Biomarker haben viele Aspekte medizinischer Fragestellungen revolutioniert. Dies gilt in großem Maße für den kardiovaskulären Bereich, ist allerdings bei Weitem nicht auf diesen beschränkt. Zu nennen sind selbstverständlich die Troponine und die natriuretischen Peptide, auf der anderen Seite aber auch Tumormarker, das D‑Dimer oder das C‑reaktive Protein. Dabei sollte allerdings nicht vergessen werden, dass Biomarker im weiteren Sinne Parameter darstellen, die biologische und pathologische Prozesse beschreiben und objektiv quantifiziert oder evaluiert werden können. Daneben können Biomarker auch als Antwort auf therapeutische Interventionen beschrieben werden. Daraus kann geschlussfolgert werden, dass, selbst wenn heute der Begriff Biomarker meist auf Blut- bzw. Urinmarker abzielt, letztlich jeder objektiv quantifizierbare Parameter als Biomarker verstanden werden kann. Derartige Parameter dienen gerade in Phase-II-Studien oftmals als Surrogatendpunkte. Trotzdem schließt der Begriff Biomarker grundsätzlich auch den Blutdruck, die Körpergröße oder auch die QRS-Breite im EKG ein.

Die Analyse von Biomarkerergebnissen muss das gesamte klinische Bild eines Patienten einbeziehen

Die Analyse von Blutbiomarkern bleibt gerade in der Akutdiagnostik oftmals problembehaftet. Dies hat seine Ursache teilweise in der Probenaufbereitung (Präanalytik), aber auch in patientenindividuellen Eigenheiten. Ganz vordergründig sind hier Komorbiditäten zu nennen, allen voran die eingeschränkte Nierenfunktion, die auf sehr viele im Blut nachweisbare Peptide Einfluss nimmt. Aber auch Vorhofflimmern, Verletzungen, Stress oder Blutdruckkrisen können einzelne Biomarker beeinflussen und deren Interpretation erschweren. Die Analyse von Biomarkerergebnissen bleibt also immer eine Einzelfallentscheidung, die das gesamte klinische Bild eines Patienten einbeziehen muss – damit ist sie deutlich schwieriger als das Interpretieren etwa eines Schwangerschaftstests.

An der Entwicklung der Plasmabiomarker des akuten Myokardinfarkts lässt sich dies leicht nachvollziehen. So kam es in den späten 50er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts zunächst zur Nutzung der Analyse von Aspartataminotransferasewerten. Im weiteren Verlauf wurden ab den 1960er-Jahren die Kreatinkinase, ab den 1970er-Jahren dann die Isoenzyme der Kreatinkinase sowie die Analyse der Laktatdehydrogenaseisoenzyme verwendet. Jeder, der diese Enzyme im klinischen Alltag genutzt hat, kann nachvollziehen, wie viele verschiedene Einflussfaktoren für diese Marker vorliegen. Die Troponine wurden ab Mitte der 1990er-Jahre verfügbar, wobei inzwischen die hochsensitiven Tests den Goldstandard darstellen. Gleichwohl bleibt die Entwicklung neuer Biomarker im Fokus des wissenschaftlichen und klinischen Interesses, und es ist manchmal schwierig, mit den aktuellen Entwicklungen Schritt zu halten. Trotzdem muss festgestellt werden, dass Biomarker im klinischen Alltag nur helfen können, wenn sie Weichenstellungen bei klinischen Entscheidungen erlauben. Gerade bei der nahezu unüberschaubaren Zahl von prognostischen Biomarkern, die etwa das Überleben prädiktieren sollen, ist genau dies allerdings häufig nicht der Fall, da eine Prognoseabschätzung allein nicht dazu führt, Therapieentscheidungen zu adjustieren bzw. infrage zu stellen. Hierzu sind prospektive Evaluationen erforderlich, die oftmals fehlen.

Der vorliegende Schwerpunkt zu Biomarkern in der Akutmedizin versucht, Ordnung in die unübersichtlich werdende Literatur zu bringen. Hierfür ist es uns gelungen, hochkarätige Autorenteams mit ausgezeichneter wissenschaftlicher und klinischer Expertise zu gewinnen, die sich relevanten Themen aus der Akutmedizin angenommen haben. Während M. Vafaie et al. Fallstricke in der Analyse von Troponinen in der Akutdiagnostik aufzeigen, zeigt M. Möckel am Beispiel der kombinierten Anwendung von hochsensitiven Troponinen und Copeptin, wie der frühzeitige Ausschluss eines akuten Koronarsyndroms auf moderne Weise bewerkstelligt werden kann, wenn Differenzialdiagnosen und klinische Symptomatik zu den richtigen Tests veranlassen.

D-Dimere bleiben im klinischen Alltag der wichtigste Parameter bei Verdacht auf Lungenarterienembolie

S. Kupp u. J. Pöss zeigen für die Lungenarterienembolie, dass auch ein Marker, der „nur“ über eine sehr gute Sensitivität verfügt, wie dies für das D‑Dimer gilt, wichtige klinische Möglichkeiten bietet. Die hohe Sensitivität erlaubt damit den relativ sicheren Ausschluss der Lungenembolie („rule-out“), die Bestätigung der Diagnose ist allerdings nicht möglich, da hier die Spezifität nicht ausreichend hoch ist. Die Autoren zeigen, dass trotz zahlreicher Versuche, neue Biomarker wie etwa das „heart type fatty acid-binding protein“ zu etablieren, das D‑Dimer der wichtigste Entscheidungsparameter im klinischen Alltag bleibt. Auch hier sind allerdings zahlreiche Einflussfaktoren zu berücksichtigen, so etwa Vorhofflimmern, Malignome oder Schwangerschaft.

M. Wallbach et al. schildern das Beispiel des akuten Nierenversagens, wo auch zahlreiche Versuche unternommen wurden, die Unzulänglichkeiten der Bestimmung von Serumkreatinin zu überwinden. Trotz allem bleibt dessen Anstieg bzw. das Vorhandensein einer Oligurie derzeitiger Goldstandard für die Definition und Klassifikation der akuten Nierenschädigung. Marker wie Cystatin C bekommen zwar zunehmende Bedeutung, spielen allerdings in der Akutdiagnostik noch eine geringe Rolle.

K. Hellenkamp und S. von Haehling zeigen am Beispiel der natriuretischen Peptide, dass es möglich ist, den Verdacht auf Herzinsuffizienz mittels Biomarkeranalyse von BNP, NT-proBNP oder MR-proANP frühzeitig zu verwerfen. Dies kann gerade in Akutsituationen wichtige Hinweise liefern, da die Sensitivität der Marker ausreichend hoch ist. Auch eine Bestätigung der Diagnose ist durch Biomarkeranalyse durchaus möglich, wobei hier allerdings vollkommen andere Schwellenwerte gelten als für den Ausschluss der Diagnose. Gerade am Beispiel der natriuretischen Peptide wird damit die große Bedeutung einer Grauzone verdeutlicht, in der der Nutzen des Biomarkerwerts unklar bleibt.

Biomarker werden in naher Zukunft eher an Bedeutung gewinnen, wobei ihre Analyse immer klinisches Wissen und klinische Erfahrung erfordert. Denkbar sind in Zukunft auch Portfolios von Biomarkern, die nur bei gemeinsamer Analyse den Weg zu klinischen Entscheidungen bahnen können. Wir wünschen eine angenehme Lektüre zur Thematik der Biomarker in der Akutmedizin.

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S. von Haehling

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G. Hasenfuß