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Wir trauern um unseren Lehrer, einen weltweit geschätzten und verehrten Kollegen, der Entwicklungen und Fortschritte in der HNO-Heilkunde ganz wesentlich mitgeprägt hat.

Malte Erik Wigand, am 18.08.1931 in Stettin geboren, verlebte seine Jugendjahre in Pommern und Schleswig-Holstein. Dem Abitur 1951 folgte ein Medizinstudium an den Universitäten Marburg, Innsbruck und Düsseldorf. Nach seiner Promotion im Jahr 1956 beschäftigte er sich als Assistenzarzt mit wissenschaftlichen Studien in den Fächern Sinnesphysiologie (Universität Erlangen), Pathologie (Universität Hamburg) und Neurologie (Universität München).

Von 1960 bis 1964 bildete sich Wigand zum Facharzt für Hals‑, Nasen‑, Ohrenheilkunde an der HNO-Universitätsklinik in Würzburg weiter. Dort habilitierte er sich 1966 mit einer elektrophysiologischen Untersuchung der Mittelohrreflexe des wachen Kaninchens.

Im Jahr 1972 folgte Wigand einem Ruf auf den Lehrstuhl für Hals‑, Nasen‑, Ohrenheilkunde an der Universität Erlangen-Nürnberg und übernahm die Leitung der Klinik mit Poliklinik für Hals‑, Nasen‑, Ohrenkranke, die er bis Januar 2000 innehatte.

Auch nach seiner Emeritierung nahm Malte Wigand regelmäßig an den wissenschaftlichen Veranstaltungen unserer Fachgesellschaft teil.

Wissenschaftliche Schwerpunkte

Beeinflusst von seiner Ausbildung in den Grundlagenfächern Pathologie und Physiologie und überzeugt von der physiologischen Verbindung von Hals, Nase und Ohr trat Wigand zeitlebens engagiert für die Einheit des Faches Hals‑, Nasen- und Ohrenheilkunde ein.

Seine klinische und wissenschaftliche Tätigkeit stand unter dem großen Überbegriff von Erhalt und Wiederherstellung der Funktion erkrankter Organe im Kopf-Hals-Bereich. Operative Zugangswege und Erkrankungstheorien beachtete er ganz wesentlich unter vorgegebenen physiologischen Gesichtspunkten. Organ- und Funktionserhalt standen immer im Mittelpunkt seiner klinisch-wissenschaftlichen Tätigkeit. Er war ein begeisterter Anhänger der Endoskopie und der endoskopisch gestützten Operationsverfahren.

Unter diesen Aspekten engagierte er sich für die transtemporale Schädelbasischirurgie, die endaurale Mittelohrchirurgie und die endonasale endoskopgestützte Nasennebenhöhlenchirurgie. Auch die transorale, funktionserhaltende, mikroskopgestützte Entfernung von Malignomen des oberen Aerodigestivtrakts unter Zuhilfenahme des Lasers wurde von ihm mit großem Einsatz unterstützt.

Wigand vertrat diese seine Arbeitsphilosophie mit großer Begeisterung und Konsequenz, nicht nur klinikintern, sondern auch auf allen großen nationalen und internationalen Tagungen. Dass er mit seinen neuartigen Behandlungskonzepten nicht immer dem Zeitgeist nachkam und Widerspruch auslöste, focht ihn nie an, er war im besten Sinne ein „Überzeugungstäter“ und warb unermüdlich für seine Philosophie des Organ- und Funktionserhalts.

Er prägte damit eine ganze Generation von HNO-Ärzten und insbesondere seine Mitarbeiter an der von ihm geleiteten Klinik. Seine Überzeugungen, Theorien und daraus sich ergebenden klinisch-operativen Folgerungen fanden Widerhall in vielen wichtigen Entwicklungen unseres Faches, national und international, festgehalten in Lehrbüchern, Buchbeiträgen und Publikationen.

Ämter und Ehrungen

Aufgrund seines großen Engagements für die Hals‑, Nasen‑, Ohrenheilkunde war es nur folgerichtig, dass Malte Wigand nicht nur führende Positionen der nationalen und internationalen Organisation unseres Fachs übernahm, sondern in Anbetracht seiner erfolgreichen Tätigkeit auch zahlreiche Ehrungen erhielt.

Von 1978–1979 war er Präsident der Deutschen Gesellschaft für Endoskopie, 1982 erfolgte die Aufnahme in das internationale Collegium Oto-Rhino-Laryngologicum Amicitiae Sacrum.

In den Jahren 1987–1988 leitete er als Präsident die Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie und richtete die Jahrestagung unserer Fachgesellschaft 1988 in Nürnberg aus. Nach Einführung des Amts war er der erste Generalsekretär der Gesellschaft.

Von 1991 bis 1994 war er Präsident der Internationalen Gesellschaft für Otologische Chirurgie (Politzer Society) und wurde 1989 in die Leopoldina (Deutsche Akademie der Naturforscher) aufgenommen, wo er 1992–1999 als Senator wirkte.

Ehrenmitgliedschaften in den wissenschaftlichen Gesellschaften für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde in Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich, Südafrika, Tschechien und Ungarn zeugen von der unermüdlichen wissenschaftlichen Schaffenskraft Wigands, national wie international.

Förderung des Nachwuchses und fachliche Innovation

Malte E. Wigand hat über Jahrzehnte zahlreiche Hals-Nasen-Ohren-Ärzte ausgebildet. Von seinen Mitarbeitern hat er immer vollen Einsatz erwartet, ging allerdings stets als leuchtendes Vorbild voran.

Aus seiner Klinik ist eine beachtliche Anzahl von Chefärzten und Ordinarien hervorgegangen, die stolz und dankbar sein können, von einem so hervorragenden Mentor und Lehrer ausgebildet worden zu sein.

Sein Lebensmotto war: „Motu constans“ – Mut zur Veränderung sichert die Beständigkeit.

Von uns als seinen Schülern und sicherlich auch von nachfolgenden Generationen von HNO-Ärzten wurde und wird er ohne Zweifel wahrgenommen als ein Arzt, der bei aller Anerkennung und Ehrung bescheiden blieb, als klinisch orientierter Wissenschaftler, als Lehrer und Mentor, als engagiertes, pflichtbewusstes und verantwortungsvolles Mitglied einer nationalen und internationalen wissenschaftlichen Gemeinschaft.

Malte Erik Wigand verstarb am 22. Februar 2023 im Alter von 91 Jahren in Nürnberg.

Wir werden sein Andenken in Dankbarkeit ehrend bewahren.