FormalPara Originalpublikation

Molteni E, Sudre CH, Canas LS et al (2021) Illness duration and symptom profile in symptomatic UK school-aged children tested for SARS-CoV‑2. Lancet Child Adolesc Health 5 (10):708–718. https://doi.org/10.1016/S2352-4642(21)00198-X. (Epub 2021 Aug 3. PMID: 34358472).

FormalPara Hintergrund.

Long-COVID ist insbesondere im Kindesalter eine nach wie vor sehr schlecht definierte Entität. Dementsprechend unterschiedlich sind in verschiedenen Studien auch die entsprechenden Prävalenzzahlen. Sie bewegen sich im Kindes- und Jugendalter meist zwischen 0 und 30 %; bei Erwachsenen werden sogar Häufigkeiten von über 90 % publiziert. Mittlerweile werden über 200 großteils unspezifische Symptome mit Long-COVID assoziiert. Gleichzeitig laufen international und auch im deutschsprachigen Raum Bestrebungen, die „Entität“ Long-COVID seriös zu definieren und von anderen Erkrankungen bzw. Krankheitsursachen abzugrenzen. Es ist dafür erforderlich, die zahlreichen bisher vorliegenden Studien auf deren Inhalt, Qualität und Aussagen zu prüfen. Eine der rezenten in Lancet Child and Adolescent Health publizierten Studien wird hier näher dargestellt.

FormalPara Methodik.

Die zitierte Studie wurde zwischen März 2020 und Februar 2021 in England durchgeführt. Verwendet wurden dafür die elterlichen Angaben zu 258.790 Kindern und Jugendlichen im Schulalter von 5 bis 17 Jahren. 75.529 Kinder und Jugendliche hatten gültige Testergebnisse für SARS-CoV‑2, davon hatten 1734 ein positives Testergebnis. Die als „positiv“ identifizierte Gruppe wurde in 2 Altersbereiche unterteilt (5 bis 11 Jahre bzw. 12 bis 17 Jahre). In weiterer Folge wurden die elterlichen Angaben im Longitudinalverlauf auf das Vorliegen möglicher Long-COVID-Symptome analysiert. Eingeschlossen wurden nur Kinder mit COVID-19-kompatiblen Symptomen; diese wurden im Longitudinalverlauf weiterbeobachtet.

FormalPara Ergebnisse.

Die mediane Krankheitsdauer betrug 6 Tage (vs. 3 Tage bei symptomatischen Kindern ohne nachgewiesene SARS-CoV-2-Positivität). In der Gruppe der COVID-19-Erkrankten wurden für 4,4 % Symptome für mehr als 28 Tage angegeben; in der Gruppe der SARS-CoV-2-negativen Kinder waren es nur 0,9 % (mit allerdings deutlich mehr Symptomen und höherer Krankheitsbelastung). Zum Tag 56 wiesen in der COVID-Gruppe noch 1,8 % der Kinder eine Residualsymptomatik auf, großteils allerdings nur mit einem bis 2 Symptomen. Bei den über Tag 28 hinausgehenden Symptomen standen Kopfschmerzen, Müdigkeit und Geruchsstörungen im Vordergrund.

Die Prävalenz persistierender Symptome war sowohl am Tag 28 als auch am Tag 56 in der höheren Altersgruppe (5 bis 17 Jahre) höher als in der jüngeren (5 bis 11 Jahre). Eine Häufung von Aufmerksamkeitsstörungen oder Gedächtnisstörungen wurde in dieser Untersuchung nicht festgestellt; weiters wurde keine signifikante Häufung von Stimmungsschwankungen oder mentalen Beeinträchtigungen erhoben. Über Schulabsenz kann die Studie keine Aussage treffen, weil dieser Parameter nicht untersucht wurde.

FormalPara Diskussion.

Die Studienautoren halten fest, dass persistierende Symptome nach COVID-19 auch im Kindes- und Jugendalter vorkommen. Sie relativieren aber, dass diese großteils mild verlaufen und im Longitudinalverlauf rückläufig sind. Die stärkste Persistenz findet sich für Ermüdbarkeit und Geruchsstörungen.

Die Autoren erwähnen weiters, dass es für den Beobachtungszeitraum keine relevanten Vergleichsdaten für andere respiratorische Erkrankungen wie Influenza, RSV und dergleichen gibt, weil diese durch die Mitigationsmaßnahmen im Beobachtungszeitraum sehr selten auftraten.

Sie bemerken aber auch, dass persistierende Symptome durchaus auch bei anderen (Virus‑)Erkrankungen vorkommen, und verweisen u. a. auf EBV, wofür in einer anderen Studie eine durchschnittliche Fatigue über 15,5 Tage erhoben wurde. Die Autoren beschließen ihre Publikation auch mit dem Hinweis, dass persistierende Krankheitssymptome unabhängig von deren Ursache wahr- und ernst genommen werden sollten und im Sinn eines holistischen Zugangs eine adäquate Therapie zur Folge haben sollen. Sie formulieren dies folgendermaßen:

Appropriate resources will be necessary for any child with prolonged illness, whether from SARS-CoV‑2 infection or other illness.

Dem ist nichts hinzuzufügen!