„Kommunikation“ ist eines der wichtigsten Werkzeuge des ärztlichen Berufes. Bereits im Wortstamm des Begriffs Kommunikation steckt das lateinische Wort „communicare“, was so viel wie „mitteilen“ bedeutet. Darin wiederum verbirgt sich auch das Wort „communis“ für „gemeinsam“, impliziert also einen Austausch, bei dem etwas „Gemeinsames“ entsteht.

Kommunikation in der Medizin umfasst den Austausch von Informationen und Wissen, aber auch Empathie und nonverbale zwischenmenschliche Beziehungsaufnahme zwischen Ärzt:innen, Patient:innen, Patientenangehörigen, Pflegepersonal und anderen medizinischen Fachkräften. Im Alltag ist wirksame Kommunikation eine entscheidende Voraussetzung, um eine angemessene medizinische Versorgung und Patientensicherheit zu gewährleisten sowie ärztliches Handeln im hippokratischen Sinne zu ermöglichen. In Krisensituationen, wie in der zurückliegenden Pandemie, gewinnt Medizin- und Wissenskommunikation eine überragende gesellschaftliche Bedeutung, denn es gilt, Menschen zu informieren, Vertrauen zu stärken, Angst zu reduzieren und koordiniertes Handeln sicherzustellen. Mittel und Wege von Kommunikation sind einem ständigen Wandel unterworfen. Dabei spielen Veränderungen unserer Lebenswelten, unserer soziokulturellen Wertevorstellungen sowie die Entwicklung und Implementation neuer Kommunikationsformen und -techniken eine bedeutende Rolle.

In der Kinder- und Jugendmedizin ist die Gestaltung von Kommunikation komplexer als in vielen anderen Bereichen der Medizin. Das „Gemeinsame“ soll nicht nur mit dem Kind als Patienten, sondern immer auch mit den Bezugspersonen, im Regelfall den Eltern, gelingen. Die Ansprache des Kindes muss einfühlsam und altersadäquat sein, mögliche Ängste und der emotionale Zustand von Kindern und deren Eltern müssen wahrgenommen und berücksichtigt werden. Eltern und, wenn altersmäßig möglich, auch die Kinder selbst sollen aktiv in Entscheidungsprozesse über die Gesundheit und Behandlung einbezogen werden. Ärzt:innen können die Bedeutung von Prävention, gesunder Lebensweise und der Einhaltung der Behandlungspläne erklären und damit die Patientenbeteiligung fördern.

Ärztliches Handeln im hippokratischen Sinne setzt wirksame Kommunikation voraus

Der rasante Fortschritt von Informationstechnologien sowie die nahezu uneingeschränkte Verfügbarkeit von Informationen durch Internet und soziale Medien haben die Medizinkommunikation in den vergangenen Jahren stark verändert. Fortschritte in der Technologie haben neue Möglichkeiten geschaffen, Informationen zu verbreiten, medizinische Beratung anzubieten und den Zugang zu Gesundheitsinformationen zu verbessern. So ermöglichen telemedizinische Dienste die medizinische Beratung und Behandlung über Video- oder Audioanrufe von zu Hause aus. Sie können auch für die Überwachung chronischer Erkrankungen oder für schnelle medizinische Ratschläge eingesetzt werden. Eine Vielzahl neuer Gesundheitsapplikationen und tragbarer Messgeräte (sog. Wearables) hilft, Gesundheitsdaten kontinuierlich zu erfassen und mit medizinischen Fachkräften zu teilen. Patient:innen und Eltern können über Gesundheitsportale und soziale Medien medizinische Informationen schnell finden oder sich mit anderen betroffenen Familien austauschen. Die Nutzung moderner Medien in der Medizinkommunikation wirft allerdings auch Fragen hinsichtlich des Datenschutzes und ethischer Grundsätze auf. So muss sichergestellt werden, dass sensible medizinische Daten sicher kommuniziert und geschützt werden.

In der aktuellen Ausgabe der Monatsschrift Kinderheilkunde wollen wir dieser Entwicklung Rechnung tragen und den Einfluss und die Bedeutung moderner Medien auf bzw. für die Kommunikation im pädiatrische Versorgungsalltag, in der medizinischen Krisensituation und in der Förderung von Gesundheitskompetenz bei Kindern und Jugendlichen genauer betrachten.

Digital Health kann die Möglichkeiten gelingender Kommunikation erweitern oder aber bedrohen

Mit der Entwicklung von Digital Health ist Kommunikation um viele neue Optionen erweitert worden. Der Beitrag von Friedrich et al. beschäftigt sich intensiv mit diesem Thema und beleuchtet die Auswirkungen von Digital Health auf die Beziehung und die Kommunikation zwischen Patient:innen, Angehörigen und Behandler*innen.

Digital Health umfasst ganz verschiedene Bereichen, von einer bisher nichtgekannten Verfügbarkeit schier unendlich großer Datenmengen über die Möglichkeit der Vernetzung innerhalb der eigenen Berufs- oder Betroffenengruppe bis hin zu der Art und Weise, wie und auf welchen Wegen Patient:innen, Angehörige und Ärzt:innen miteinander kommunizieren. Digital Health erweitert unsere Möglichkeiten gelingender Kommunikation, kann sie aber auch in Frage stellen oder bedrohen.

Vielleicht zu den schwierigsten Aufgaben in der Ärzt:innen/Patient:innen-Kommunikation gehört die Übermittlung schlechter Nachrichten. Seidel et al. beschreiben in ihrem Beitrag zunächst einmal, dass Nachrichten unterschiedlich gesprochen und gehört werden, d. h., die Bewertung einer medizinischen Information bei Eltern und Kindern möglicherweise ganz anders erfolgen wird als von den behandelnden Ärzt:innen intendiert, und insofern auch die Frage, was eine schlechte Nachricht tatsächlich ausmacht, sehr unterschiedlich bewertet werden kann. Die Auffassung, vermeintlich schlechte Nachrichten der Patient:in und insbesondere dem Kind vorenthalten zu müssen, ist auch aus diesem Grund nicht zu rechtfertigen, sondern wird heute durch eine Kommunikationskultur zur partizipativen Entscheidungsfindung ersetzt. Das macht die Sache nicht unbedingt einfacher, erlaubt aber, entsprechende Instrumente und Modelle wie das in diesem Beitrag beschrieben SPIKES-Protokoll einzusetzen, um eine der ggf. überaus schwierigen Situation angemessene Kommunikationsebene zu finden. Die ärztliche Kommunikation beeinflusst durch ihre Überbringenskultur, wie eine medizinische Information bewertet wird.

Die Kommunikation von wissenschaftlichen und medizinischen Inhalten in Krisensituationen gehört, wie wir schmerzhaft erfahren haben, zu den sicher anspruchsvollsten und vielfach ungelösten Aufgaben. Eine wesentliche Rolle spielt, dass es auch in Krisen sehr subjektive, von Person zu Person sehr unterschiedliche Vorstellungen von der vermeintlichen „Wirklichkeit“ gibt und wir grundsätzlich dazu neigen, eigentlich alles schon vorher gewusst zu haben. Kommunikation gerade in Krisen muss dies berücksichtigen und auch beachten, dass es bei der Informationsvermittlung eben nicht immer nur um gesicherte Erkenntnisse geht, sondern auch um Wissen, das wir erst noch in Erfahrung bringen müssen, und auch hier um die Überbringenskultur. Die Autoren Wingen und Schäfer erläutern relevante Konzepte zur öffentlichen Kommunikation in der medizinischen Krise und illustrieren deren Umsetzung anhand des praktischen Vorgehens in einer deutschen Großstadt während der durch das Severe Acute Respiratory Syndrome Coronavirus 2 (SARS-CoV-2) ausgelösten Pandemie.

Kommunikation spielt auch eine entscheidende Rolle, wenn es um die Ausschöpfung von Präventionspotenzialen im Kindes- und Jugendalter für die Gesundheit der gesamten Lebensspanne geht. Heidrun Thaiss plädiert in ihrem Beitrag dafür, verstärkt die Chancen der Kommunikation zu nutzen, die Kindertagesstätten und Schulen als besonders geeignetes Umfeld für die niedrigschwellige Vermittlung von Gesundheitswissen und -kompetenz bieten. Gesundheitskompetenz meint nicht nur Gesundheitsförderung und Krankheitsprävention, sondern neben der Vermittlung und dem Erwerb von Gesundheitswissen auch dessen gezielte Suche und konkrete Umsetzung in Handlung. Die Vermittlung und Kommunikation von Gesundheitskompetenz könnte neben gesundheitsbezogenen Inhalten bestehender Lehrpläne auch über die Medien- und Digitalkompetenz als konkretes und innovatives Konzept etabliert werden. Gesundheitskompetenz könnte neben dem Angebot gesundheitsbezogener Inhalte in bestehenden Lehrplänen zukünftig auch über Medien- und Digitalkompetenz als konkretes und innovatives Konzept vermittelt werden. Die Kommunikation von Gesundheit- und Lebenskompetenz als Schulfach und der flächendeckende Einsatz von Schulgesundheitsfachkräften in interprofessionellen Teams würden auch den Lehrbetrieb und das pädagogische Personal spürbar entlasten – und dies sinnvollerweise nicht nur in Krisenzeiten.

Selbst ausgefeilteste Digital Health ist kein Ersatz für das persönliche Gespräch in der Pädiatrie

Liebe Leserinnen und Leser, die rasanten Veränderungen unserer Lebenswelt stellen uns vor immer neue Herausforderung im Zusammenleben und auch im Zusammenarbeiten. Kommunikation ist ein wesentliches Element gesellschaftlichen Zusammenlebens, sowohl im privaten wie im beruflichen Bereich. Die Entwicklung moderner Informationstechnologien wird zweifelsohne auch in Zukunft beeinflussen, wie wir miteinander kommunizieren. Wir sind jedoch davon überzeugt, dass selbst die ausgefeilteste künstliche Intelligenz nicht das von Zuwendung, Empathie und Vertrauen getragene Gespräch zwischen Arzt/Ärztin und Patient:in ersetzen können wird. Wir hoffen, dass unser aktuelles Leitthema „Kommunikation im Zeitalter der Informationsrevolution“ für Sie ein interessanter und vielleicht auch nachdenklich machender Beitrag zu aktuellen Entwicklungen in der Kinder- und Jugendmedizin darstellt.