Zusammenfassung
Etwa eine viertel Million Menschen erleiden in Deutschland jedes Jahr einen Schlaganfall. Der Schlaganfall ist noch vor dem Myokardinfarkt und der Herzinsuffizienz die von den Menschen am meisten gefürchtete kardiovaskuläre Erkrankung. In den letzten zwei bis drei Jahren gab es wesentliche Fortschritte in der Akutbehandlung, in der Sekundärprophylaxe bei Patienten mit persistierendem Foramen ovale und in der interdisziplinären Abklärung von Vorhofflimmern als Ursache des Schlaganfalls. Diese neuen Erkenntnisse erlauben eine deutlich präzisere Therapie als bisher.
Abstract
About a quarter of a million people in Germany suffer a stroke every year. Stroke is the most dreaded cardiovascular disease, even before myocardial infarction and heart failure. In the last two to three years, significant progress has been made in acute treatment, secondary prophylaxis in patients with patent foramen ovale, and the interdisciplinary evaluation of atrial fibrillation as the cause of the stroke. These new findings allow for more precise treatment.
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Interessenkonflikt
R. Wachter erhielt von folgenden Firmen Honorare für Vorträge oder Mitarbeit in Advisory Boards: Bayer, Bristol-Myers Squibb, Boehringer Ingelheim, CVRx, Medtronic, Novartis, Pfizer, Sanofi und Servier. Seine Institution erhielt Forschungsunterstützung von Boehringer Ingelheim, der Europäischen Union und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). K. Gröschel erhielt von folgenden Firmen Honorare für Vorträge oder Mitarbeit in Advisory Boards: Bayer, Boehringer Ingelheim, Bristol-Meyers Squipp, Daiichi Sankyo und Pfizer.
Dieser Beitrag beinhaltet keine von den Autoren durchgeführten Studien an Menschen oder Tieren. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
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Redaktion
G. Hasenfuß, Göttingen
H. Lehnert, Lübeck
E. Märker-Hermann, Wiesbaden
J. Mössner, Leipzig (Schriftleitung)
A. Neubauer, Marburg
CME-Fragebogen
CME-Fragebogen
Bis zu wie vielen Stunden nach Symptombeginn wird eine Lysetherapie beim Schlaganfall empfohlen?
Bis zu 3 h
Bis zu 4,5 h
Bis zu 6 h
Es wird ein individualisiertes Vorgehen empfohlen.
Bei fehlenden Blutungs- und Ischämiezeichen in der Computertomographie sollte eine Lysetherapie durchgeführt werden, wenn keine harten Kontraindikationen vorliegen.
Welche Aussage zur Thrombektomie beim Schlaganfall ist richtig?
Wenn die Möglichkeit dazu besteht, sollte bei Patienten mit Schlaganfall primär eine Thrombektomie durchgeführt werden und auf eine Lysetherapie verzichtet werden.
Das Time-is-brain-Konzept gilt nicht für Patienten, die für eine Thrombektomie infrage kommen.
Technische Weiterentwicklungen wie der Stent-Retriever haben dazu geführt, dass eine Überlegenheit der Thrombektomie gegenüber einer rein medikamentösen Therapie gezeigt werden konnte.
Ob eine Thrombektomie auch bei Patienten nach Lysetherapie effektiv ist, müssen randomisierte Studien zeigen.
Thrombektomien dürfen nur in „neurovaskulären Netzwerken“ durchgeführt werden.
Welche Aussage zum Rhythmusmonitoring bei Patienten mit Schlaganfall ist richtig?
Ein Rhythmusmonitoring wird nur empfohlen, wenn der Schlaganfall anderweitig nicht erklärt ist („kryptogener Schlaganfall“).
Der Nachweis, dass ein Rhythmusmonitoring nicht nur zur vermehrten Detektion von Vorhofflimmern, sondern auch über eine vermehrte Antikoagulation zur Reduktion der Rezidivschlaganfallrate führt, ist noch nicht erbracht.
Bisher liegen zum Rhythmusmonitoring nur Observationsstudien vor, randomisierte Studienergebnisse werden in 2018 erwartet.
Randomisierte Vergleichsstudien unterschiedlicher Detektionsmethoden legen nahe, dass nichtinvasive Verfahren invasiven Verfahren in der Detektionsrate unterlegen sind.
Eine 72-stündige Rhythmusüberwachung in der Stroke Unit ist der Goldstandard des Rhythmusmonitorings.
Welche Aussage zum „embolic stroke of unknown source“ trifft zu?
Dieser Begriff ist zugunsten der Bezeichnung „kryptogener Schlaganfall“ verlassen worden.
Es handelt sich um eine Subgruppe von Patienten mit lakunärem Schlaganfall.
Der Nachweis einer zerebralen Läsion mittels Computertomographie oder Magnetresonanztomographie ist obligat.
Randomisierte Studien haben belegt, dass Patienten mit „embolic stroke of unknown source“ von einer Antikoagulationstherapie profitieren.
Die Diagnose erfordert den Ausschluss eines persistierenden Foramen ovale mittels transösophagealer Echokardiographie.
Welchen Score sollten Sie am ehesten anwenden, um einen Hinweis auf einen Verschluss im Gefäßgebiet zu finden, der zu einer Thrombektomie qualifiziert?
NIHSS-Score
Modifizierte Rankin-Skala-Score
mASPECT-Score
CPSS-Score
CHADS2-Score
Mit welchem bildgebenden Verfahren wird initial üblicherweise der akute Nachweis eines Gefäßverschlusses bei Schlaganfall durchgeführt?
Transkranieller Doppler
MRT nativ
MRT mit Kontrastmittel
Konventionelle Angiographie
CT-Angiographie
Sie betreuen einen 67-jährigen Patienten, bei dem es vor 3 Wochen zu einem „embolic stroke of unknown source“ gekommen ist. Wie sollten Sie bei diesem Patienten nach aktueller Studienlage die Thrombozytenaggregation/Antikoagulation am ehesten gestalten?
Rivaroxaban
Acetylsalicylsäure
Phenprocoumon
Apixaban
Acetylsalicylsäure + Phenprocoumon
Welches ist keines der Prozesskriterien in der Akuttherapie des Schlaganfalls?
Weniger als 60 min vom Eintreffen in der Klinik bis Beginn der Lysetherapie
Zeit von der Leistenpunktion bis zur Thrombektomie <30 min
Reperfusionsrate nach Thrombektomie >75 %
Zeit vom Eintreffen in der Klinik bis zur Leistenpunktion <90 min
Zeit vom Eintreffen in der Klinik bis zur ersten zerebralen Bildgebung <45 min
Welche Aussage zum Schlaganfall trifft zu?
Es wird eine Behandlung in einer zertifizierten Stroke Unit empfohlen, da hierdurch eine Senkung der Mortalität gegenüber einer Standardbehandlung gezeigt werden konnte.
Die ambulante Betreuung von Patienten mit Schlaganfall wird zukünftig der Standard der Therapie werden.
Jedes Jahr ereignen sich in Deutschland mehr als eine halbe Million Schlaganfälle.
Bei einem NIHSS >6 ist die Schlaganfallprognose als infaust anzusehen, weshalb für diese Patienten eine Best-supportive-care-Therapie empfohlen wird.
In der Liste der von den Patienten am meisten gefürchteten kardiovaskulären Erkrankungen liegt der Schlaganfall hinter dem Myokardinfarkt und der dekompensierten Herzinsuffizienz auf Platz 3.
Welche Aussage zu den Rhythmusmonitoringstudien ist richtig?
Die niedrigste „number needed to screen“ aller Studien fand sich in der CRYSTAL-AF-Studie mit einem implantierbaren Event-Rekorder nach 6 Monaten.
Ein Rhythmusmonitoring nach Schlaganfall findet nicht nur Vorhofflimmern, sondern senkt nachweislich die Rezidivschlaganfallrate
In zwei Studien wurde die Rate erneuter Schlaganfälle und transitorischer ischämischer Attacken berichtet, diese lagen numerisch in den Interventionsarmen höher als in den Kontrollarmen der Studien.
Nur in der Find-AF-Randomised-Studie wurden auch Patienten mit nichtkryptogenem Schlaganfall eingeschlossen.
Mit einem kontinuierlichen Rhythmusmonitoring konnte in einer Studie nach 36 Monaten bei mehr als der Hälfte der Patienten Vorhofflimmern nachgewiesen werden.
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Wachter, R., Gröschel, K. Akuttherapie und Sekundärprophylaxe des ischämischen Schlaganfalls. Internist 59, 241–251 (2018). https://doi.org/10.1007/s00108-018-0382-9
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00108-018-0382-9