
Abstract
Background
Injuries due to domestic violence are a frequent occurrence in emergency departments. Although domestic violence has been well analyzed from the sociological point of view, medical data concerning patterns of injuries are rare.
Methods
Victims of domestic violence who presented at the emergency department of a maximum care hospital were included in the study. Sociodemographic data and patterns of injuries were documented.
Results
Of the patients who presented at the emergency room 1.4 % suffered injuries due to domestic violence and 70 % were women who had been predominantly attacked by the (ex) partner. The male victims were predominantly attacked by friends. In 88 % the head and neck were involved. Male patients were attacked with objects (as a kind of weapon) more frequently than women. A migration background was documented in 45 % of the female and 30 % of the male patients.
Conclusion
Patterns can be easily recognized: the victims were predominantly female and were attacked by the (ex) partner. Injuries were localized to the upper part of the body. No excessive violence with life-threatening or fatal injuries was observed.
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Interessenkonflikt
Der korrespondierende Autor gibt für sich und seine Koautoren an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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Diese Arbeit enthält Teile der Promotionsarbeit von S. Aziriu.
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Gologan, R., Aziriu, S., Obertacke, U. et al. Medizinische und soziodemographische Aspekte häuslicher Gewalt. Unfallchirurg 117, 528–532 (2014). https://doi.org/10.1007/s00113-013-2365-6
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00113-013-2365-6
Schlüsselwörter
- Gesundheitsfolgen, gewaltbedingte
- Notfallbehandlung
- Verletzungsfolgen von Gewalt
- Gewalteinwirkung, stumpfe