Zusammenfassung
Die Organtransplantation in Deutschland hat sich seit den ersten erfolgreichen Transplantationen von Herz und Niere in Hannover und Berlin, sehr erfolgreich weiterentwickelt; bereits 2005 überstieg die Anzahl der Eingriffe 4000 pro Jahr. Nicht nur die Palette der klassischen Organübertragung aus Verstorbenen wurde erweitert. In der Nieren-, Leber- und Lungentransplantation wurde als besonderes Segment auch das Feld der Spende durch lebende Verwandte befördert. Trotz dieser Fortschritte und einer Ausweitung der Kriterien für eine Organentnahme bei Verstorbenen konnte in den vergangenen Jahren die Zahl der Transplantationen aber nicht vermehrt werden. Demgegenüber steht die stets wachsende Zahl potenzieller Organempfänger, die heute auch in einem fortgeschrittenen Lebensalter mit akzeptablem Risiko versorgt werden können.
Die Gründe für die stagnierende Zahl transplantierter Organe reichen von der mangelnden Aufklärung in der Bevölkerung über die unzureichende Mitarbeit von Krankenhäusern bei der Meldung potenzieller Organspender bis zu den Mechanismen der Allokation entnommener Organe. Für die einzelnen Organe sind Dringlichkeitskriterien entwickelt worden, um jene Kranken mit besonders schlechter Prognose rasch versorgen zu können. Einige der insgesamt 44 Transplantationszentren meldeten ihre Patienten bei der zentralen Organvergabestelle Eurotransplant fälschlicherweise in einer höheren Dringlichkeitsstufe an, um sie rascher mit einem Organ versorgen zu können. Dieses Vorgehen, von der Öffentlichkeit als „Transplantationsskandal“ tituliert, führte neben der rückläufigen Meldung potenzieller Spender zu einer weiteren Abnahme der Organspenden in Deutschland. Eine kritische Verbesserung der Organisation der Transplantation ist notwendig, wenn die Situation in Deutschland verbessert werden soll. Im internationalen Vergleich sind für hierzulande gelistete Patienten mittlerweile äußerst lange Wartezeiten zu verzeichnen.
Abstract
Organ transplantation over the last 40 years has developed into a standardized successful procedure for the replacement of heart, kidney liver, lung, and pancreas. During this time, treatment strategies have greatly improved and novel procedures such as living related organ donation have been introduced. Despite these improvements, the number of organ transplants has stalled in recent years. In the face of increasing numbers of patients on the waiting list for organ transplantation, this situation is unacceptable and ways to improve the situation of organ transplantation have to be found.
The reasons for the stagnant situation in organ transplantation are manifold and include lack of awareness in the general population, insufficient organ procurement in hospitals as well as problems in organ allocation. The criteria for organ allocation have been unfairly reported to EUROTRANSPLANT by some of the presently 44 centers in order of more rapidly receive an organ for their patients on the waiting list. The evolving discussions around this so-called transplantation scandal has further eroded support for organ transplantation in Germany. A critical assessment and a well-defined plan are necessary to improve the situation, increase the number of transplanted organs, and reduce the unacceptably long waiting time for patients in Germany.
Literatur
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Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt. A. Haverich und H. Haller geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.
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Haverich, A., Haller, H. Organtransplantation in Deutschland. Internist 57, 7–14 (2016). https://doi.org/10.1007/s00108-015-3803-z
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00108-015-3803-z
Schlüsselwörter
- Organbeschaffung
- Wartelisten
- Organallokation
- Qualitätssicherung im Gesundheitswesen
- Deutsches Transplantationsgesetz