Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Schwerpunkt der vorliegenden Ausgabe von Der Internist ist die Hypertonie. Neben Diabetes ist sie die häufigste Erkrankung unserer Patienten. Die Diagnose Hypertonie bedeutet für viele Patienten eine lebenslange Indikation medikamentöser Therapie. Für wenige Erkrankungen stehen uns so viele unterschiedliche Arzneimittelstrategien zur Verfügung. Diese Vielzahl an therapeutischen Ansätzen reflektiert unsere zahlreichen pathophysiologischen Modelle der Erkrankung „essenzielle Hypertonie“: Eine gesteigerte sympathische Aktivität, Störungen in der Kontraktilität der Gefäßmuskulatur, gesteigerte Herzauswurfleistung, Störungen des Renin-Angiotensin-Systems, Störungen des Natriumhaushalts und manch andere Mechanismen sind in den letzten hundert Jahren intensiv diskutiert worden. Lange Zeit haben experimentelle und klinische Untersuchungen zur Pathogenese der essenziellen Hypertonie das Feld dominiert. In den letzten Jahren haben sich die Themen und Schwerpunkte bezüglich der Hypertonie gewandelt. In der vorliegenden Ausgabe stellen wir wesentliche Aspekte der Hypertonie 2021 vor.

In den letzten Jahren haben sich Themen und Schwerpunkte bezüglich der Hypertonie gewandelt

Prof. F. C. Luft beschäftigt sich in seinem Beitrag mit dem wichtigen Thema der Genetik der Hypertonie. Dies betrifft auf der einen Seite die genetische Prädisposition der Patienten mit essenzieller Hypertonie. Der Autor hat durch seine Forschung in den letzten 20 Jahren wesentlich zum Verständnis der Genetik der Hypertonie beigetragen. Wie steht es um die unterschiedlichen genetischen Polymorphismen bei unseren hypertensiven Patienten, die für sich allein keinen Krankheitswert aufweisen, in der Kombination jedoch zur Entstehung der Hypertonie beitragen können? Andererseits gibt es genetische Formen der Hypertonie, die selten sind, aber für unser Verständnis der Pathogenese Bedeutung haben.

M. van der Giet aus Berlin beschäftigt sich mit den interventionellen Therapiestrategien. Insbesondere bei Patienten mit schwerer therapieresistenter Hypertonie stellt sich die Frage, wie man den Blutdruck interventionell beeinflussen kann. In den letzten Jahren sind zahlreiche neue therapeutische Methoden vorgestellt worden. Prof. van der Giet diskutiert diese kritisch und beschreibt die realistischen Möglichkeiten, interventionelle Therapiestrategien bei Patienten mit Hypertonie einzusetzen.

U. Scholl aus Berlin ist weltweit eine der führenden Expertinnen für Hyperaldosteronismus. Ihre Forschung zu den genetischen Ursachen des Hyperaldosteronismus haben unsere Vorstellungen von der Erkrankung verändert und wesentlich dazu beigetragen, betroffene Patienten genetisch weiter zu analysieren. In ihrem Beitrag geht die Autorin auf neue Therapiestrategien für Patienten mit Hyperaldosteronismus ein und beschreibt den Einfluss der gesteigerten Aldosteronsekretion auf die essenzielle Hypertonie.

T. Lenz ist ein ausgewiesener Spezialist auf dem Gebiet der Nierenarterienstenose. Diese Erkrankung ist eine der häufigsten sekundären Hypertonieformen. Die Nierenarterienstenose ist eine therapeutische Herausforderung. Während das Vorliegen einer Engstellung in der Nierenarterie zur Dilatation einlädt, gibt es bislang keine überzeugenden Studien, die belegen würden, dass diese Intervention sinnvoll ist. Prof. Lenz nimmt zu diesem Dilemma Stellung und erläutert ein strukturiertes Vorgehen bei Patienten mit Verdacht auf Nierenarterienstenose.

Dr. C. Beger und Prof. F. Limbourg aus Hannover beschäftigen sich mit dem wichtigen Thema der Telemedizin. Insbesondere bei Patienten mit unkomplizierter Hypertonie ist die regelmäßige Betreuung von großer Bedeutung. Da häufig keine akuten Beschwerden vorliegen, ist es notwendig, die Patienten in regelmäßigen Abständen zu sehen. Die Telemedizin kann hier eine wichtige Rolle spielen und die Therapieadhärenz wesentlich verbessern.

Im letzten Beitrag stellt Dr. A. Wilck aus Berlin das komplizierte Thema Ernährung und Hypertonie vor. Über lange Zeit war dieser Zusammenhang vor allem durch die Kalorienaufnahme und deren Wirkung auf die Hypertonie bestimmt. Wir wissen inzwischen, dass der Darm und dessen Mikrobiom eine Rolle in der Pathogenese von Erkrankungen spielen. Dr. A. Wilck hat in den letzten Jahren wichtige Untersuchungen zur Rolle des Mikrobioms durchgeführt und erläutert den komplexen Zusammenhang zwischen den Vorgängen im Darm und der Entstehung von Hypertonie.

Ich hoffe, wir haben mit dieser breiten Zusammenstellung aktuelle Aspekte der Hypertonie beleuchtet und deren Relevanz für den klinischen Alltag aufgezeigt. Haben Sie viel Freude beim Studium der Beiträge.

Mit besten Grüßen

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H. Haller