Zusammenfassung
Bei allen schweren Motorradunfällen besteht – bis zum Beweis des Gegenteils in der Klinik – immer der Verdacht auf das Vorliegen einer instabilen Halswirbelsäulenverletzung. Um eine adäquate Notfallversorgung zu ermöglichen, muss der Motorradhelm jedoch bereits am Unfallort entfernt werden. Aus den bisherigen klinischen und experimentellen Daten in der Literatur ist nicht abzuschätzen, welche Effekte die zur Helmabnahme erforderlichen Manipulationen auf eine instabile Verletzung der Halswirbelsäule haben können.
An 10 humanen Kadavern mit intakten Weichteilen wurde durch Osteotomie des Dens axis eine standardisierte experimentelle Instabilität der oberen Halswirbelsäule geschaffen. Unter Bildwandlerdurchleuchtung wurden die bei der Helmabnahme auftretenden Bewegungen in den Segmenten C1–2 und C2–3 registriert und dokumentiert.
Nach Osteotomie des Dens axis zeigten sich bei den geführten physiologischen Bewegungen der Halswirbelsäulen ohne Helm eine durchschnittliche Beweglichkeit von 23,7° im verletzten Segment in der Sagittalebene ohne Auftreten von Subluxationen oder Luxationen. Mit Motorradhelm kam es in Neutralposition am liegenden Präparat in einem Fall zu einer Subluxation im Segment C1–2,bei der Helmabnahme in 2weiteren Fällen.Die durchschnittlich im verletzten Segment C1–2 gemessene Bewegung beim Helmabnehmen betrug 19,0° (2–25°),Median 18,0°.
Um die auch beim vorsichtigen Entfernen des Motorradhelm an der instabilen oberen Halswirbelsäule auftretenden Bewegungen zu vermeiden,sollte der Helm am Unfallort mit geeignetem Gerät aufgeschnitten werden.Auf der Basis der Ergebnisse muss zudem ein Dialog mit den Herstellern von Motorradhelmen aufgenommen werden,um Veränderungen des Konstruktionsprinzips zu diskutieren, die es ermöglichen,den Helm so zu zerlegen, dass eine Entfernung ohne Manipulationen am Kopf möglich wird.
Abstract
In severe motorcyclist accidents unstable injuries of the cervical spine can usually not be excluded before an X-ray has been taken in the hospital.Despite this the helmet has to be taken off at the place of the accident in order to provide adequate treatment and airway management of the injured driver. There are no data in the current literature showing what happens to unstable lesions of the cervical spine during helmet removal.
An experimental unstable lesion of the cervical spine was created by an osteotomy of the odontoid in 10 fresh frozen cadavers with intact soft tissues.All motions occurring in the segments C1–2 and C2–3 during helmet removal were recorded by fluoroscopy.
The average motion in the unstable segment C1–2 was 23.7° during a full range of extension-flexion movement of the cervical spine without any signs of dislocation of the segment.After application of the helmet there was one case of dislocation of C1–2 in neutral supine position already, and two further cases of dislocations during helmet removal. The average motion of C1–2 recorded during helmet removal was 19.0° (2–25°), median 18.0°.
In order to avoid fracture dislocations and motion in the unstable upper cervical spine the helmet should better be cut in pieces at the place of the accident.There is a need for discussions with helmet producers to develop a new generation of helmets that can be removed easily without manipulating the head.
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Dr. Reinhold A.Laun Erwin-Payr-Lehrstuhl für Unfallchirurgie, Ernst-Moritz-Arndt-Universität, Friedrich-Loeffler-Str.23b, 17487 Greifswald, E-Mail: laun@uni-greifswald.de
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Laun, R., Lignitz, E., Haase, N. et al. Verhalten der instabilen Densfraktur bei Abnahme des Motorradhelms . Unfallchirurg 105, 1092–1096 (2002). https://doi.org/10.1007/s00113-002-0451-2
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00113-002-0451-2