Zusammenfassung
Hintergrund
Schwerhörigkeit ist ein Symptom. Die zugrunde liegende Erkrankung muss HNO-ärztlich begleitet werden, um Veränderungen des Verlaufs, Komplikationen und neuauftretende Zweiterkrankungen rechtzeitig erkennen zu können.
Methoden
Es wurden ein Jahr lang 484 Fallberichte aus 115 Praxen, 7 HNO-Kliniken sowie den Patientenvertretern des Gemeinsamen Bundesausschusses zusammengetragen, bei denen es zu Behandlungsfehlern gekommen war, weil der HNO-Arzt im Rahmen der Hörgeräteversorgung umgangen wurde. Die einzelnen Komplikationen wurden nach Art und Ursache in 5 Gruppen klassifiziert und kumuliert beschrieben.
Ergebnisse
Insgesamt wurden 484 Fälle in einer systematischen Übersicht dargestellt, bei denen Befunde fehlinterpretiert oder eine falsche Kostenträgerschaft zugeordnet wurden. Ferner traten schwere handwerkliche Mängeln sowie unnötige Zwischen- und Fehlversorgungen auf.
Schlussfolgerungen
Die genannten Fälle werden vor dem Hintergrund der geltenden Regeln für eine Hörgeräteversorgung sowie der aktuellen Rechtsprechung interpretiert. Die hier aufgeführten Fälle zeigen eindrücklich, dass sowohl bei einer Erst- als auch bei einer Folgeversorgung mit Hörgeräten HNO-ärztlicher Sachverstand erforderlich ist, um die zugrunde liegende Erkrankung sachgerecht behandeln zu können. Nur so lassen sich gesundheitliche und finanzielle Schäden für den Patienten und Ressourcenverschwendung für die Kostenträger vermeiden
Abstract
Background
Hearing loss is a symptom. The underlying disease must be investigated by an otolaryngologist, in order to ensure timely identification of alterations in disease course, complications and newly occurring secondary disease.
Methods
During the course of 1 year, 484 case studies in which treatment errors had arisen due to lack of otolaryngologist involvement during hearing aid fitting were collected from 115 practices and 7 ENT clinics, as well as from the patient representatives of the Federal Joint Committee. Depending on the type and cause of the individual complications, these were classified into five groups and described cumulatively.
Results
A total of 484 cases in which results had been incorrectly interpreted or charged to the wrong payer organization were presented in the form of a systematic overview. Furthermore, serious technical deficits, as well as unnecessary temporary and inappropriate fittings were observed.
Conclusion
The aforementioned cases are interpreted on the basis of regulations governing hearing aid fitting and current legal practices. These case reports clearly demonstrate that otolaryngologist expertise are required not only at the first hearing aid fitting, but also for subsequent fittings, in order to appropriately treat the underlying disease. Only so can the patient be protected from damage to their health and financial complications, and health insurance providers avoid wasting resources.
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Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt. J. Löhler weist auf folgende Beziehung(en) hin: Er ist in eigener Praxis niedergelassener HNO-Arzt. B. Akcicek, A. Wienke und U. Hoppe geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.
Danksagung
Wir bedanken uns sehr herzlich bei allen Kolleginnen und Kollegen aus den HNO-Kliniken und -Praxen sowie den Patientenvertretern des G-BA, die uns ihre Fallberichte zur weiteren Auswertung zugesendet haben. Frau B. Akcicek vom WIAHNO danken wir herzlich für die Sortierung und Klassifizierung der Fallberichte sowie die Betreuung des Manuskripts.
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Löhler, J., Akcicek, B., Wienke, A. et al. Komplikationen bei der Hörgeräteversorgung ohne HNO-Arzt. HNO 62, 360–366 (2014). https://doi.org/10.1007/s00106-013-2826-9
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00106-013-2826-9