In der vorantibiotischen Ära lag die Sterblichkeit durch Pneumonie zwischen 30 und 40%. Frühzeitiger und resistenzgerechter Antibiotikaeinsatz konnte die Sterblichkeit um sagenhafte, aber auch begrenzte 20% verbessern. Daraus wird schnell erkennbar, dass der Pathogen-Wirt-Interaktion die Schlüsselrolle für das Entstehen, den Verlauf und die Prognose der Pneumonie zukommt. Um die Pneumoniesterblichkeit noch weiter zu senken, ist es elementar, das Verständnis dieser Wechselbeziehung und die Kenntnis der lungenspezifischen Abwehrmechanismen zu verbessern und in neue Pneumonietherapiestrategien umzusetzen.

Pneumonien werden durch pathogene Mikroorganismen (Bakterien, Viren, Pilze) hervorgerufen. Der Verlauf der Erkrankung wird einerseits durch Art, Anzahl und Pathogenitätsfaktoren der Erreger und andererseits durch Faktoren der Immunität des Wirtes bestimmt. Die Reaktion des Immunsystems kann nicht nur protektiv wirken, sondern durch eine überschießende Entzündungsreaktion wesentlich zu fatalen Krankheitsverläufen mit Lungenversagen beitragen. Über die Entwicklung neuer antibiotischer Substanzen hinaus müssen innovative Therapieansätze zur Pneumoniebehandlung antimikrobielle Faktoren unterstützen bei gleichzeitiger Limitierung überschießender schädlicher Entzündung. Oberstes Ziel ist der Erhalt der pulmonalen Gasaustauschfunktion. Die Kenntnis der pathophysiologischen Mechanismen pulmonaler Wirtsabwehr legt dabei die notwendigen rationalen Grundlagen für neue Therapieansätze.

Angeborene Abwehrmechanismen im oberen und unteren Respirationstrakt

Im Nasen-Rachen-Raum tragen die spezifische Anatomie, sinunasale mukoziliäre Reinigung, Mukus und darin enthaltene antimikrobielle Faktoren ebenso wie die epitheliale Zellbarriere zur Elimination eindringender Erreger bei. Hustenreflex und Glottisschluss bilden wichtige Abwehrmechanismen (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Die angeborene Immunität der Lunge besteht aus einem komplexen Zusammenwirken mechanischer, humoraler und zellulärer Faktoren. Dabei sind Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Faktoren zu beobachten. So können Mikroben die mukoziliäre Clearance reduzieren. Von Epithelzellen freigesetzte Immunmodulatoren wirken auf Phagozyten ein und verändern deren Aktivität und vice versa. Das angeborene Immunsystem dominiert die initiale Verteidigung; erst im Verlauf wird ggf. das spezifische Immunsystem in den Abwehrprozess mit einbezogen (AMP antimikrobielle Peptide)

Im unteren Respirationstrakt führt die dichotome Aufteilung des Bronchialbaums zur Deposition größerer inhalierter Partikel durch Verwirbelung der Atemluft. Trachea und Bronchien sind mit einem 3-schichtigen Flüssigkeitsfilm (superfiziale muzinreiche Schicht, Surfactantfilm, periziliäre Flüssigkeit) überzogen. Oral gerichteter Schleimtransport und Expektoration tragen zur Beförderung von Mikroorganismen aus dem unteren Respirationstrakt bei. Eine wichtige Rolle spielen im Schleim enthaltene antimikrobielle Peptide (AMP; [3]). Beim Menschen sezernieren Neutrophile, Makrophagen und pulmonale Epithelzellen α- und β-Defensine sowie Cathelicidin (LL-37/hCAP-18) in den Mukus. Neben ihrer direkten antimikrobiellen Funktion nehmen AMP Einfluss auf die Regulation der pulmonalen Entzündungsreaktion (Zytokinfreisetzung, Chemotaxis, Proliferation, Proteasen-Antiproteasen-Balance; [3]). Darüber hinaus tragen niedriger pH des Schleimfilms, Lactoferrin, Lysozym sowie konstitutiv sezerniertes IgA zur Erregerelimination im Tracheobronchialsystem bei [29].

Angeborene Immunität im Alveolarraum

Das alveoläre Oberflächensekret besteht aus einem chemisch-physikalisch komplexen Gemisch, dessen Faktoren zur pulmonalen Immunantwort beitragen. Alveoläres IgG, Transferrin, Lipopolysaccharid (LPS) bindendes Protein, Fibronectin oder Komplement spielen ebenso eine Rolle in der alveolären Immunabwehr wie AMP [2, 3, 28]. Neben seiner biophysikalischen Aktivität übernimmt Surfactant wichtige immunologische Funktionen im Alveolarraum [24, 26]. Experimente mit u. a. gendefizienten Mäusen ergaben, dass die Surfactantproteine (SP) SP-A und SP-D zur angeborenen Immunität in der Lunge beitragen. Neben der direkten Bindung an mikrobielle Strukturen stimulieren SP-A und -D die Chemotaxis von Entzündungszellen und verstärken mikrobizide Aktivitäten von Leukozyten [24, 26].

Zelluläre Mechanismen der angeborenen Immunität bei Pneumonie

Obgleich sich invadierende Erreger einer Vielzahl von konstitutiv aktiven azellulären Abwehrmechanismen gegenübersehen, ist die direkte Interaktion der Pathogene bzw. ihrer Produkte mit pulmonalen Gewebezellen und klassischen Immunzellen (Alveolarmakrophagen, polymorphkernige Leukozyten) von zentraler Bedeutung für die Initiierung einer suffizienten Immunabwehr und prägt den Krankheitsverlauf [2, 8, 17, 20, 21, 29].

Die Erreger-Wirtszell-Interaktion wird durch die große Vielfalt der auf das pulmonale Gewebe einwirkenden Pathogenitätsfaktoren einerseits und die Wirtszellantwort andererseits geprägt. In die Umgebung freigesetzte Moleküle (z. B. Proteasen der Krankheitserreger, bakterielle Toxine) inaktivieren Wirtsabwehrmechanismen und/oder führen zu direkter und indirekter Zellschädigung [11, 17]. Über Injektionsapparate injizieren Bakterien (z. B. Typ-IV-Sekretionssystem bei Legionellen, Pseudomonaden) direkt Effektormoleküle in das Zytosol pulmonaler Wirtszellen [4, 11].

Die Initiierung der Immunantwort erfolgt im wesentlichen durch Erkennung von hoch konservierten Erregerstrukturen (pathogenassoziierte molekulare Muster, PAMPs) wie z. B. Bakterienzellwandbestandteilen (LPS, Peptidoglykan, Lipoteichonsäure) sowie von RNA- oder DNA-Motiven durch keimbahnkodierte mustererkennende Rezeptoren (PRRs) der Wirtszellen (Abb. 2; [14, 22]). Diese Rezeptoren werden sowohl von klassischen Entzündungszellen (Makrophagen, Granulozyten) als auch von pulmonalen Epithelzellen exprimiert. Zu ihnen zählen transmembranäre „Toll-like“-Rezeptoren (TLR), zytosolische „Nucleotide-binding oligomerization domain (NOD)-like“-Rezeptoren (NLRs) sowie „retinoid acid-inducible gene-1 (RIG)-like helicases“ (RLHs; [14, 22]).

Abb. 2
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Transmembranäre mustererkennende Rezeptoren aktivieren durch die Erkennung von hoch konservierten pathogenassoziierten molekularen Mustern pulmonale Epithel- und Entzündungszellen. Zellwandbestandteile von Pathogenen, Flagellen oder bakterielle Toxine sowie mikrobielle RNA oder DNA werden von Rezeptoren der äußeren Wirtszellmembran oder durch Rezeptoren in der Endosomenmembran erkannt und aktivieren die Wirtsantwort (LTA Lipoteichonsäure; LPS Lipopolysaccharid; Ply Pneumokokkenpneumolysin, S.a. Staphylokokkus aureus; TLR „Toll-like“-Rezeptor; TNFR1 Tumornekrosefaktorrezeptor 1; PAFR Plättchenaktivierender-Faktor-Rezeptor; ACE2 „angiotensin-converting enzyme 2“)

Die Detektion verschiedener PAMPs eines einzigen Erregertyps durch verschiedene TLRs und zytoplasmatische Rezeptoren führt zur komplexen Expression inflammatorischer Mediatoren, welche nachfolgend die Immunantwort entscheidend steuern [14, 22].

Transmembranäre Rezeptoren

Die humanen TLR1–10 exponieren leuzinreiche Strukturen in extrazelluläre oder luminale (z. B. Phagosomen) Kompartimente (Abb. 2). Nach Erkennung ihrer spezifischen „Liganden“ (z. B. erkennt TLR4 LPS oder TLR2 Lipoteichonsäure) stimulieren TLRs über zytoplasmatische Rezeptordomänen intrazelluläre Signalkaskaden, welche schließlich die Wirtsantwort initiieren [22].

An der Erkennung von Pneumokokken sind offenbar TLR1/2- und TLR2/6-Heterodimere (Lipoteichonsäure/Peptidoglycan), TLR4 (Pneumolysin) ebenso wie TLR9 (unmethylierte CpG-Dinukleotide) beteiligt (Abb. 3; [1, 2, 5, 8, 29]).

In-vivo-Experimente an Mäusen zeigten, dass TLR4 und TLR9 wesentlich zur Resistenz gegenüber Pneumokokkeninfektionen beitragen.

Allerdings bleiben viele Fragen ungeklärt. So liegen noch keine richtungsweisenden Erkenntnisse für die kombinierte Funktion verschiedener TLRs in Infektionsmodellen vor. Auch fehlen Informationen zur Rolle der TLRs bei vielfach fatalen Koinfektionen mit Influenzavirus und Pneumokokken. Obgleich ähnliche Befunde auf eine wesentliche Rolle der TLRs für Infektionen mit anderen bakteriellen Pneumonieerregern, z. B. Legionella pneumophila (TLR2,-4,-5;[19]) und Hämophilus influenzae (TLR2,-4,-5,-9; [15]), Pilzen (Candida albicans TLR2,-4; [12]) oder Viren (Influenza TLR3,-7; [7, 13]) hinweisen, liegen nur wenige Informationen zur Rolle dieser Rezeptoren in der Pneumonie vor.

Abb. 3
figure 3

Die Komplexität der Interaktion von pathogenassoziierten Molekülen mit Wirtszellrezeptoren wird am Beispiel der Pneumokokkeninfektion deutlich. Eine Vielzahl weiterer Moleküle ist wichtig für den Infektionsverlauf, jedoch sind hier die interagierenden Partner noch unbekannt

Über die TLRs hinaus scheinen bei Pneumonie auch andere membranständige Rezeptoren an der Pathogenese der Erkrankung beteiligt zu sein (Abb. 2). Neben dem Rezeptor des plättchenaktivierenden Faktors (PAF, für Pneumokokken; [2, 17]) wurden der Tumornekrosefaktorrezeptor 1 (Staphylococcus aureus; [6]) und pulmonal exprimiertes „angiotensin-converting enzyme-2“ („severe acute respiratory syndrome“, Coronavirus; [10]) als potenziell wichtige PRRs beschrieben.

Die hohe Redundanz bei der Erregererkennung lässt daran zweifeln, dass z. B. die singuläre Blockade eines TLRs bei der Pneumokokkenpneumonie zur effektiven Modulation der angeborenen humanen Immunantwort führt.

Zytoplasmatische Rezeptoren

Bedeutende Pneumonieerreger können pulmonale Immunzellen und Gewebezellen invadieren und diese zur Replikation nutzen. Während Legionellen und Chlamydien in Alveolarmakrophagen replizieren, scheinen Pneumokokken Epithelzellen transient zu invadieren. Darüber hinaus können Bakterien Toxine oder Nukleinsäuren über Sekretionssysteme in das Zytosol von Wirtszellen injizieren. Auch Viren wie Influenza-A-Viren oder „respiratory syncytial virus“ replizieren effizient in Lungenparenchymzellen.

Zytosolische Rezeptoren der NLR- und RLH-Familie erkennen zytoplasmatisch lokalisierte Pathogene bzw. deren PAMPs (z. B. erkennen NOD1 und NOD2 bakterielles Peptidoglykan, RIG-I erkennt virale RNA; Abb. 4; [14]). Neben der Detektion von „fremd“ (bakterielle oder virale Komponenten) führt offenbar auch die Erkennung endogener „Warnmoleküle“ aus sterbenden oder geschädigten Zellen durch NLRs zur Zellaktivierung. Aktuelle In-vitro-Untersuchungen demonstrieren, dass z. B. intrazelluläre Pneumokokken (NOD2; Abb. 3), Moraxellen (NOD1), Chlamydia pneumoniae (NOD1) und Mykobakterien (NOD2) über NODs erkannt werden und eine proentzündliche Zellantwort induzieren [14].

Abb. 4
figure 4

Zytoplasmatische Rezeptoren erkennen invadierende Erreger oder ihre Produkte und stimulieren die Wirtsabwehr. Während NOD1/2 bakterielles Peptidoglycan detektieren (z. B. von Pneumokokken, Chlamydien), erkennt die RNA-Helicase RIG-I virale RNA von z. B. Influenza-A-Virus. Über CARD-Domänen aktivieren die Moleküle Transkriptionsfaktoren und die Expression von Entzündungsmediatoren (LRR „leucine-rich repeats“; NOD „nucleotide-binding oligomerization domain“; CARD „caspase recruitment domain“; NF-κB Nukleärer Faktor κB; IRF interferonregulierender Faktor)

Während viraler Replikation kommt es zur Bildung einsträngiger (ss) und doppelsträngiger (ds) RNA. Neben der Detektion viraler RNA durch Mitglieder der TLR-Familie spielen die RLHs offenbar eine wichtige Rolle in der Erkennung viraler RNA und somit einer Virusinfektion (Abb. 4). Das zytosolische Rezeptormolekül RIG-I ist bei Influenza-A-Virusinfektion wesentlich zur Ausbildung der antiviralen Typ-I-Interferon (IFNα/β)-Antwort [9, 16]. Interessanterweise interferiert das NS1-Protein des Virus negativ mit der RIG-I-induzierten Signalkaskade und Genexpression und unterminiert somit Wirtsabwehrreaktionen [16]. In aktuellen Studien wird untersucht, inwieweit die Blockade des Influenza-NS1-Moleküls die antivirale Potenz der Wirtsantwort bei Influenza-A-Virusinfektionen stärkt.

Intrazelluläre Signalmechanismen und Konsequenzen pulmonaler Zellaktivierung durch Rezeptoren

Die Erkennung von PAMPs bzw. mikrobiellen Toxinen aktiviert PRR-vermittelte Signalpfade. Wichtig ist dabei die Erkenntnis, dass Signalwege unterschiedlicher Rezeptoren auf der Ebene intrazellulärer Schlüsselmoleküle konvergieren. Die gezielte Blockade solcher Schlüsselmoleküle verhindert die Zellaktivierung durch ganze Gruppen von PRRs. Als Beispiele seien das zytosolische Adaptormolekül MyD88 (TLRs) oder der Transkriptionsfaktor NF-κB (allg. proinflammatorische Zytokine, Adhäsionsmoleküle) und interferonregulierende Faktoren (IRFs) genannt [2, 8, 22, 23].

Signalwege unterschiedlicher Rezeptoren konvergieren auf der Ebene intrazellulärer Schlüsselmoleküle

Auch scheint der p38-Mitogen-aktivierten Proteinkinase integrative Bedeutung für proentzündliche Genexpression zuzukommen. Es bleibt abzuwarten, ob sich die Blockade solcher Regulatoren positiv auf den Verlauf schwerer Pneumonien mit der Gefahr eines ARDS oder pneumogener Sepsis auswirkt.

Aktivierung pulmonaler Epithel- und Endothelzellen

Durch die Freisetzung von Chemo- und Zytokinen tragen Lungenepithelzellen zur Rekrutierung und Aktivierung von klassischen Immunzellen bei (Abb. 5; [2, 8]). Die vermehrte Freisetzung von AMPs durch Epithelzellen kann direkt die lokale Abwehrpotenz stärken. Gleichzeitig kann das entstehende hoch entzündliche Mikromilieu wichtige Funktionen wie den Erhalt der mechanischen Barriere stören mit der Folge von Lungenödembildung und erleichterter Erregertranslokation in die systemische Zirkulation. Dieser Effekt wird durch die gleichzeitige proentzündliche „Mitaktivierung“ des pulmonalen Endothels verstärkt, welches sich in direkter anatomischer Beziehung zum pulmonalen Epithel befindet [2, 8].

Abb. 5
figure 5

a Eine effiziente pulmonale Immunabwehr kann im Verlauf der Entzündung die Gasaustauschfunktion der Lunge beeinträchtigen. b Die Pathogene schädigen direkt durch z. B. Proteasen und Toxine oder Injektion von Effektormolekülen über Injektionssysteme die pulmonale epitheliale Barriere. c Neben der direkten Einwirkung der Erreger führt die Aktivierung von Makrophagen, neutrophilen Granulozyten und der Epithel- und kapillären Endothelzellen selbst zur Freisetzung proentzündlicher und aggressiver Moleküle, welche Schädigungen der alveolokapilären Funktion zur Folge haben. Dabei ist wenig über die Mechanismen der pulmonalen Entzündungsbegrenzung oder die Initiierung von Reparaturprozessen bekannt

Alveolarmakrophagen

Bedingt durch ihre hohe Phagozytosefähigkeit sind Alveolarmakrophagen die wohl bedeutendsten primären Abwehrzellen des Alveolarraums (Abb. 5). Es besteht die Hypothese, dass geringe Erregermengen direkt durch Alveolarmakrophagen eliminiert werden und es erst bei höherem Infektionsdosis zur massiven Entzündungsreaktion kommt. Dies geschieht durch die Freisetzung zahlreicher immunmodulatorischer Zyto- und Chemokine [20, 21].

Neutrophile Granulozyten

Schwere Pneumonien sind häufig durch massiven Einstrom von Granulozyten in das alveoläre Kompartiment charakterisiert (Abb. 5). Neutrophile Granulozyten entfalten ihre hohe mikrobizide Kompetenz durch Phagozytose, Produktion toxischer Radikale und digestiver Enzyme sowie Freisetzung von AMP [3, 21]. Obgleich diese Zellen eine herausragende Rolle im unspezifischen Abwehrsystem der Lunge spielen, geht von ihnen eine beträchtliche Gefahr einer pulmonalen Gewebsschädigung aus (Abb. 6).

Abb. 6
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Die Einwirkung von Produkten der Wirtsabwehr sowie von Pathogenitätsfaktoren der Pathogene führt zu interzellulärer Lückenbildung. Die folgende erhöhte parazelluläre Flüssigkeitsfiltration führt mit der Ansammlung von Entzündungszellen und der Akkumulation von Zelldebris in der Alveole zur Verlängerung der Diffusionsstrecke und damit zur Störung der Gasaustauschfunktion

Auswirkungen auf die pulmonale Organfunktion

Störungen der pulmonalen Organfunktion ergeben sich aus den organschädigenden direkten Effekten der Pathogene und aus den Folgen der inflammatorischen Abwehrreaktion des Wirtes (Abb. 5). Zusätzlich zum entzündlichen zellulären Infiltrat können Hyperpermeabilität der alveolokapillären Barriere mit Ödembildung, pulmonalarterieller Vasokonstriktion und Störungen der Ventilations-/Perfusionsverteilung die pulmonale Gastaustauschfunktion erheblich beeinträchtigen.

Bereits kleine Mengen bakterieller Toxine wie das Pneumolysin von Pneumokokken [25] oder Exotoxine von Pseudomonas aeruginosa sind in der Lage, eine ausgeprägte alveolokapilläre Schrankenstörung mit Ödembildung auszulösen. Pneumolysin führt bereits in subzytolytischen Dosen zu interzellulärer Lückenbildung, zu Stressfaserbildung und zum Abbau interzellulärer Junktionsproteine [25]. Darüber hinaus kommt es vermutlich über PRR-abhängige Signalwege zu einer Beeinträchtigung der alveolokapillären Barrierefunktion. Die Freisetzung endogener Mediatoren der Entzündung (Zyto- und Chemokine, Sauerstoffradikale, Proteasen) kann ihrerseits ebenfalls zur Barrierestörung beitragen (Abb. 6; [18]). Derzeit ist unklar, wann und in welchem Ausmaß die exogenen oder die endogenen Faktoren das Krankheitsgeschehen der Pneumonie dominieren.

Bereits kleine Mengen bakterieller Toxine sind in der Lage, eine ausgeprägte alveolokapilläre Schrankenstörung mit Ödembildung auszulösen

Nicht nur durch die lokale Schädigung des Lungenparenchyms, sondern auch durch die Ausbildung einer systemischen inflammatorischen Reaktion kann es zu einem respiratorischen Versagen kommen. Dieser sekundäre Lungenschaden kann durch mikrobielle Translokation mit konsekutiver Freisetzung mikrobieller toxischer Substanzen in die systemische Zirkulation, aber auch durch die Liberation proinflammatorischer Mediatoren aus der Lunge in das vaskuläre Kompartiment initiiert werden.

Ausblick

Das Wissen um die molekulare Interaktion von Pathogenen mit Wirtszellrezeptoren kann wichtige Grundlagen für neue diagnostische und therapeutische Entwicklungen legen: Trotz einiger aktueller Fortschritte reichen die Erkenntnisse zur Pathogen-Wirt-Interaktion bei der Pneumonie noch nicht aus, um hieraus neue Therapiekonzepte zu entwickeln. Dabei erschweren die lungenspezifischen Besonderheiten die Entwicklung von In-vitro- und In-vivo-Modellen. Interdisziplinäre Forschungsansätze unter Beteiligung von klinisch tätigen Pneumologen und Grundlagenwissenschaftlern können hierbei neue Perspektiven eröffnen. Ebenso müssen nationale und internationale Netzwerke zur Schaffung von Materialbanken geschaffen werden. So können neuartige Versuchsansätze wie die Kurzzeitkultur von humanem Lungengewebe aus Operationsmaterial zu Ex-vivo-Untersuchungen beitragen. Neben der Fokussierung auf den Start der Immunantwort sollte versucht werden, die Mechanismen der Inflammationskontrolle in pulmonalem Gewebe zu verstehen. Dazu muss die Funktion der beteiligten Pathogenitätsfaktoren, Rezeptoren und Signalwege erforscht werden. Nur so wird es möglich, durch gezielte Blockade von Schlüsselmolekülen schädliche Effekte mit Störung des pulmonalen Gasaustauschs oder Initiierung einer pneumogenen Sepsis zu begrenzen. Dabei bietet sich die relativ leichte Zugänglichkeit des Lungengewebes durch Inhalation von Nanopartikeln und inhibitorischen kleinen RNA-Fragmenten (RNAi) an, um die Funktion von Rezeptoren und Signalwegen zu erproben und innovative Therapiestrategien bei Pneumonie zu entwickeln.

Fazit für die Praxis

Obgleich die Pneumonie eine der häufigsten Todesursachen weltweit darstellt, liegen nur unzureichende Erkenntnisse über zugrunde liegende Pathomechanismen vor. Neben der direkten Schädigung des Wirtes durch die Pathogene stellt offenbar eine zu starke Aktivierung der angeborenen Immunität im Rahmen der Entzündungsreaktion einen erheblichen Risikofaktor für das Versagen der vitalen Gasaustauschfunktion der Lunge und der Ausbildung einer pneumogenen Sepsis dar. Dabei kommt der rezeptorvermittelten Aktivierung zellgebundener angeborener Immunität eine wesentliche Rolle zu. Die Bedeutung der Antibiotika für diesen Aspekt ist limitiert. Daher müssen innovative Therapiestrategien die bedrohlichen Auswirkungen der pulmonalen Entzündungsreaktion unter gleichzeitiger Stärkung antimikrobieller Mechanismen begrenzen. Derartige Konzepte können nur auf der Grundlage einer genauen Kenntnis der zugrunde liegenden Pathomechanismen entwickelt werden.