Die intakte Funktion der chemischen Sinne – Riechen und Schmecken – ist von entscheidender Bedeutung für die Gesundheit, aber auch für die Lebensqualität des Menschen.

Störungen des Riechens und Schmeckens können zweifelsohne zu einer relevanten Gefährdung führen, warnen die chemischen Sinne doch effektiv vor inhalativen oder auch inokulierbaren toxischen Stoffen wie z. B. verdorbenen Speisen oder Brandrauchen. Darüber hinaus kann eine Störung dieses Sinnessystems auch zu Appetitverlust und ungewollter Gewichtsabnahme führen oder auch die Ausübung ganzer Berufsgruppen erschweren oder unmöglich machen (z. B. Koch, Konditor, Parfumeur oder Berufe, die mit einer Gefährdung durch inhalative toxische Stoffe einhergehen).

Von diesen grundsätzlichen Erwägungen abgesehen, die sich i. d. R. mit dem kompletten Ausfall der chemischen Sinne befassen, ist jedoch gerade bei den häufigeren, partiellen und in Bezug auf die körperliche Gesundheit weniger relevanten Einschränkungen der Sinnesfunktion die Lebensqualität von vorrangigem Interesse. Der Körpergeruch des Partners oder des Kindes, das gemeinsame Kochen oder das Essengehen im Freundeskreis sind für die meisten Menschen von unschätzbarem Wert. So sind zahlreiche gesellschaftliche Ereignisse, private Treffen im Freundeskreis oder geschäftliche Besprechungen und Verhandlungen untrennbar mit dem gemeinsamen Essen und Trinken verbunden und die Einladung zu einem romantischen Abendessen geht i. d. R. über die Aufforderung zur gemeinschaftlichen Nahrungsaufnahme weit hinaus (Arbeiten zur Bedeutung des olfaktorischen Systems bei der Partnerwahl lassen dies in einem besonderen Licht erscheinen). Wer bei diesen Dingen keine Freude mehr empfinden und diese sinnlichen Erfahrungen nicht mehr teilen kann, wird nicht selten auch eine Einschränkung der Lebensqualität und des Soziallebens erfahren. Nicht umsonst ist eine Beeinträchtigung der Stimmung bei über der Hälfte der Patienten mit Riechstörungen ein begleitendes Phänomen.

Gemeinsames Kochen oder Essen sind für die meisten Menschen von unschätzbarem Wert

Trotz der erheblichen Bedeutung der chemischen Sinne für unser Wohlbefinden bestehen jedoch noch immer erhebliche Defizite in der klinischen Diagnostik und mehr noch in der Therapie ihrer Erkrankungen.

Insbesondere im Bereich der medikamentösen Therapie von Riechstörungen findet sich eine Vielzahl von nicht oder nicht ausreichend evaluierten Therapieverfahren. Hier herrscht auf Seiten der Ärzte und Patienten noch immer erhebliche Verunsicherung bezüglich der verfügbaren therapeutischen Möglichkeiten. Die jüngsten Veröffentlichungen zur Bedeutung von Riechstörungen bei neurodegenerativen Erkrankungen, die auch in der Laienpresse ihren Niederschlag gefunden haben, haben diese Verunsicherungen eher zu- als abnehmen lassen.

Die lange vernachlässigten chemischen Sinne haben auch in der öffentlichen Wahrnehmung in den letzten Jahren einen größeren Stellenwert erhalten, und die Patienten mit Riech- und Schmeckstörungen haben ein berechtigtes Interesse an einer fundierten und professionellen Beratung, Diagnostik und Therapie.

Die Autoren hoffen, mit den folgenden Arbeiten einen Teil hierzu beitragen zu können.