Erkrankungen der Arterien werden häufig immer noch falsch eingeschätzt, was ihre Prävalenz, besonders aber die Beeinflussung der Mortalität sowie die teils ganz erhebliche Einschränkung der Lebensqualität angeht.

Die gründliche Anamnese bleibt gerade bei der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit der Schlüssel zur Diagnose und besonders auch zur differenzialdiagnostischen Abgrenzung. Die Ultraschalluntersuchung ist unabdingbar. Das apparative diagnostische Spektrum hat sich erheblich erweitert, aber nicht im Sinne eines „add-on“. Vielmehr wurden klare Algorithmen entwickelt, damit digitale Subtraktionsangiographie, Magnetresonanzangiographie und Computertomographie sinnvoll und ressourcensparend eingesetzt werden.

Allen Arterienerkrankungen ist zu eigen, dass sie mit komplexen Wechselwirkungen auf die Funktion praktisch aller Organe ein profundes internistisches Wissen erfordern. Sind die zahlreichen therapeutischen Möglichkeiten auch teilweise in den Händen des Gefäßchirurgen und Radiologen, so ist es aber essenziell, dass die Begleitung des Patienten mit einer Arterienerkrankung durch die Diagnostik hin zur therapeutischen Weichenstellung sowie in der Nachsorge eine originäre Aufgabe des Internisten ist. Die flächendeckende Bildung von interdisziplinären Gefäßzentren erst macht die strukturierte und (soweit vorhanden) leitliniengerechte Behandlung von Patienten mit fortgeschrittenen Gefäßproblemen möglich.

Die Begleitung des Patienten mit einer Arterienerkrankung ist eine originäre Aufgabe des Internisten

Wir haben die Artikel dieses Heftes unter dem Gesichtspunkt der Auffrischung der Kenntnisse der wichtigsten Arterienerkrankungen für den Allgemeininternisten zusammengestellt, gerade auch um die „awareness“ für die frühen Stadien der peripheren arteriellen Durchblutungsstörung und des Aneurysmas zu erhöhen.

Espinola-Klein und Savvidis zeigen, dass Patienten mit einer peripheren arteriellen Durchblutungsstörung schon im symptomfreien Stadium eine sehr hohe, weitgehend kardiovaskulär bedingte Mortalität aufweisen und deshalb eine eingehenden Untersuchung auch der kardialen und zerebrovaskulären Situation notwendig ist. Als Hochrisikopatienten bedürfen sie einer stringenten Behandlung der Risikofaktoren.

Schulte fasst anhand der kürzlich publizierten S3-Leitlinie die klar gegliederten Vorstellungen zur stadien- und lokalisationsabhängigen Therapie der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit zusammen. Im Stadium II muss angesichts eines unter optimaler konservativer Behandlung günstigen Verlaufs die Indikation zu einer Angioplastie oder gar zu einer Gefäßoperation gut abgewogen und nachvollziehbar dargestellt werden. So genannte Serviceangioplastien von Stenosen und Verschlüssen ohne hämodynamische Relevanz oder bei Begleiterkrankungen, die beispielsweise bei Wirbelsäulen- oder Gelenkproblemen die Gehleistung wesentlich beeinträchtigen, sind abzulehnen. Es gibt keine Belege, dass die prophylaktische Aufdehnung einen Einfluss auf den Verlauf der Erkrankung hätte. Bei dekompensierter Durchblutungsstörung hingegen müssen die vielfältigen Möglichkeiten der Lumeneröffnung oder Revaskularisierung zur Abwendung der Amputation der Extremität genützt werden. Eine Behandlung dieser Patienten in einem Gefäßzentrum sollte obligatorisch werden.

Das diabetische Fußsyndrom ist eine eigene neurovaskuläre Krankheitsidentität. Lawall und Reike betonen neben einer subtilen internistisch-diabetologischen Betreuung die Bedeutung der Prävention sowie der interdisziplinären Zusammenarbeit zur Verminderung der leider immer noch sehr hohen Amputationshäufigkeit. In jedem Fall müssen bei vaskulärer Komponente die Möglichkeiten einer Angioplastie der kruralen Gefäße oder Anlage eines pedalen Bypasses geprüft werden.

Kuhlencordt, Röding und Hoffmann fassen den Kenntnisstand bei der Behandlung von Erkrankungen der extrakraniellen hirnzuführenden Arterien zusammen. Nur bei symptomatischer Karotisstenose ergibt sich die klare Indikation zur Intervention mit besonderem Vorteil für Männer. Die asymptomatische Stenose über 60% sollte nur dann behandelt werden, wenn das Behandlungsrisiko für Schlaganfall oder Tod unter 3% ist. Das setzt regelhaft eine Behandlung in einem spezialisierten Zentrum voraus. Der Stellenwert der Karotisangioplastie im Vergleich zur herkömmlichen Operation ist letztlich weiter offen.

Brunkhorst, Lorenzen und Zeller zeigen die Therapiemöglichkeiten der lebensbedrohlichen symptomatischen mesenterialen Durchblutungsstörung auf. Eine Nierenarterienstenose kann zur Entwicklung einer Hypertonie mit konsekutiver Linksherzhypertrophie und hypertensiver Enzephalopathie sowie einer Verschlechterung der Nierenfunktion führen. Die konservative Therapie bleibt die Basis, der Nutzen einer Revaskularisierung ist durch vergleichende Studien nicht definitiv bewiesen. Entscheidet man sich im Einzelfall zu einem invasiven Vorgehen, ist die Ballondilatation mit Stentimplantation das Verfahren der Wahl.

Caspary und Schellong widmen sich den Vaskulitiden der großen Gefäße, einem wenig bekannten Krankheitsbild. Durch Fortschritte in der Diagnostik mit Farbduplexsonographie, Magnetresonanzangiographie und -tomographie sowie Positronenemmissionstomographie werden Gefäßentzündungen häufiger diagnostiziert, besonders auch bei jüngeren Frauen. Sie lassen sich mit Steroiden und anderen Immunsuppresiva sehr gut behandeln.

Akin et al. der Arbeitsgruppe Nienhaber sowie Diehm zeigen die Besonderheiten der thorakalen und abdominellen Aneurysmaerkrankung auf. Die Pathogenese mit oxydativem Stress, enzymatischer Zerstörung der glatten Muskelzellen der Aortenwand durch Matrixmetalloproteinasen und chronisch entzündlichen Prozessen wird jetzt besser verstanden. Diehm skizziert die Unterschiede zwischen thorakalem und abdominellem Aneurysma. Er weist auf die Notwendigkeit eines Screenings auf ein abdominelles Aneurysma hin. ACE-Hemmer und Statine hemmen die Aneurysmaprogression. Ein symptomatisches Aneurysma muss immer, ein asymptomatisches thorakales bei einem Durchmesser von mehr als 60 mm, ein abdominelles über 55 mm invasiv behandelt werden. Die endovaskuläre Behandlung abdomineller Aneurysmen hat eine niedrigere Mortalität als die offen-chirurgische Intervention, bedarf aber wegen endograftbezogener Komplikationen einer regelmäßigen bildgebenden Nachsorge mit einer hohen Rate von Folgeeingriffen und ist deshalb derzeit das teurere Verfahren.

Es ist sehr lange her, dass in dieser Zeitschrift Gefäßerkrankungen systematisch besprochen wurden. Mit dem vorliegenden Schwerpunkt zur Gefäßmedizin 2009 wird diese Lücke geschlossen.

Prof. Dr. A. Creutzig

Prof. Dr. Sebastian Schellong