Nicht zu unrecht wird die Aorta als die eigentliche „Lebensader“ des menschlichen Körpers bezeichnet. Alle Gewebe des Organismus werden von diesem großen Blutverteilungsorgan versorgt, jede Verletzung der Aortenwand betrifft mit einem Schlag das gesamte Stromzeitvolumen. Je näher zum Herzen und damit den Koronarien und hirnzuführenden Gefäßen gelegen, desto unmittelbarer und drastischer sind die Folgen einer Erkrankung, umso eingreifender ist aber auch die Therapie. Doch noch die am weitesten distal gelegene, dafür aber häufigste Erkrankung der Aorta, das abdominale Aortenaneurysma, hat im Rupturfalle eine Mortalität von 80 % und trägt auf diese Weise als einzelnes Krankheitsbild zu 5 % der Gesamtmortalität in der Bevölkerung bei.

In den vergangenen Jahren haben sich, nicht zuletzt mit Blick auf die interventionellen Techniken, völlig neue Möglichkeiten der Behandlung von Aortenerkrankungen ergeben. Dies gilt insbesondere für das Aneurysma und die Dissektion. Zunächst war diese Entwicklung auf den infrarenalen Anteil der Bauchaorta beschränkt, zunehmend werden jedoch auch weiter proximal gelegene Abschnitte interventionell behandelt. Dies verändert über eine erweiterte Indikationsstellung zur Therapie ganze Behandlungspfade und Therapiestrategien, von der Notfallversorgung bis zur elektiven prophylaktischen Intervention. Die vorliegende Ausgabe von Der Internist soll einen aktuellen Überblick über die Epidemiologie und Pathophysiologie, v. a. aber über die verschiedenen konventionell-chirurgischen sowie auch interventionell-kathetertherapeutischen Therapien geben. So soll auch der nicht täglich mit diesen Erkrankungen befasste Internist für die Führung und Beratung seiner Patienten auf den neuesten Stand gebracht werden.

Im ersten Beitrag schildern F. Baumann, V. Makaloski u. N. Diehm aus Bern die Epidemiologie der Aortenaneurysmen und -dissektionen. Des Weiteren legen sie die neueren pathophysiologischen Konzepte dar. Schließlich beschreiben sie, welche diagnostischen Wege heute eingeschlagen werden, um die Indikation zum konservativen oder interventionellen Vorgehen möglichst rasch zu stellen.

Entsprechend seiner Häufigkeit folgt danach zunächst die Diskussion der Therapiemöglichkeiten des infrarenalen Aortenaneurysmas. E.S. Debus, S.W. Carpenter, A. Larena-Avellaneda u. T. Kölbel besprechen, basierend auf ihren eigenen reichen Erfahrungen im universitären Herz- und Gefäßzentrum Hamburg, sowohl die konventionelle Chirurgie als auch die kathetertechnischen Ansätze bezüglich der Indikationsstellung, Durchführung und Nachsorge. Glücklicherweise stützen sich auf diesem Gebiet alle Empfehlungen auf große prospektive und sogar randomisierte Studien.

Alle Eingriffe an der Aorta ascendens und am Aortenbogen sind in der Durchführung ungleich komplexer. Gerade für diesen Abschnitt haben sich in jüngster Zeit neue Perspektiven ergeben. In ihrem Beitrag über die Chirurgie dieses Aortenabschnitts schildern U. Kappert, T. Ghazy u. K. Matschke aus dem Herzzentrum der Universität Dresden die traditionellen und die neueren chirurgischen Vorgehensweisen. Die Größenordnung dieser Eingriffe ist nach wie vor beeindruckend, auch wenn von chirurgischer Seite immer häufiger nur klar umschriebene Zielsegmente therapeutisch angegangen werden.

Den raschesten Wandel hat in den letzten Jahren die Kathetertechnik zur Behandlung der thorakalen Aorta descendens genommen.

In der Folge hat sich die Indikationsstellung beim Aneurysma sowie bei der Dissektion vollständig gewandelt. Nienaber und Mitarbeiter vom Herzzentrum der Universitätsmedizin Rostock sind bundesweit die Vorreiter für diese Art von Eingriffen. Sie machen deutlich, durch welche Art von Interventionen sich die Indikationsstellungen wesentlich ausgeweitet haben und welche Ergebnisse erzielt werden können.

Abschließend und zur Abrundung fasst die Übersicht von M. Czihal, A. Schröttle, H. Schulze-Koobs u. U. Hoffmann aus der Medizinischen Klinik IV der LMU München das Erkrankungsspektrum der entzündlichen Aortenpathologien zusammen. Auf dem Grenzgebiet zwischen Angiologie und Rheumatologie hat sich in den letzten Jahren die pathophysiologische Kenntnis der Großgefäßvaskulitiden wesentlich erweitert. Neue diagnostische Verfahren sind hinzugekommen, dank derer sich auch das klinische Verständnis und die Aufmerksamkeit für diese nicht ganz seltenen Erkrankungen vermehrt haben.

In der Summe ergibt sich für die Aortenerkrankungen das gleiche Bild wie auf den meisten Gebieten der Medizin: Weder bestimmte Organe noch die Ansätze zur Therapie ihrer Erkrankungen sind fächerspezifisch. Bereits bei den ersten diagnostischen Hinweisen verlangen sie nach einem interdisziplinären Vorgehen, durch das die Fächergrenzen zwar nicht verschwinden, aber immer weniger als Trennlinien denn als Schnittstellen im gemeinsamen Bemühen um den Patienten fungieren.

In diesem Sinne hoffen wir, mit den Beiträgen dieses Schwerpunkts Ihr Interesse nicht nur geweckt zu haben, sondern es auch befriedigen zu können.

C. Nienaber

S. Schellong