Die mit Long-COVID (COVID „coronavirus disease“) verbundenen langfristigen gesundheitlichen Einschränkungen verursachen eine hohe Krankheitslast. Sicher wirksame präventive und therapeutische Strategien sind bisher nicht bekannt. Insofern wurden Hoffnungen geweckt, als erste Studien erschienen, die einen potenziellen Einfluss der COVID-19-Impfung auf Long-COVID zeigten.

Ziel dieser Arbeit war, die aktuelle Studienlage hinsichtlich folgender Fragestellungen zusammenzufassen:

  • Reduziert die COVID-19-Impfung das Risiko für Long-COVID?

  • Verbessert die COVID-19-Impfung die Symptomatik bei Long-COVID?

Die Antworten auf diese Fragen werden dadurch erschwert, dass Long-COVID ein Begriff im Wandel ist. Persistierende Symptome nach Severe-acute-respiratory-syndrome-coronavirus-type-2(SARS-CoV-2)-Infektion wurden über einen langen Zeitraum sehr variabel definiert. Die Weltgesundheitsorganisation hat erst im Oktober 2021 eine einheitliche Definition vorgeschlagen. Demnach umfasst die sogenannte „post COVID-19 condition“ (PCC) im Zeitraum von 3 Monaten nach SARS-CoV-2-Infektion auftretende Symptome, die mindestens 2 Monate bestehen und nicht durch eine alternative Diagnose erklärt werden können. Die wichtigsten Symptome sind dabei Fatigue, Kurzatmigkeit und kognitive Dysfunktion [1]. Die bereits im Dezember 2020 veröffentlichte und häufig verwendete Definition des National Institute for Health and Care Excellence (NICE) aus Großbritannien unterscheidet zwischen „acute COVID-19“ (Symptome bis zu 4 Wochen nach Infektion), „ongoing symptomatic COVID-19“ (Symptome 4–12 Wochen nach Infektion) und „post-COVID-19 syndrome“ (Symptome > 12 Wochen nach Infektion, persistierend oder im Verlauf neu aufgetreten). Der Begriff „long COVID“ umfasst in dieser Definition sowohl „ongoing symptomatic COVID-19“ als auch „post-COVID-19 syndrome“ [2]. Diese Definition wurde unter anderem auch in der deutschen S1-Leitlinie zu Long-COVID aufgeführt [3].

In den hier vorgestellten Studien wurden verschiedene Definitionen und Termini verwendet. Zum besseren Verständnis wird in diesem Übersichtsbeitrag ausschließlich der Begriff Long-COVID zur Bezeichnung von gesundheitlichen Langzeitfolgen einer SARS-CoV-2-Infektion genutzt, ohne dass hier eine zeitliche Eingrenzung erfolgen soll. Vorgestellt werden 9 Studien (eine Fall-Kontroll-Studie, 6 retrospektive Kohortenstudien, 2 Querschnittsstudien), in denen ein präventiver Effekt der COVID-19-Impfung untersucht wurde. Zwölf Studien (eine Fallserie, 6 prospektive Kohortenstudien, 5 Querschnittsstudien) beschäftigen sich mit einer therapeutischen Funktion der COVID-19-Impfung zur Symptomverbesserung bei bestehendem Long-COVID.

In den Studien kamen länderspezifisch unterschiedliche COVID-19-Impfstoffe zum Einsatz. Diese wurden nur teilweise angegeben oder in den Analysen berücksichtigt, auf eine regelhafte Angabe wird daher verzichtet. Zum Teil wird unterschieden zwischen dem Effekt einer einmaligen Impfung, in der Folge auch als Teilimpfung bezeichnet, und einer vollständigen Impfung. Bei letzterer handelt es sich meist um eine zweimalige Impfung im Rahmen der Grundimmunisierung, außer in Ländern, in denen der Vektorimpfstoff von Janssen (Jcovden®, Janssen-Cilag International NV, Belgien) eingesetzt wurde. Anzumerken ist ferner, dass unter anderem in Israel, Frankreich, Italien und der Schweiz nach stattgehabter SARS-CoV-2-Infektion nur eine einmalige Impfung notwendig war, um als vollständig geimpft zu gelten. In den USA und Großbritannien wurde das Impfschema bei Genesenen nicht angepasst. Die Studien beziehen sich auf unterschiedliche Wellen der Pandemie. Die erfassten Zeiträume wurden nicht im Einzelnen angegeben. Zur aktuellen Omikron-Welle existieren bisher keine Daten. Die Zahlenangaben wurden unbearbeitet aus den Veröffentlichungen übernommen, was zu einer unterschiedlichen Anzahl an Nachkommastellen führt.

Die Auswahl der in diesem Übersichtsbeitrag vorgestellten Evidenz orientierte sich an einem kürzlichen Briefing der United Kingdom Health Security Agency [4], am COVID Briefing der kanadischen Public Health Agency [5], einem Übersichtsbeitrag [6] und eigener Literaturrecherche. Abgabetermin für diesen Beitrag war der 01.06.2022, spätere Veröffentlichungen konnten daher nicht mehr berücksichtigt werden.

Postulierte Pathophysiologie von Impfung und Long-COVID

Die Ursache von Long-COVID ist unklar. Pathophysiologisch werden vor allem folgende Faktoren diskutiert:

  • Persistenz von Viren, viralen Antigenen und viraler RNA in Geweben, was eine chronische Entzündung bedingt [7]

  • Triggerung einer Autoimmunantwort nach akuter Virusinfektion [8,9,10,11], hier unter anderem auch Bildung von Anti-Idiotyp-Antikörpern [10, 12, 13]

  • Dysbiose von Mikrobiom oder Virom [14,15,16]

  • Unreparierter Gewebeschaden [17]

Daher wird unter anderem angenommen, dass die COVID-19-Impfung als präventive Option durch eine von Beginn an vorhandene zielgerichtete Immunantwort sowohl die Bildung persistierender Virusreservoirs als auch Gewebeschäden durch unspezifische oder autoreaktive Immunreaktionen verhindern kann [6]. Ein therapeutischer Effekt wäre durch eine Eradikation des viralen Reservoirs oder durch das Reset einer dysregulierten Immunantwort denkbar [18].

COVID-19-Impfung zur Prävention von Long-COVID

Es werden 9 Studien vorgestellt (Tab. 1), wovon 7 zeigen, dass die COVID-19-Impfung mit einem reduzierten Long-COVID-Risiko assoziiert ist, wobei dies in 6 Fällen [19,20,21,22,23,24,25] für die vollständige Impfung und in einem Fall für die Einfachimpfung zutraf [25]. Zwei dieser Studien unterschieden nicht, ob die Impfung vor oder nach Infektion stattgefunden hat [24, 25]. In einer Studie hatte die COVID-19-Impfung keinen Einfluss auf das Entstehen von Long-COVID [26]. Eine Studie beschrieb die zweifache Impfung als Risikofaktor für das Entstehen von Long-COVID [27].

Tab. 1 COVID-19-Impfung zur Prävention von Long-COVID

Impfung vor SARS-CoV-2-Infektion

In einer Studie aus Großbritannien wurden mittels einer App Symptome nach einer SARS-CoV-2-Infektion abgefragt. In der hierin eingebetteten Fall-Kontroll-Studie wurde der Einfluss des Impfstatus auf die Persistenz von Symptomen untersucht. Die Wahrscheinlichkeit, dass ≥ 28 Tage nach positivem SARS-CoV-2-Nachweis persistierende Symptome vorhanden waren, war bei vollständig Geimpften nur ungefähr halb so groß wie bei Ungeimpften (Odds Ratio [OR] = 0,51, 95 %-Konfidenzintervall [KI] 0,32–0,82, p = 0,005). Nach Altersstratifizierung war dieser Effekt nur bei jüngeren Probanden (18–59 Jahre) signifikant (OR = 0,21, 95 %-KI 0,08–0,59, p = 0,003). Eine einfache Impfung hatte keinen Einfluss [19].

Eine US-amerikanische Datenbankanalyse verglich COVID-19-Folgeerscheinungen innerhalb von 1 bis 6 Monaten nach positivem COVID-Test bei vollständig Geimpften und ungeimpften Kontrollen. Personen mit Durchbruchinfektionen hatten seltener mindestens ein Long-COVID-Symptom aufgelistet (Hazard Ratio [HR] = 0,85, 95 %-KI 0,82–0,89). Ferner war ihr Risiko für das Auftreten von 24 (51,1 %) von insgesamt 47 Long-COVID-Einzelsymptomen geringer [20].

Eine indonesische Studie beschäftigte sich mit Geruchsstörungen nach SARS-CoV-2-Infektion; diese traten 2 Wochen nach Freitesten bei vollständig Geimpften in geringerem Ausmaß auf als in der Kontrollgruppe („adjusted odds ratio“ [aOR] 0,31, 95 %-KI 0,102–0,941), waren allerdings wieder häufiger, je länger der Infektionszeitpunkt von der Impfung entfernt war [21].

In einer indischen Studie hatten von 773 Genesenen (407 ungeimpft) 33,2 % Long-COVID-Symptome 4–12 Wochen nach positivem Test (kurzer Zeitraum) und 12,8 % > 12 Wochen später (langer Zeitraum). Die vollständige Impfung führte zu einer 45 %igen Reduktion der Wahrscheinlichkeit von Long-COVID im Vergleich zu Ungeimpften (aOR 0,55, 95 %-KI 0,37–0,85), wobei nicht angegeben ist, ob der kurze, der lange oder beide Zeiträume in die Analyse eingeschlossen wurden. Eine einmalige Impfung hatte keinen protektiven Effekt (aOR 1,00, 95 %-KI 0,66–1,49; [22]).

Eine britische Studie ergab, dass eine zweimalige Impfung mindestens 2 Wochen vor SARS-CoV-2-Infektion mit einer 41 %igen Reduktion der Long-COVID-Wahrscheinlichkeit zum Zeitpunkt 12 Wochen nach Infektion assoziiert war: Long-COVID jeglichen Schweregrads aOR 0,59 (95 %-KI 0,50–0,69), aktivitäteneinschränkende Long-COVID aOR 0,59 (95 %-KI 0,48–0,73; [23]).

In einer Analyse von Krankenakten aus mehreren Nationen hatten 64,9 % der zweifach Geimpften und 65,6 % der ungeimpften Kontrollen irgendein Long-COVID-Symptom im Zeitraum von 6 Monaten nach SARS-CoV-2-Infektion (HR 1,00, 95 %-KI 0,95–1,06, p = 0,98). Auch nach einmaliger Impfung ergab sich kein Unterschied zwischen den Gruppen (HR 0,96, 95 %-KI 0,89–1,03, p = 0,24). Bezogen auf die Long-COVID-Einzelsymptome hatten Geimpfte (einfach oder zweifach) jedoch ein signifikant niedrigeres Risiko für Fatigue (HR 0,89, 95 %-KI 0,81–0,97, p = 0,01), Muskelschmerz (HR 0,78, 95 %-KI 0,67–0,91, p = 0,001) und sonstigen Schmerz (HR 0,90, 95 %-KI 0,81–0,99, p = 0,03; [26]).

In einer indischen monozentrischen Studie hatten vollständig Geimpfte ein höheres Risiko für Long-COVID-Symptome 4 Wochen nach Infektion im Vergleich zu Ungeimpften (OR = 2,32, 95 %-KI 1,17–4,58, p = 0,01). Für einmalig Geimpfte ergab sich kein Unterschied (OR 1,88, 95 %-KI 0,84–4,22, p = 0,13). Die Autoren mutmaßen, dass dieses Phänomen durch höhere Überlebensraten bei Geimpften zustande gekommen sein könnte [27].

Impfung vor und/oder nach SARS-CoV-2-Infektion

In einer israelischen Querschnittsstudie hatten sich 337 von 951 Teilnehmern (35,4 %) nicht vollständig von COVID-19 erholt. Mindestens zweifach Geimpfte, wobei der Impfzeitpunkt vor oder nach der Infektion liegen konnte, hatten im Vergleich zu Ungeimpften ein niedrigeres Risiko in Bezug auf 7 von 10 der am häufigsten berichteten Long-COVID-Symptome:

  • Fatigue („adjusted risk ratio“ [aRR] 0,361, 95 %-KI 0,185–0,706, p = 0,003)

  • Kopfschmerzen (aRR 0,461, 95 %-KI 0,255–0,834, p = 0,010)

  • Schwäche in Armen und Beinen (aRR 0,428, 95 %-KI 0,196–0,936, p = 0,033)

  • Persistierender Muskelschmerz (aRR 0,317, 95 %-KI 0,114–0,881, p = 0,028)

  • Haarausfall (aRR 0,174, 95 %-KI 0,056–0,598, p = 0,005)

  • Schwindel (aRR 0,263, 95 %-KI 0,087–1,794, p = 0,018)

  • Kurzatmigkeit (aRR 0,233, 95 %-KI 0,065–0,839, p = 0,026)

Für die Symptome Konzentrationsverlust, Schlafstörungen und persistierender Husten ergab sich kein Unterschied. Eine einmalige Impfung beeinflusste das Auftreten von Long-COVID-Symptomen nicht. Da in Israel nach durchgemachter SARS-CoV-2-Infektion nur eine einmalige COVID-19-Impfung empfohlen war, mutmaßen die Autoren, dass einfach Geimpfte meist Probanden waren, die erst nach Infektion geimpft wurden und sich deswegen kein Einfluss auf Long-COVID nachweisen ließ [24].

Eine Analyse von Krankenakten in den USA verglich die Wahrscheinlichkeit von Long-COVID-Symptomen bei zu unterschiedlichen Zeiten einmalig Geimpften im Vergleich mit Ungeimpften. Bei vor Infektion einmalig Geimpften lag die OR für „irgendein Long-COVID-Symptom“ 12–20 Wochen nach COVID-19-Diagnose bei 0,220 (95 %-KI 0,196–0,245, p < 0,005) und die OR für „mehr als ein Long-COVID-Symptom“ bei 0,113 (95 %-KI 0,090–0,143, p < 0,005). Bei einer einmaligen Impfung im Zeitraum von 0 bis 12 Wochen nach COVID-19-Diagnose war der positive Einfluss der Impfung auf Long-COVID umso stärker, je früher geimpft wurde. So betrug die OR für „irgendein Long-COVID-Symptom“ bei einer Impfung 0–4 Wochen nach COVID-19-Diagnose 0,382 (95 %-KI 0,353–0,413, p < 0,005), bei einer Impfung 4–8 Wochen nach Diagnose 0,535 (95 %-KI 0,506–0,567, p < 0,005) und bei einer Impfung 8–12 Wochen nach Diagnose 0,747 (95 %-KI 0,713–0,784, p < 0,005). Eine ähnliche Dynamik war für den Komplex „mehr als ein Long-COVID-Symptom“ nachweisbar [25].

COVID-19-Impfung als therapeutische Option bei Long-COVID

Es werden 12 Studien vorgestellt (Tab. 2). Bei bestehendem Long-COVID führte die COVID-19-Impfung in 8 Fällen zu einer Modifikation (Verbesserung und Verschlechterung) der Long-COVID-Symptome, die teilweise nur passager anhielt [28,29,30,31,32,33,34,35]. In einer Studie konnte eine Reduktion der Long-COVID-induzierten Hausarztbesuche berichtet werden [36]. Zwei Studien konnten keinen Einfluss der Impfung auf Long-COVID nachweisen [37, 38]. Eine Studie beschrieb Long-COVID nicht als Risikofaktor für eine erhöhte Reaktogenität der COVID-19-Impfung [39].

Tab. 2 COVID-19-Impfung zur Therapie von Long-COVID

In einer Fallserie aus Großbritannien wurde der Gesundheitsstatus von Long-COVID-Patienten 30 Tage nach erster Impfdosis (BioNTech oder AstraZeneca) erhoben. Dabei zeigte sich, dass von 159 initial beklagten Symptomen 37 (23,2 %) gebessert, 9 (5,6 %) verschlechtert und 113 (71,1 %) unverändert waren. Lebensqualität und geistiges Wohlbefinden blieben unbeeinflusst von der Impfung. Passagere Impfnebenwirkungen (< 72 h) wurden von 26 (72 %) Teilnehmern berichtet. Zwischen BioNTech- und AstraZeneca-Impflingen bestand kein Unterschied [28].

In einer prospektiven britischen Kohortenstudie wurde der Effekt der Impfung bei Long-COVID wie folgt beschrieben: Long-COVID nahm vor der Impfung um 0,3 % (95 %-KI −0,9–0,2 %) pro Woche nach Infektion ab; die erste Impfung reduzierte die Wahrscheinlichkeit von Long-COVID um 12,8 % (95 %-KI −18,6–−6,6 %), die zweite Impfung um 8,8 % (95 %-KI −14,1–−3,1 %); nach zweiter Impfung kam es zu einem weiteren kontinuierlichen Abfall der Long-COVID-Wahrscheinlichkeit um 0,8 % (95 %-KI −1,2–−0,4 %) pro Woche, der im Median über 67 Tage anhielt. Es bestand kein signifikanter Unterschied zwischen mRNA- und Adenovirusvektorimpfstoff [29].

Unter 67 Klinikmitarbeitern mit Long-COVID in Großbritannien führte die erste COVID-Impfung bei 45 Probanden (67 %) zu keiner Symptomänderung, 14 (21 %) berichteten über eine Verbesserung von mindestens einem Symptom und 8 (12 %) über eine Symptomverschlechterung. Selbstlimitierende Impfnebenwirkungen wurden von 48 Probanden (72 %) berichtet [30].

Eine in mehreren Ländern durchgeführte Umfrage unter 812 Long-COVID-Patienten ergab nach erster Impfung bei 57 % eine Verbesserung von Symptomen, bei 25 % keine Veränderung und bei 19 % eine Verschlechterung. Die Änderungen waren teilweise nur passager, die Verbesserung war bei 52,3 % nicht anhaltend und bestand im Median nur 14–21 Tage; in ähnlicher Weise war die Verschlechterung bei 50,0 % nur passager und ging im Median nach 3–7 Tagen zurück, sodass hier laut Autoren von Impfnebenwirkungen auszugehen ist. In Bezug auf 3 von 4 in der Studie führende Long-COVID-Symptome (Fatigue, Benommenheit und Muskelschmerz) waren dabei die mRNA-Impfstoffe von BioNTech und Moderna wirksamer als der Vektorimpfstoff von AstraZeneca [31].

Eine Umfrage in französischsprachigen Ländern ergab in einer Gruppe von 380 Long-COVID-Patienten, die wenigstens eine Impfung erhalten hatten, bei 117 Probanden (so beschrieben im Text, die dazugehörige Tabelle nennt 118) insgesamt eine Verschlechterung der Symptome, die in 63,7 % der Fälle über mehr als 2 Wochen andauerte, und bei 83 Probanden insgesamt eine Verbesserung, die in 72,6 % der Fälle auch noch nach 2 Wochen anhielt. Die Art des Impfstoffs hatte keinen Einfluss auf die Ergebnisse [32].

Eine französische prospektive Kohortenstudie verglich den Verlauf von Long-COVID-Symptomen bei geimpften und ungeimpften Probanden. Long-COVID-Symptome waren 120 Tage nach Rekrutierung weniger schwer bei geimpften als bei ungeimpften Teilnehmern (Unterschied im Long-COVID-Symptom-Tool-Score −1,8, 95 %-KI −2,5–−1,0), und mehr Geimpfte als Ungeimpfte traten in Remission (16,6 % vs. 7,5 %, HR 1,97, 95 %-KI 1,23–3,15). Ferner war die Beeinträchtigung im Alltag durch Long-COVID-Symptome in der Gruppe der Geimpften geringer (mittlerer Unterschied im Long-COVID-Impact-Tool-Score −3,3, 95 %-KI −6,2–−0,5). Die Studie erfasste ferner schwere Impfnebenwirkungen in der Gruppe der Geimpften (26 von 455). Vier Probanden mussten sich in einem Krankenhaus vorstellen, für 13 war die Impfung mit einem Rezidiv der Long-COVID-Symptome vergesellschaftet und bei 5 traten klassische lokale und systemische Impfnebenwirkungen auf; der Rest beklagte Verdauungsprobleme (2), schwere Beine (1) und Fatigue (1; [33]).

Eine Studie mit einer Stichprobe aus SARS-CoV-2-positiv und -negativ getesteten Probanden, die hinsichtlich verschiedener Faktoren (unter anderem Alter, Geschlecht, Ausbildung, Einkommen) entsprechend dem Durchschnitt der US-Bevölkerung ausgewählt wurden, verglich Long-COVID-typische Symptome > 4 Wochen nach Infektion (bei SARS-CoV-2-Positiven) bzw. das Vorliegen solcher Symptome über denselben Zeitraum bei SARS-CoV-2 negativen Probanden. Eine Verbesserung dieser Symptome nach Impfung wurde von 28,7 % vs. 15,7 % der Probanden mit positivem bzw. negativem SARS-CoV-2-Test berichtet (p = 0,023). 26,4 % der Teilnehmer mit positivem Test und 59,2 % mit negativem Test sahen ihre Symptome unbeeinflusst durch die Impfung (p < 0,001). Bezüglich einer Verschlechterung der Symptomatik nach Impfung bestand kein Unterschied zwischen den beiden Gruppen (16,1 % vs. 11,2 %, p = 0,271). Zum Zeitpunkt der Impfung waren die Symptome bei den positiv Getesteten häufiger bereits sistierend (28,4 % vs. 13,1 %, p = 0,007; [34]).

Eine Schweizer Querschnittsstudie in Form einer Umfrage unter 1596 Individuen mit Long-COVID berichtete, dass die Symptome nach Impfung in 30,8 % der Fälle sistierten, sich in 4,7 % verbesserten, in 3,3 % verschlechterten und in 28,7 % unverändert waren. In der statistischen Auswertung ergab sich eine Verbesserung von Long-COVID bei zweifach Geimpften im Vergleich zu Ungeimpften (aOR 0,60, 95 %-KI 0,43–0,83), nicht jedoch bei einfach Geimpften (aOR 0,82, 95 %-KI 0,61–1,08; [35]).

Die Analyse einer britischen Gesundheitsdatenbank zeigte, dass bei Long-COVID-Patienten, die nicht wegen COVID-19 hospitalisiert waren, eine mindestens einmalige Impfung zu einer signifikanten Reduktion der Hausarztbesuche für 25 von 27 Long-COVID-Symptomen geführt hatte („adjusted incidence rate ratios“ [aIRR] dieser Symptome im Bereich von 0,15 bis 0,71). Ferner reduzierte sich, im Vergleich zur Periode vor der Impfung, die Nutzung von Ressourcen des Gesundheitssystems (aIRR 0,50, 95 %-KI 0,48–0,51, p < 0,001), einschließlich Hausarztbesuchen, Krankenhauseinweisungen und Vorstellungen in der Notaufnahme [36].

Im Rahmen einer italienischen Studie wurden 479 Erwachsene, die im Rahmen der ersten Pandemiewelle von März bis Mai 2020 an COVID-19 erkrankt waren, zum Zeitpunkt 6 und 12 Monate nach Erkrankung zu einem Interview eingeladen. Long-COVID stieg dabei von 42,0 % nach 6 Monaten auf 47,2 % nach 12 Monaten. 132 aller Probanden (27,6 %) waren zum zweiten Studienzeitpunkt mindestens einmalig geimpft. Es bestand kein Unterschied in Bezug auf Long-COVID zwischen Geimpften und Ungeimpften zum Zeitpunkt 12 vs. 6 Monate (p = 0,209). Die Autoren schlussfolgerten, dass die COVID-19-Impfung nicht zu einer Verschlechterung oder dem Neuauftreten von Long-COVID führt [37].

In einer Long-COVID-Ambulanz in New York waren von 453 initial ungeimpften Patienten 6 Monate nach Rekrutierung 324 (72 %) einfach oder zweifach geimpft. Im Vergleich zwischen geimpften und ungeimpften Long-COVID-Patienten zeigte sich hinsichtlich sämtlicher Einzelsymptome kein Unterschied [38].

Eine Umfrage unter Mitarbeitern im britischen Gesundheitswesen ergab, dass eine erhöhte Reaktogenität der einmaligen COVID-19-Impfung mit BioNTech-Impfstoff bei vorangegangener SARS-CoV-2-Infektion bestand, jedoch nicht bei Patienten mit Long-COVID-Syndrom [39].

Resümee

Randomisierte Studien zur Bewertung der COVID-19-Impfung hinsichtlich Prävention und Therapie von Long-COVID sind zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorhanden. Qualität und Quantität der hier vorgestellten Beobachtungsstudien lassen keine abschließende Stellungnahme zu. Es gibt jedoch klare Hinweise, dass die (vollständige) COVID-19-Impfung das Auftreten von Long-COVID reduzieren kann.

Die Impfung scheint bei bestehender Long-COVID die Symptomatik bisweilen zu modifizieren, es ist jedoch bisher unklar, ob es sich um einen, zum Teil nur passageren, Reaktogenitätseffekt oder um eine andauernde Wirkung handelt.

Es gibt klare Hinweise, dass die COVID-19-Impfung das Auftreten von Long-COVID reduzieren kann

In den Studien bisher nicht erfasst ist der indirekte Einfluss der COVID-19-Impfung auf Long-COVID, indem symptomatische SARS-CoV‑2-Infektionen in unterschiedlichem Ausmaß verhindert werden [40,41,42,43,44]. Unklar ist zudem, inwiefern durch die Vermeidung schwerer Verläufe ein Einfluss der COVID-19-Impfung auf Long-COVID geltend gemacht werden kann, da umstritten ist, ob ein schwerer Verlauf ein Risikofaktor für Long-COVID ist [17, 45, 46]. Denkbar ist auch ein variantenspezifischer Einfluss der Impfung auf Long-COVID, Daten hierzu liegen nicht vor. Zumindest erwähnt werden muss in diesem Kontext auch, dass in sehr seltenen Fällen die COVID-19-Impfung möglicherweise Long-COVID-ähnliche Beschwerden im Sinne eines Post-Vac-Syndroms verursachen kann [47, 48].

Weitere Erkenntnisse werden von laufenden Studien erwartet. Die US-amerikanische Yale-COVID-Recovery-Studie untersucht in einer prospektiven Kohorte den Einfluss der Impfung auf Symptome und Immunantwort bei Long-COVID-Patienten [49]. Eine Studie der Universität von Oxford beschäftigt sich mit dem Effekt verschiedener Impfstoffe auf Long-COVID [50]. Die NIH-RECOVER-Studie ist eine auf 4 Jahre ausgelegte kombiniert retro- und prospektive Kohortenstudie, die unter anderem verschiedenste Aspekte von Long-COVID beleuchten will [51].

Fazit für die Praxis

  • Die (vollständige) COVID-19-Impfung reduziert vermutlich das Risiko für Long-COVID bei Durchbruchinfektionen.

  • Ein zusätzlicher therapeutischer Nutzen bei bestehendem Long-COVID ist bislang ungeklärt.