FormalPara Erwiderung

Zum Leserbrief von

Schultze G et al (2017) „Chronic kidney disease“ ungleich chronische Niereninsuffizienz. Internist. doi: 10.1007/s00108-017-0233-0

FormalPara Originalbeitrag

Fleig S et al. (2016) Chronische Niereninsuffizienz. Internist. doi: 10.1007/s00108-016-0150-7

Sehr geehrter Herr Prof. Schultze,

wir bedanken uns herzlich für Ihren Leserbrief und Ihre konstruktive Kritik. Die vor 15 Jahren eingeführte Chronic-kidney-disease(CKD)-Klassifikation [1] hat eine erfreuliche Steigerung der Aufmerksamkeit bezüglich der chronischen Nierenerkrankung bewirkt. Durch die Einteilung in CKD-Stadien wurde es möglich, die anderen Fachrichtungen dafür zu sensibilisieren, dass auch schon bei geringer filtrativer Nierenfunktionseinschränkung eine relevante kardiovaskuläre Risikoerhöhung besteht. Allerdings hatte die ursprüngliche Klassifikation Schwächen durch ihre starke Ausrichtung auf die glomeruläre Filtrationsrate (GFR). Wie von Prof. Schultze angemerkt, kann auch bei normaler Filtrationsrate eine chronische Nierenerkrankung vorliegen. Daher wurde die Stadieneinteilung der CKD 2012 differenzierter formuliert, wobei vor allem die Proteinurie als wichtiger Parameter neben der GFR hinzugekommen ist [2]. Es wurde außerdem ergänzt, dass Nierenanomalien nur dann zur Diagnose einer CKD führen, wenn sie von gesundheitlicher Relevanz sind – solitäre Nierenzysten beispielsweise sind damit keine CKD.

Wir stimmen Prof. Schultze zu, dass die Übersetzung „chronische Nierenerkrankung“ inhaltlich nicht deckungsgleich mit „chronische Niereninsuffizienz“ ist. Unabhängig von der Begrifflichkeit scheint uns aber für die Praxis am wichtigsten zu sein, das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass auch schon bei milder Nierenfunktionseinschränkung ein Problem vorliegt und dass Maßnahmen zu ergreifen sind, um ein weiteres Fortschreiten zu verlangsamen. Ziel ist nicht, den Patienten „kränker“ zu machen, als er ist – aber doch, eine Funktionseinschränkung zu benennen. Dies ist ein erster Schritt, um eine weitere Progression durch präventive Maßnahmen zu verlangsamen oder zu verhindern. Ob dies mit dem Begriff „chronische Nierenerkrankung“ oder „chronische Niereninsuffizienz“ besser gelingen mag, ist wahrscheinlich personen- und situationsabhängig unterschiedlich interpretierbar.

Unsere Definition der Nierenfunktionseinschränkung lautet: „Veränderung der Nierenstruktur oder Einschränkung der Nierenfunktion über mindestens 3 Monate“. Sie deckt sich mit der aus den KDIGO-Leitlinien, die Tabelle bezüglich der Einteilung haben wir als Tab. 1 komplett übernommen, einschließlich der von Ihnen angesprochenen Fußnote. Wir haben die KDIGO-Definition zwangsläufig gekürzt und vereinfacht, da der Fokus des Beitrags weniger auf einer Übersetzung der Leitlinie lag als auf der Zusammenfassung, in welchen Bereichen der Therapie bzw. Prävention es in den letzten Jahren Veränderungen gab und mit welchen Maßnahmen die Progredienz einer CKD verlangsamt werden kann.

Für den Patienten sollte sich aus der Begrifflichkeit kein Unterschied in der Behandlung ergeben, wenn die Bewertung anhand der dargestellten Kriterien erfolgt. Je früher wir jedoch mit präventiven Maßnahmen beginnen, desto mehr Nierenfunktion können wir für unsere Patienten erhalten.

Mit freundlichen Grüßen

S. Fleig, M. Patecki, R. Schmitt