Die juvenile idiopathische Arthritis (JIA) ist die häufigste chronisch-entzündliche Erkrankung aus dem rheumatischen Formenkreis im Kindesalter. Ihre Prävalenz beträgt 100/100.000, die Inzidenz liegt bei 10/100.000 Kindern unter 16 Jahren. Damit leiden schätzungsweise 20.000 Kinder und Jugendliche in Deutschland an einer JIA.

In den letzten Jahren war bezüglich dieser pädiatrischen Subdisziplin eine sehr dynamische Entwicklung zu beobachten, es kam zu einem großen Wissenszuwachs, der sowohl die Pathogenese der Erkrankung als auch die therapeutischen Möglichkeiten betrifft.

Die JIA ist nicht eine Krankheitsentität, sondern entspricht vermutlich mehreren Erkrankungen, die von der hochentzündlichen und bedrohlichen systemischen Verlaufsform, auch M. Still genannt, bis zur häufigen, eher günstig verlaufenden oligoartikulären Form reichen. Übergänge von der einen Verlaufsform in die andere sind nicht bekannt.

Während sich früher einzelne hoch spezialisierte Einrichtungen diesem Krankheitsbild mit intensiven physikalischen Behandlungsmethoden und einer hervorragenden Hilfsmittelversorgung widmeten, ist die pädiatrische Rheumatologie inzwischen zu einer wissenschaftlich fundierten Subdisziplin gereift, die in zahlreichen akademischen und nichtakademischen Kinderkliniken durch Kinderärzte mit der Zusatzbezeichnung Kinderrheumatologie vertreten ist. Vor allem die Entwicklung der Biologicals führte zu wesentlichen Fortschritten in der Therapie der JIA.

In diesem Schwerpunktthema der Monatsschrift Kinderheilkunde wollen wir verschiedene Aspekte der juvenilen idiopathischen Arthritis exemplarisch darstellen, in welchen in den letzten Jahren der größte Wissenszuwachs stattfand.

Die systemische Verlaufsform der JIA (SJIA), die bereits 1897 von Georg Still beschrieben wurde, ist selten, aber schwer zu behandeln. Frosch et al. gehen in ihrem Beitrag auf die neuen Aspekte der Pathophysiologie dieser Erkrankung ein. Die SJIA wird heute als Erkrankung des angeborenen Immunsystems im Sinne eines autoinflammatorischen Syndroms aufgefasst. Autoantikörper- oder antigenspezifische T-Zellen als Vertreter des erworbenen Immunsystems lassen sich bei ihr nicht als auslösend finden. Demgegenüber zeigen Betroffene eine deutliche Aktivierung von Zellen des angeborenen Immunsystems. Frosch et al. gehen auf die besondere Bedeutung der verschiedenen Zytokine wie IL-1 (Interleukin 1) und IL-6 sowie die Kalzium bindenden Proteine S100-A8 und deren Bedeutung für die Diagnostik ein. Daran schließen sich die Beschreibung der Klinik der SJIA und schließlich die Darstellung der therapeutischen Möglichkeiten an.

Biologicals können das klinische Outcome bei JIA wesentlich verbessern

In den letzten Jahren wurde nahezu jährlich ein neues Biological für die Therapie rheumatischer Erkrankungen im Kindesalter zugelassen. Klaus Tenbrock stellt die immunologischen Mechanismen vor, die einer Therapie mit Antikörpern oder löslichen Fusionsproteinen gegen IL-1, IL-6 und TNF (Tumornekrosefaktor) zugrunde liegen. Der TNF-Antagonist Etanercept ist sicher das am längsten bekannte und gut untersuchte Medikament dieser Reihe, andere Substanzen wie Adalimumab, Anakinra und Tocilizumab werden von Herrn Tenbrock umfassend in ihrer Wirkweise, Indikation und Verursachung unerwünschter Wirkungen dargestellt, wobei zunächst die für die Therapie der JIA zugelassenen und dann die nichtzugelassenen Substanzen aufgeführt sind. Ein weiteres interessantes Therapiekonzept ist Abatacept, ein Fusionsmolekül aus dem humanen CTLA-4 („cytotoxic t-lymphocyte antigen 4“) und einem Anteil des humanen IgG-Rezeptors (IgG: Immunglobulin G). Es verdrängt das kostimulatorische CD28 aus dessen Bindung an CD80/CD86. Der Autor vertritt die Auffassung, dass mittels der Biologicals eine wesentliche Verbesserung des klinischen Outcomes bei Patienten mit JIA zu erreichen ist.

Der Übergang von chronisch kranken Patienten aus dem jugendlichen in das Erwachsenenalter hat einen deutlichen Einfluss auf die Krankheitsbewältigung. Dieser Prozess wird als Transition bezeichnet. Gerd Ganser et al. stellen in ihrem Beitrag dar, wie wichtig eine interdisziplinäre oder koordinierte Transition für die erfolgreiche Behandlung eines Patienten mit einer JIA ist. Die Autoren werben für ein multidisziplinäres Betreuungskonzept mit dem Ziel einer koordinierten und kontinuierlichen Versorgung von Jugendlichen beim Übergang von der pädiatrischen in die erwachsenenorientierte Betreuung. Sie identifizieren potenzielle Barrieren für eine erfolgreiche Transition sowohl beim Patienten als auch den Angehörigen sowie den Kinder- und internistischen Rheumatologen. Nur eine gemeinsame Anstrengung der verschiedenen Beteiligten an der Transition wird zu einer erfolgreichen Überleitung in die Erwachsenenversorgung chronisch Kranker führen. Die Autoren zeigen auf, dass für solche Transitionsprozesse Ressourcen, beispielsweise in der gemeinsamen Führung von Übergangssprechstunden unter Beteiligung von Pädiatern und Internisten, erforderlich sind. Sie sehen kritisch, dass für diese Prozesse bisher seitens der Kostenträger keine ausreichenden Mittel zur Verfügung stehen. Positiv zu bemerken ist, dass es bereits eine erfreulich große Zahl von kinderrheumatologischen Einrichtungen gibt, die über eine Transitionssprechstunde verfügen.

Der Frage zur Prognose der JIA widmen sich Kirsten Minden und Martina Niewerth vom Deutschen Rheumaforschungszentrum Berlin, indem sie auf die Kerndokumentation rheumakranker Kinder und Jugendlicher zurückgreifen. Diese bundesweite Erfassung von über 5000 Kindern mit JIA pro Jahr, die seit mehr als 10 Jahren erfolgt, belegt, dass die Langzeitprognose der JIA heute eindeutig besser als früher ist. Die Patienten erhalten frühzeitiger Basismedikamente, z. B. Methotrexat sowie auch Biologicals, z. B. Etanercept. Dennoch zeigt die Hälfte der Patienten als junger Erwachsener eine aktive Erkrankung, und etwa 30% der Patienten mit JIA weisen eine Funktionsminderung sowie artikuläre oder extraartikuläre Folgeschäden auf.

Wir hoffen, Ihr Interesse für das Schwerpunktthema Pädiatrische Rheumatologie geweckt zu haben. Die Patienten mit rheumatischen Erkrankungen profitierten in den letzten Jahren eindeutig davon, dass sich zunehmend mehr Kinderärzte mit dieser Thematik intensiv vertraut machen und daher durch eine frühere Diagnosestellung und verbesserte Behandlungsmöglichkeiten die Prognose der Patienten optimiert werden konnte.

Prof. Dr. N. Wagner

Prof. Dr. F. Zepp