Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Leserinnen und Leser,

venöse Thromboembolien sind gefürchtete Komplikationen nach Verletzungen und operativen Eingriffen. Deshalb ist eine medikamentöse Prophylaxe fester Bestandteil der peri- und postoperativen Versorgung, wofür heute fast ausschließlich niedermolekulare Heparine sowie in letzter Zeit auch Fondaparinux eingesetzt werden. Die Suche nach Antithrombotika mit möglicherweise noch besserer Wirksamkeit und bequemerer Handhabung führten zur Entwicklung einer neuen Klasse oral verabreichbarer Substanzen, deren Zulassung zur klinischen Verwendung bisher nur für elektive, also nicht unfallchirurgisch-typische Eingriffe erteilt wurde. Dennoch haben die Autoren der Beiträge zum Leitthema „Was gibt es Neues zur Thromboembolieprophylaxe in der Unfallchirurgie?“ diesen neuen Präparaten breiten Raum gewidmet, da deren baldige Verfügbarkeit für weitere Indikationen zu erwarten ist und sie in bestimmten Konstellationen bereits derzeit einsetzbar sind, weswegen man über die Eigenschaften und Handhabung informiert sein sollte.

Venöse Thromboembolien sind gefürchtete Komplikationen nach Verletzungen und operativen Eingriffen

Siebenlist et al. geben eine Übersicht über das klinische Entwicklungsprogramm und das pharmakologische Wirkprofil der beiden bisher zur Thromboembolieprophylaxe zugelassenen Präparate Rivaroxaban und Dabigatranetexilat sowie der noch im Zulassungsverfahren befindlichen Substanz Apixaban. Die Studienergebnisse werden aus unfallchirurgischer Sicht diskutiert und die sich daraus ableitbaren Bezüge zur Unfallchirurgie dargelegt.

Haas et al. behandeln in ihrem Beitrag die auf Leitlinien gestützten Empfehlungen zur Thromboembolieprophylaxe und gehen insbesondere auf die Neufassung der S3-Leitlinie bezüglich des Einsatzes von Rivaroxaban und Dabigatranetexilat zur Prophylaxe bei elektivem Hüft- und Kniegelenkersatz ein. Unfallchirurgische Aspekte werden hervorgehoben und Handlungsempfehlungen für die Unfallchirurgie vorgeschlagen.

Schellong et al. beschreiben verschiedene Szenarien der Überbrückung, des Wechsels und der perioperativen Pause von Antikoagulanzien. Im Falle von Patienten unter Langzeitantikoagulation mit Vitamin-K-Antagonisten, bei denen ein operativer Eingriff vorgenommen werden soll, muss bei Absetzen dieser Antikoagulation eine Überbrückung (Bridging-Antikoagulation) vorgenommen werden. Dafür werden gemäß derzeitigem Konsens als Medikamente der ersten Wahl niedermolekulare Heparine eingesetzt, da sie ohne Gerinnungsmonitoring und Dosisanpassung auch ambulant verabreicht werden können. Sie sind für diese Indikation zwar nicht zugelassen, aber durch Studien der letzten Jahre bezüglich Wirksamkeit und Sicherheit inzwischen wesentlich besser belegt als unfraktioniertes Heparin. Für den Wechsel (Switching) zwischen verschiedenen Antikoagulanzien werden schwerpunktmäßig die neuen oralen Substanzen besprochen. Sie erfordern wegen ihrer kurzen Halbwertszeiten keine Bridging-Antikoagulation mehr, da sie unter Einhaltung gewisser Antikoagulationspausen in Zukunft auch perioperativ eingesetzt werden können.

Gogarten et al. erläutern die neuen europäischen Empfehlungen der European Society of Anaesthesiology zum Einsatz der konventionellen und neuen Antikoagulanzien bei rückenmarknahen Anästhesieverfahren. Es sei bemerkt, dass diese Empfehlungen im vorliegenden Band des Unfallchirurgen erstmalig in deutscher Sprache behandelt werden.

Die Autoren der Beiträge geben eine kurze Übersicht über die Eigenschaften der neuen oralen Antikoagulanzien und zeigen im Kontext mit Leitlinienempfehlungen neue Möglichkeiten der Thromboembolieprophylaxe aus der Sicht des Unfallchirurgen auf. Die Vorteile, aber auch mögliche Fallstricke und Unsicherheiten beim Einsatz dieser Präparate werden dargelegt. Letztendlich war es das Ziel der Autoren, durch Informationen über die neuen oralen Antikoagulanzien und durch klar formulierte Handlungsempfehlungen einen Beitrag zur Verbesserung der medikamentösen Thromboembolieprophylaxe zu leisten.

Ihre

Prof. Dr. med. Sylvia Haas