Sicherheitskultur, Risikomanagement, Fehleranalyse – Schlagwörter prägen die Vorstellung davon, was unter Patientensicherheit zu verstehen sei. Das Themenfeld ist vielgestaltig, es beinhaltet die Sicherheit menschlicher Handlungen ebenso wie den sicheren Umgang mit Medizinprodukten und Medikamenten. Es zielt in gleichem Maße auf die Handhabung patientenbezogener Risikofaktoren wie auf die bauliche Gestaltung eines Operationssaals oder eines Krankenhauses.

Dreh- und Angelpunkt in Bezug auf die Patientensicherheit ist der Appel an alle, aktiv zu handeln

Im Mittelpunkt der zahlreichen Bemühungen um mehr Patientensicherheit steht der unmissverständliche Appell an alle Beteiligten, aktiv zu handeln. Sicher ist es diesem handlungsorientierten Ansatz zu verdanken, dass das Thema Patientensicherheit in den vergangenen Jahren auch (berufs)politisch an Bedeutsamkeit gewonnen hat. Wichtiger Meilenstein für ein interprofessionelles und interdisziplinäres Zusammenwirken aller Akteure im deutschen Gesundheitswesen war die Gründung des Aktionsbündnisses Patientensicherheit im Jahr 2005. Die wissenschaftlichen und v. a. die operativen Fachgesellschaften haben sich des Themas seit einigen Jahren z. B. durch Gründung von Arbeitsgemeinschaften, die das Thema wissenschaftlich bearbeiten, aber sich auch für eine praxisnahe Umsetzung einsetzen, mit wechselnder Akzeptanz angenommen.

Schon 2002 wurden von der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie Kurse als Teamtrainingsangebote zusammen mit Experten der Luftfahrt mit dem Ziel entwickelt, in vorgegebenen aber sehr praxistypischen Szenarien im Team (z. B. im Operationssaal oder Schockraum) Situationen zu durchspielen, um das persönliche Verhalten (v. a. in Stresssituationen, denen wir tagtäglich begegnen und die „Fehler machen“ begünstigen) durch eine anschließende Besprechung zu schulen und um künftig in derlei Situationen sich der Gefahr, Fehler zu machen mehr bewusst zu sein und Strategien zur Vermeidung gemeinsam im interprofessionellen Team zu entwickeln [z. B. Safe-track-Kurse, „hand over team training“ (HOTT-)Kurse der DGU zusammen mit der Akademie der Unfallchirurgie]. Das neue Gesetz zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und ein geplantes Patientenrechtegesetz verdeutlichen den Stellenwert, den die Sicherheit für alle im Behandlungsprozess Beteiligten (neben den Patienten werden auch die Handelnden im Schadensfall zu Betroffenen) inzwischen auch auf bundespolitischer Ebene und in der öffentlichen Meinung hat.

Jenseits politischer Implikationen sollte die Grundlage aller Aktivitäten zur Verbesserung der Patientensicherheit die wissenschaftliche Absicherung durch qualitativ hochwertige Forschung sein. Versorgungsforschung und Patientensicherheitsforschung können hier einen wichtigen Beitrag leisten. So bedarf es gesicherter Daten zur tatsächlichen Behandlungs- und Versorgungsqualität. Interventionen sollten im Rahmen eigener Studien auf Ihre Machbarkeit, Akzeptanz und Wirksamkeit geprüft werden. Abschließende Empfehlungen sollten Kosten-Nutzen-Analysen einschließen.

Das vorliegende Schwerpunktheft stellt Forschungsergebnisse aus dem klinischen Alltag vor. Wir hoffen damit einen Überblick über die Ursachen und Folgen von Fehlern und Risiken in der chirurgischen Praxis (am Beispiel der Orthopädie und Unfallchirurgie) zu geben und Möglichkeiten aufzuzeigen, wie diesen im Rahmen eines klinischen Risikomanagements vorgebeugt werden kann.

C. Lessing

H. Siebert