Liebe Kolleginnen und Kollegen,

mit der vorliegenden Ausgabe von Der Internist wollen wir Ihnen aktuelle Themen aus dem Gebiet der Hypertonie vorstellen und diese kritisch erörtern. Der Bereich der Hochdruckerkrankungen hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Nachdem mehr als vier Jahrzehnte erfolgreich potente und nebenwirkungsarme Antihypertensiva entwickelt worden waren, hat sich die Entwicklung neuer Substanzen verlangsamt. Das Fehlen neuer Antihypertensiva bedeutet, dass in den letzten Jahren weniger prospektive, vergleichende Therapiestudien durchgeführt wurden. Zugleich wird auch weniger experimentelle und klinische Forschung auf dem Gebiet der Pathophysiologie betrieben. Trotzdem sind neue Themen behandelt worden, beispielsweise der Zusammenhang zwischen Immunsystem und Hypertonie oder invasive Therapieverfahren bei schwerem Bluthochdruck.

Auch auf dem Gebiet der Hypertoniediagnostik ist eine gewisse Beruhigung eingetreten. In nationalen und internationalen Leitlinien zur Hypertonie wurden in den letzten Jahren die Eckpunkte der Diagnostik sowie Zielblutdruckwerte festgelegt.

Die Ursache der essenziellen Hypertonie ist weiterhin ungeklärt

Die Themen der vorliegenden Ausgabe beschäftigen sich mit wichtigen Aspekten und offenen Problemen der Hypertonie. J. Jordan aus Hannover widmet sich in seinem Beitrag der Pathophysiologie. Die Ursache der essenziellen Hypertonie ist weiterhin ungeklärt. Zahlreiche Hypothesen zur Entstehung der Hypertonie sind in den letzten Jahren entwickelt worden. Im Beitrag werden die Vorstellungen zur Pathophysiologie und Pathogenese im Jahre 2015 dargestellt und übersichtlich zusammengefasst.

Ein wichtiges Problem ist in den letzten Jahren die sog. therapieresistente Hypertonie geworden. Im Beitrag von F.C. Luft aus Berlin wird zur Frage „Was ist die resistente Hypertonie?“ Stellung bezogen. F.C. Luft stellt einen Fall der resistenten Hypertonie aus der eigenen Praxis vor und diskutiert in diesem Zusammenhang diagnostische Probleme, therapeutische Herausforderungen und pathophysiologische Mechanismen.

M. Middeke aus München stellt in seinem Beitrag den jetzigen Stand der medikamentösen antihypertensiven Therapie übersichtlich dar. Er diskutiert die Empfehlungen der Leitlinien und gibt pragmatische Hinweise zum Einsatz der unterschiedlichen Antihypertensiva. Nicht zuletzt behandelt M. Middeke die neuen in der Entwicklung befindlichen Antihypertensiva und weist auf deren Potenzial in der Therapie der Hypertonie und der Verhinderung von Organschäden hin.

Im Aufsatz von R. Wachter aus Göttingen und J. Menne aus Hannover wird dann zu interventionellen Therapiestrategien bei therapieresistenter Hypertonie Stellung bezogen. Beide Autoren sind ausgewiesene Experten auf dem Gebiet dieser neuen invasiven Therapien. Insbesondere im Bereich der Sympathikusablation hat es im letzten Jahr heftige Diskussionen gegeben. Wachter u. Menne ordnen die publizierten Studien kritisch ein und diskutieren deren Einsatzmöglichkeiten. Die Therapie mit dem Karotisschrittmacher ist invasiv und nur für ausgewählte Patienten sinnvoll. Vorgestellt werden in diesem Beitrag auch sehr avancierte Methoden wie die neuronale Hirnnervenstimulation.

Sekundäre Hypertonieformen haben pathophysiologisch identifizierbare Ursachen

Die beiden letzten Beiträge dieses Schwerpunkts beschäftigen sich mit den Ursachen der sog. sekundären Hypertonie. Bei Patienten mit sekundärer Hypertonie liegen pathophysiologisch identifizierbare Ursachen vor. Die Nierenarterienstenose ist eine der häufigsten sekundären Hypertonieformen. Während ihre Diagnostik relativ einfach ist, sind die Überlegungen zur Therapie wesentlich komplizierter. Noch immer ist ungeklärt, welche Kriterien zur Dilatation bzw. zur operativen Korrektur der Nierenarterienstenose herangezogen werden sollen. T. Lenz aus Ludwigshafen diskutiert in diesem Zusammenhang die ischämische Nephropathie und erörtert die Relation zwischen renaler Ischämie, Nierenarterienstenose und Hypertonie. Im letzten Beitrag aus dem Nierenzentrum Hannover werden die seltenen Ursachen der Hypertonie dargestellt. Diese kommen nur bei einem kleinen Teil der Patienten vor. Allerdings sollten sie differenzialdiagnostisch bedacht werden, insbesondere bei Patienten mit schlecht einstellbarer Hypertonie oder anderen Begleiterkrankungen.

Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre und hoffen, mit diesem Heft einen aktuellen Überblick über das Gebiet der Hypertonie geben zu können und praxisrelevante Fragen zu beantworten.

H. Haller

G. Hasenfuß