Eine der Hauptthemen des diesjährigen 116. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin sind die „Schnittstellen der Inneren Medizin mit benachbarten Fachgebieten“. Die zunehmende Multimorbidität einer alternden Bevölkerung führt zwanglos zu einer verstärkten interdisziplinären Versorgung dieser Patienten. Die Innere Medizin hat dabei eine Schlüsselstellung inne, da die Mehrzahl der so zu betreuenden Patienten auch internistische Krankheiten aufweist. Diese Krankheiten können einerseits Symptome in „Territorien“ anderer Fachgebiete wie der Neurologie und der Dermatologie verursachen, umgekehrt bedingen sie beispielsweise Einschränkungen der Operabilität oder Indikationen zu bildgebenden oder pathohistologischen Untersuchungen. Schließlich stellt der Übergang von der Adoleszenz in das Erwachsenenalter und damit der Wechsel des Betreuers eine wichtige Schnittstelle der Inneren Medizin zu einem benachbarten Fachgebiet, der Pädiatrie, dar.

Im vorliegenden Kongressheft von „Der Internist“ sind diese Aspekte exemplarisch in 6 Arbeiten niedergelegt, die praktische Hinweise für die tägliche Arbeit des Internisten geben:

Die 1. Arbeit befasst sich mit Veränderungen des Zentralnervensystems bei inneren Erkrankungen. Für die gesamte Vielfalt werden Beschwerden und Zeichen der veränderten Funktion des ZNS, von Störungen des Bewusstseins und der Kognition über Kopfschmerzen, Schwindel, zerebrale Anfälle, Halbseitensyndrome und andere motorische Störungen abgehandelt. Die Autoren machen deutlich, dass eine nach neurologischen Symptomen orientierte Analyse des klinischen Bilds oft die differenzialdiagnostische Einordnung der Ursachen erlaubt, wobei hier ein gemeinsames Vorgehen von Internisten und Neurologen erforderlich ist.

Die 2. Arbeit befasst sich mit den Einschränkungen der Operabilität durch bestehende internistische Erkrankungen, die mit zunehmendem Alter der operierten Patienten zunehmen. Risikoscores ebenso wie Leitlinien stehen diesbezüglich zur Verfügung und werden in dem Aufsatz dargestellt. Es wird aber auch deutlich gemacht, dass die Einschätzung der Operabilität individuell nach einer ausführlichen Anamnese und einer körperlichen sowie gegebenenfalls auch funktionellen Untersuchung erfolgen muss. Insbesondere Patienten, die unter einer eingeschränkten körperlichen Belastbarkeit und Begleiterkrankungen leiden, sind mit einem höheren Risiko behaftet: Hier sollte präoperativ eine Optimierung oder die Einleitung einer spezifischen medikamentösen Therapie erfolgen. Gerade die kardiale Funktion bedarf einer intensiven Klärung und gegebenenfalls präoperativen Optimierung.

Schnittstellen zu anderen Fachgebieten müssen aktiv genutzt werden

Die 3. Arbeit befasst sich mit den Indikationen zur Magnetresonanztomographie bei internistischen Erkrankungen. Die Magnetresonanztomographie hat sich in den letzten Jahren als sehr sensitive und auch spezifische morphologische Untersuchungsmodalität für verschiedene Fragestellungen der Inneren Medizin erwiesen. Dies betrifft die Angiologie, die Kardiologie, die Rheumatologie und insbesondere die Gastroenterologie und Hepatologie. In der Arbeit wird besonders die diagnostische Aussagekraft neuer MRT-Techniken im Vergleich zu den bislang etablierten Verfahren Computertomographie und Sonographie analysiert.

Die 4. Übersicht beschreibt die Grenzen und Möglichkeiten der Biopsie in der Inneren Medizin. Hier werden exemplarisch der Gastrointestinaltrakt, das Herz, die Nieren und das Knochenmark abgehandelt. Verbesserte laborchemische, bildgebende und endoskopische Techniken haben die nicht-invasive bzw. makroskopische Diagnosesicherung deutlich verbessert und damit die Anzahl notwendiger Biopsien reduziert. Nach wie vor ist die Histopathologie aber in vielen Fällen Goldstandard der internistischen Diagnostik. Diese Entwicklungen werden exemplarisch anschaulich dargestellt und mit praktischen Hinweisen angereichert.

Der 5. Aufsatz beschreibt Symptome aus der Ophthalmologie als Hinweis auf internistische Erkrankungen. Hier wird deutlich, dass die ophthalmologischen Symptome oft die erste Manifestation eines generalisierten Leidens sind. Die Übersicht kann bei Weitem nicht alle Assoziationen ophthalmologischer Befunde mit internistischen Erkrankungen abdecken, sie macht aber exemplarisch an wichtigen Beispielen deutlich, wie wichtig eine enge und individuelle Kommunikation zwischen Augenarzt und Internisten ist, um eine optimale Betreuung der Patienten zu erreichen.

Die 6. Arbeit befasst sich mit dem Übergang von der pädiatrischen Betreuung, die stärker fürsorglich, kind- und familienzentriert geprägt ist, in die durch größere Autonomie und Eigenverantwortung geprägte Erwachsenenmedizin. Durch die Fortschritte der Medizin erreichen immer häufiger Kinder mit schweren chronischen Erkrankungen das Erwachsenenalter – ein klassisches Beispiel ist die Mukoviszidose. Ein fundiertes Wissen über diese bislang fast ausschließlich pädiatrischen Krankheitsbilder und Kenntnisse über die körperlichen und psychischen Entwicklungsstufen der Jugendlichen müssen daher auch zur Weiterbildung eines Internisten gehören.

Die 6 Arbeiten in diesem Heft machen eindrücklich klar, dass die Innere Medizin über zahlreiche Schnittstellen zu benachbarten Fachgebieten verfügt und dass diese auch aktiv genutzt werden können und müssen. Ich hoffe, dass diese Arbeiten den Lesern dies deutlich machen und für die tägliche Arbeit in Klinik und Praxis hilfreich sind.

Prof. Dr. Jürgen Schölmerich