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Chronisch-entzündliche Erkrankungen führten in der Vergangenheit bei Menschen aller Altersgruppen zu erheblichen Einschränkungen der Lebensqualität, zu Invalidität und therapiebedingten Schäden, auch unter Kortikosteroid- und herkömmlicher immunsuppressiver Therapie. Biologika, also biotechnologisch hergestellte monoklonale Antikörper oder Fusionsproteine/Rezeptorkonstrukte, haben die Entzündungsmedizin in den vergangenen zwei Dekaden revolutioniert. Sie haben Eingang gefunden in die Therapie immunvermittelter und autoinflammatorischer Erkrankungen der Rheumatologie im Erwachsenen- und Kindesalter (rheumatoide Arthritis, Morbus Still, Spondyloarthritiden, Psoriasisarthritis, Großgefäßvaskulitiden, mit anti-neutrophilen zytoplasmatischen Antikörpern [ANCA] assoziierte Vaskulitiden, systemischer Lupus erythematodes, Gicht), der Gastroenterologie (chronisch-entzündliche Darmerkrankungen), der Pneumologie (Asthma bronchiale), der Dermatologie (Psoriasis, atopische Dermatitis, Acne inversa, Hidradenitis suppurativa, chronische Urtikaria) und der Neurologie (multiple Sklerose). In der Behandlung der Osteoporose hat Denosumab inzwischen einen festen Platz. B‑Zell-depletierende Antikörper wie Rituximab, ursprünglich in der Hämatoonkologie eingesetzt, haben inzwischen Indikationserweiterungen für die rheumatoide Arthritis und die ANCA-assoziierten Vaskulitiden erhalten.

Biologika haben die Entzündungsmedizin in den vergangenen zwei Dekaden revolutioniert

Unter monoklonalen Antikörpern versteht man spezifische Therapeutika, die ihr Target-Molekül selektiv erkennen und dadurch gezielte Wirkmechanismen auslösen (Zelldepletion, Blockade von Zytokinen und anderen Botenstoffen, Rezeptorantagonismus). Es ergibt sich insgesamt ein vorteilhaftes Nutzen-Risiko-Verhältnis mit positivem Sicherheitsprofil, was auch für die Langzeitanwendung gilt. Das Management chronisch-entzündlicher Erkrankungen hat sich durch die Einbeziehung von Biologika in leitliniengerechte Therapien inzwischen wesentlich verbessert. Die Tatsache aber, dass auch eine Biologikatherapie nicht oder nur in seltenen Fällen zu einer „Heilung“ im Sinne der medikamentenfreien Remission führt, bringt neue Herausforderungen mit sich – für die Betroffenen selbst in ihrer Lebensplanung, für die verordnenden Fachärztinnen und Fachärzte sowie für die hausärztlich tätigen Internisten und Allgemeinmedizinerinnen. Wir haben uns mit dem vorliegenden Themenschwerpunkt von Der Internist daher zum Ziel gesetzt, eine Übersicht über die vielfältigen Entwicklungen im Einsatz alter und neuer Biologika zu geben und für die Besonderheiten in der Langzeitbetreuung zu sensibilisieren.

Den Beginn machen zwei Übersichtsarbeiten zum Einsatz von Biologika in der Rheumatologie. C. Fiehn fasst die Erkenntnisse zur Biologikatherapie bei rheumatoider Arthritis und Spondyloarthritiden übersichtlich zusammen und erläutert konkret den Einsatz nach aktuellen Leitlinien. B. Hellmich u. J.C. Henes nehmen sich des Themas „Biologika bei Kollagenosen und Vaskulitiden“ an. Hier haben neue Erkenntnisse zur Pathogenese gerade erst in den letzten Jahren die Entwicklung sehr spezifischer therapeutischer Antikörper ermöglicht. P. Esters et al. beschreiben die bereits jetzt zugelassenen Biologika zur Therapie chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen, die einerseits die Behandlungsalternativen vervielfältigen und andererseits die Therapiealgorithmen deutlich komplexer machen. Neue Substanzen befinden sich in der Entwicklung und werden in Zulassungsstudien untersucht. Den Abschluss bildet eine Arbeit von T. Zander u. M. Hallek, die den Fokus auf mögliche unerwünschte Wirkungen – ob infektiologisch, allergisch oder autoimmunologisch – setzt.

Ihnen, verehrte Kolleginnen und Kollegen, möchten wir die faszinierenden neuen Therapiemöglichkeiten chronisch-entzündlicher Autoimmunerkrankungen in der Inneren Medizin nahebringen und mögliche vorhandene Bedenken gegen den Einsatz von Biologika nehmen. Die Kenntnis von Wirkmechanismen und Nebenwirkungen, die Perspektive, unter Biologikatherapie Kortikosteroide abzusetzen, und die gemeinsame Betreuung unserer Patientinnen und Patienten bieten uns neue Möglichkeiten in der Entzündungsmedizin.

Elisabeth Märker-Hermann

Michael Hallek