Mit den obstruktiven Atemwegserkrankungen, dem Bronchialkarzinom, der Pneumonie und der Tuberkulose finden sich vier pneumologische Erkrankungen unter den zehn häufigsten zum Tode führenden Erkrankungen weltweit [1]. Bei all diesen Erkrankungen spielen Komorbiditäten für den Verlauf und die Prognose der Erkrankung eine wesentliche Rolle. Untersuchungen deutscher Netzwerke belegen das beispielsweise für die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung und für die Pneumonie [2, 3]. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus und Tumorerkrankungen, die einzeln, jedoch häufiger gemeinsam mit Lungenerkrankungen zu beobachten sind, kommen dabei eine besondere Bedeutung zu. Mit den schnellen demografischen Veränderungen wird Multimorbidität zu einem zentralen Problem der Medizin.

Die Anforderungen an die Medizin werden immer komplexer

Während auf der einen Seite also eine breite Aus- und Weiterbildung gefordert ist, die alle Aspekte eines multimorbiden Patienten erfassen muss, werden gleichzeitig die Anforderungen an die Medizin immer komplexer. Die vier in dieser Ausgabe von Der Internist veröffentlichten Beiträge, die alle eine Mitbeteiligung des bronchopulmonalen Systems bei anderen, meist systemischen, Erkrankungen beschreiben, belegen das eindrücklich.

A. Moesner, M. Lerche et al. zeigen in ihrem Beitrag, dass pulmonale Veränderungen bei entzündlichen Darmerkrankungen häufig sind und alle Lungenkompartimente – also Pleura, Lungeninterstitium und Bronchialsystem – betreffen können. Dabei ist pathophysiologisch nicht abschließend geklärt, ob die Lungenveränderungen Folge der Darmerkrankung sind oder ob dieselben Auslöser unabhängig voneinander zwei Organsysteme betreffen. Ersteres, also der Befall der Lunge in Abhängigkeit von der Grunderkrankung und ihrer Therapie, ist typisch für die Lungenerkrankung bei hämatologischen Erkrankungen, die in ihrer Diversität im Beitrag von S.-S. Stecher, S. Lippl et al. dargestellt werden.

Exemplarisch für die Beteiligung der Lunge im Rahmen von entzündlichen Systemerkrankungen sind die systemischen Vaskulitiden, die rheumatoide Arthritis und die Kollagenosen. Je nach klinisch führendem Organbefall (Gelenke, Lunge, Nieren, Nervensystem, Haut) und/oder Allgemeinsymptomen wird sich der betroffene Patient primär beim Rheumatologen, Pneumologen, Nephrologen, Neurologen, Dermatologen oder Allgemeininternisten vorstellen, nicht selten sind schon zum Zeitpunkt der Erstmanifestation intensivmedizinisch tätige Internisten gefragt. C. Kroegel et al. stellen die Systematik der primären und sekundären Vaskulitiden mit Lungenmanifestation dar und gehen hier namentlich auf die mit Eosinophilie assoziierten pulmonalen Vaskulitiden ein. Praktische Algorithmen erleichtern eine zielgerichtete Diagnostik und Differenzialdiagnostik dieser oft lebensbedrohlichen Systemerkrankungen.

D. Grund u. E. Siegert befassen sich in ihrem Beitrag mit den interstitiellen fibrosierenden Lungenerkrankungen, die neben Pleuritiden und intrapulmonalen Granulomen nicht selten bei rheumatologischen Erkrankungen wie der rheumatoiden Arthritis, der systemischen Sklerose und anderen Kollagenosen beobachtet werden. Die genaue histologische und radiologische Subtypisierung der interstitiellen Lungenerkrankung und die Erfassung der Aktivität der rheumatischen Grunderkrankung beeinflussen wesentlich die Therapie, die individuell eher klassisch immunsuppressiv, biologikabasiert oder antifibrotisch sein kann. So werden spezifische antifibrotische Therapien der Lungenfibrose wie die Gabe von Pirfenidon und Nintedanib derzeit auch bei rheumatischen Erkrankungen getestet. Die bis dahin der Biologikatherapie skeptisch gegenüberstehende Pneumologie konnte dabei sehr viel im Hinblick auf individualisierte Medizin von der Rheumatologie lernen.

Netzwerkbildung funktioniert auch in der Inneren Medizin bisher nur in Einzelfällen

Das Beispiel der Beteiligung der Lunge bei Systemerkrankungen zeigt zwei Dinge. Gerade im Bereich der seltenen Erkrankungen ist eine große Expertise nötig, um Krankheiten richtig diagnostizieren und adäquat behandeln zu können. Individualisierte Therapie braucht Expertenzentren. Aber diese Zentren können nur bedingt Versorgungsmedizin leisten. Dazu braucht es Netzwerke, in denen die Aufgaben sinnvoll verteilt werden und in denen sich die gesamte Breite der Medizin von der Spezialisierung bis zur Ganzheitlichkeit abbildet. Die Innere Medizin ist die Disziplin, die die Breite der Ausbildung und die Spezialisierung ermöglicht, sie wird damit den Anforderungen an eine moderne Medizin am ehesten gerecht. Netzwerkbildung funktioniert auch in der Inneren Medizin bisher nur in Einzelfällen. Zu oft entwickelt sich eine Konkurrenz zwischen ambulantem und stationärem Bereich, zwischen peripherer Versorgungsklinik und Universität. Die Zukunft können wir jedoch nur zusammen gestalten, hier liegt die Herausforderung, auch und vor allem für die Innere Medizin.

figure b

T. Welte

figure c

C. Vogelmeier

figure e

W. Hiddemann

figure d

E. Märker-Hermann