Bei dem in diesem Heft publizierten Beitrag über 4 Verdachtsfälle von Kawasaki-Syndrom (KS) im zeitlichen Zusammenhang mit einer Schutzimpfung gegen Rotavirusinfektion handelt es sich um eine relevante und informative Publikation, die anschaulich und überzeugend zeigt, wie mit Meldungen von unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) professionell und statistisch valide umgegangen wird und wie sorgfältig und ausgewogen UAW bewertet werden können, wenn sie gemeldet werden.

Mit diesem Editorial möchten wir, die Kommission für Arzneimittelsicherheit im Kindesalter (KASK) und die AkdÄ (Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft) – wie bereits zuvor in dieser Rubrik praktiziert – die Notwendigkeit der UAW-Meldungen durch die verordnenden Ärzte/-innen für solche Analysen betonen und für ein stärkeres Engagement bei der UAW-Meldung werben.

Die Pharmakovigilanz ist ein wichtiges Instrument für die sichere Verordnung

Die Wirksamkeit eines Impfstoffs oder Arzneimittels ist meist schon in den Zulassungsstudien hinreichend nachgewiesen; ebenso fallen häufige unerwünschte Wirkungen auf. Seltene und auch unerwartete UAW werden erst nach der Zulassung neuer Arzneimittel und Impfstoffe in der breiteren und längeren Anwendung bekannt. Erst nach dieser Beobachtungszeit kann die Sicherheit einer Substanz endgültig beurteilt werden. Aus diesem Grund ist die Pharmakovigilanz, die systematische Überwachung der Sicherheit beim Umgang mit Arznei- und Impfstoffen, ein wichtiges Instrument für die sichere Verordnung.

Im vorliegenden Beitrag des Paul Ehrlich-Instituts (PEI) liegt geradezu exemplarisch eine besondere Pharmakovigilanzproblematik vor. Schon bei der Zulassungsstudie wurde nachträglich auf einen möglichen zeitlichen Zusammenhang zwischen einer RotaTeq®-Impfung und dem Auftreten eines KS hingewiesen (5 KS-Fälle in der Verum- gegenüber 1 KS-Fall in der Plazebogruppe). Zum Zeitpunkt der Meldung der Verdachtsfälle aus Deutschland waren insgesamt bereits 38 KS-Fälle in der amerikanischen VAERS-Datenbank (VAERS: Vaccine Adverse Event Reporting Systems) erfasst. Die 4 KS-Fälle des PEI sind also keine Einzelfälle. Dieser Verdacht scheint durch groß angelegte Postmarketingstudien durch den Hersteller, die belegen sollen, dass die KS-Inzidenz bei mit RotaTeq® geimpften Kindern nicht höher, sondern eher niedriger ist als die Hintergrundinzidenz, entkräftet zu sein. Die Risikobewertung wird jedoch dadurch erschwert, dass die KS-Hintergrundinzidenz in den meisten Ländern – so auch in Deutschland – insbesondere für das schwer diagnostizierbare inkomplette KS im ersten Lebens(halb)jahr – nicht bekannt ist. Dies wird auch so zunächst bleiben, da die Durchführung der erforderlichen epidemiologischen Untersuchung ein recht zeit- und kostenintensives Vorhaben ist. Aus einem ähnlichen Grund liegen uns auch keine aussagekräftigen Daten für die bessere Beurteilung des Nutzens einer Rotavirusimpfung in Deutschland vor.

Für die Zulassungsbehörden sind die UAW-Meldungen der Ärzte/-innen unverzichtbar

Die Zusammenfassung der 4 KS-Verdachtsfälle belegt sehr anschaulich, dass die Zulassungsbehörden für eine zuverlässigere Nutzen-Risiko-Abwägung des Impfstoffes auf die UAW-Meldungen der Ärzte/-innen angewiesen sind. Dies trifft insbesondere für seltene und schwerwiegende Verdachtsfälle von unerwünschten Arzneimittelwirkungen und Impfreaktionen zu.

Bitte melden Sie beobachtete Nebenwirkungen (auch Verdachtsfälle) der AkdÄ. Sie können dafür einen Berichtsbogen benutzen, der im Internet (www.akdae.de) abrufbar ist, oder direkt online melden (www.akdae.de).

Hannsjörg W. Seyberth