Die Versorgungsrealität im Gesundheitswesen stellt uns vor große Herausforderungen, ebenso die Fortschritte in der Medizin und die sich stetig ändernden Behandlungsempfehlungen und Leitlinien in allen Fachgebieten. Eine solide klinische Ausbildung und mehrjährige Berufsausbildung ermöglicht es, im Alltag Akut- und Dauerdiagnosen zu ordnen und effizient Behandlungsschritte einzuleiten und zu überwachen. Die Aufarbeitung eines praxisorientierten Behandlungspfads, geschrieben von hausärztlichen niedergelassenen Kollegen aus dem Fachgebiet der Inneren Medizin, war einer der größten Wünsche der Gründungsmitglieder der AG Hausärztliche Internisten. Wichtig ist uns, täglich vorkommende Leitsymptome zusammenzustellen und aus „unserer täglichen Perspektive heraus“ so aufzuarbeiten, dass unsere Diagnose- und Behandlungspfade dargestellt werden. Die praxisorientierte Differenzialdiagnose und Differenzialtherapie darzustellen und dabei das Leitsymptom im Auge zu behalten, ist unser Anliegen.

Die allermeisten Leitlinien sind überbordend gestaltete, akademisch-systematische Abhandlungen, da bei deren Erstellung die gesamte Literatur evaluiert und in einem aufwendigen Prozess bewertet werden muss. Unser Schwerpunkt „Hausärztliche Medizin – Teil I“ geht perspektivisch von der täglichen Sprechstunde und den dabei anfallenden Fragestellungen aus. Die Qualität unserer Beiträge ergibt sich aus der Abarbeitung klinisch relevanter Differenzialdiagnosen und den sich im Alltag, unter Wahrung von Wirtschaftlichkeit und Zeitressourcen, wiederholt darstellenden Diagnose- und Behandlungspfaden.

Der Schwerpunkt „Hausärztliche Medizin“ geht perspektivisch von der täglichen Sprechstunde aus

Der erste Beitrag von V. Rüttermann deckt passend zur Jahreszeit das Leitsymptom akuter und chronischer Husten in der Sprechstunde ab. Der Beitrag ist mit aktueller Literatur gut hinterlegt und geht systematisch die notwendige Erhebung von Anamnese, klinischen Symptomen und Vitalparametern sowie ergänzende technische und labordiagnostische Prozesse an. Es werden „Warnsymptome“ aufgezeigt, die beachtet werden müssen, um einen abwendbar gefährlichen Verlauf verhindern zu können. Seiner Leidenschaft folgend hat Kollege Rüttermann einen neuen wertvollen Aspekt in seinem zweiten Beitrag eingebracht: die Anwendung des Lungenultraschalls als schnell verfügbares diagnostisches Werkzeug bei der Abklärung von Husten und Dyspnoe. Es werden sonographische Befunde gezeigt und differenzialdiagnostische Überlegungen wie Herzinsuffizienz und Pleuraerguss aufgearbeitet und detailliert beschrieben.

Der Beitrag „Dyspnoe“ von G. Fröhlich, K. Schorn und H. Fröhlich ist interdisziplinär aufgearbeitet worden und spiegelt den Aufwand in der täglichen Differenzialdiagnose wider. Der Beitrag zeigt zudem auf, wie wichtig es ist, den Diagnosetrichter im Praxisalltag durch das Abarbeiten von Befunden zu aktualisieren und auf die eigentliche Patientendiagnose herunterzubrechen. Obwohl es ein so häufiges Symptom in der Sprechstunde ist, gibt es zu Dyspnoe bisher interessanterweise keine Leitlinie. Die Kollegen haben eine eigenständige Literaturrecherche zusammengestellt und aus der Situation eines niedergelassenen Kollegen heraus die wichtigsten Differenzialdiagnosen und therapeutischen Aspekte zusammengetragen. In diesem Beitrag wird auf die Pathophysiologie der subjektiven Luftnot eingegangen und schrittweise die praxisrelevante Diagnostik dargestellt, zudem werden die Komorbiditäten abgegrenzt. Sowohl der Beitrag zu akutem und chronischem Husten als auch die Abklärung der Dyspnoe zeigt auf, wie hoch der Leidensdruck unserer Patienten ist und wie wichtig die differenzialdiagnostischen Überlegungen sind, ehe eine effektive Therapie eingeleitet wird.

Der Beitrag zu ein- und beidseitigen Beinschwellungen von D. Burchert befasst sich mit einem komplexen interdisziplinären Alltagsproblem, das mit einem hohen Leidensdruck bei unseren Patienten einhergeht. Die Herausforderung ist auch bei diesem Themenkomplex eine auf das Leitsymptom ausgerichtete klinische Anamnese und ein entsprechender klinischer Untersuchungsgang, ergänzt durch wenige technische Befunde. Der Krankheitsverlauf und die Symptomkontrolle sind hierbei die primären Behandlungsziele. Aus der eigenen Sprechstunde wurde Bildmaterial eingearbeitet. Neben der Komorbidität spielt auch die Komedikation eine wichtige Rolle.

Kompetenzen in der psychosomatischen Grundversorgung haben für Hausärzte hohe Bedeutung

Der abschließende Beitrag von I. Grebe mit dem Titel „Innere Medizin zwischen Soma und Psyche“ deckt ein integrales Kapitel der täglichen hausärztlichen Arbeit ab. Die hohe Prävalenz der geschilderten psychosomatischen Beschwerden von rund 30 % in der Sprechstunde zeigt auf, wie wichtig es für hausärztlich tätige Kollegen ist, Kompetenzen auf dem Gebiet der psychosomatischen Grundversorgung zu besitzen. In diesem Beitrag wird deutlich, dass in der täglichen Versorgung von chronisch erkrankten Patienten ein ganzheitlicher therapeutischer Ansatz erforderlich ist. Anhand von Fallvignetten wird exemplarisch dargestellt, dass in einem ganzheitlichen Therapieansatz nach Abklärung und Behandlung somatischer Ursachen bei Beschwerdepersistenz auch die psychische Komponente bedacht werden muss. Für die diagnostische Einordnung funktioneller Körperbeschwerden ist das biopsychosoziale Krankheitsmodell von großer Bedeutung. Die Herausforderung im Praxisalltag besteht darin, somatoforme Störungen (Schmerz, Affekt), Depression und Angstsymptome neben vegetativen Störungen mit den körperlichen Befunden und Symptomen abzugleichen und daraus eine Behandlungsstrategie abzuleiten.

Die oben genannten Beiträge sind eine wertvolle Fundgrube für die tägliche Arbeit. Erfahrene Kollegen haben systematisch interdisziplinäre Leitsymptome aufgearbeitet und aus ihrer Sicht den diagnostischen und therapeutischen Pfad in der hausärztlichen internistischen Praxis dargestellt.

Viel Spaß bei der Lektüre wünschen Ihnen

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D. Burchert

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H. Haller

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E. Märker-Hermann

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C. Sieber

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T. Welte